Curtains up. Schon das Cover erinnert an \"The Eminem Show\" (2002). Auch soundtechnisch groovt nicht nur die Single \"Just Lose It\" im bouncend klaren Westcoast-Flavor Dr. Dres: Ausladender Elektrobass, abgespeckter, aber mächtiger Beat und Synthies, die die Lücken meist mit orchestralen Passagen oder Einwürfen schließen. Weil \"Encore\" bereits im Netz kursiert, erscheint EMs vierte Platte jetzt (wie schon der Vorgänger) einige Tage früher als geplant - und erfüllt die Erwartungen.
Eminem und Dre kennen die Club-Tempi, die sich ins Gehirn fräsen. Paradebeispiel das angefunkte \"Never Enough\": Der Track, dessen Synthie-Chords an \"Sweet Dreams\" erinnern, funktioniert nicht zuletzt dank 50 Cents dreckig swingendem Flow: ob 50 vor dem Beat rappt oder ihn ein Stück entkommen lässt - er beherrscht ihn nach Belieben. Ein willkommener Kontrapunkt zu Eminems Atemlosigkeit. Hymnisch pumpt \"Encore/Curtains Down\" nach dem selben Prinzip. Der angeshuffelte Groove von \"Yellow Brick Road\" sollte den Club ebenfalls füllen. Dres Tunes (\"Rain Man\" oder \"Big Weenie\") sind in ihrer reinen Funktionaliät darauf eh abonniert.
TRACKLISTE
Curtains Up (Encore Version)
Evil Deeds
Never Enough (feat. 50 Cent and Nate Dogg)
Yellow Brick Road
Like Toy Soldier
Mosh
Puke
My 1st Single
Paul (Skit)
Rain Man
Big Weenie
Em Calls Paul (Skit)
Just Lose It
Ass Like That
Spend Some Time (feat. Obie Trice, Stat Quo and 50 Cent)
Mockingbird
Crazy In Love
One Shot 2 Shot (feat. D-12)
Final Thought (Skit)
Encore/Curtains Down (feat. Dr. Dre and 50 Cent)
Songs wie das im Refrain auf einem Achtziger-Sample (Martika) basierende \"Like Toy Soldiers\" oder die aktuelle Anti-Bush-Single \"Mosh\" bleiben dagegen untanzbar. In beiden Fällen dominieren Lyrics und Inhalt den Sound. Sitzt Eminem allein hinter den Reglern, bekommen die Beats (von \"Yellow Brick Road\" abgesehen) oft einen irren Drive (\"My 1st Single\", \"Puke\"). Dafür können sie melodisch melancholischer (\"Mockingbird\") oder schräg-poppiger (\"Crazy In Love\") klingen. Politisch unkorrekt verhält sich das Downtempo-Stück \"Ass Like That\": vor orientalischen Sounds klingt EM wie die Bhangra-Ausgabe eines Taxifahrers, der vom Hintern Gwen Stefanis schwärmt.
Aber gleichgültig, mit wem Slim Shady abrechnet oder wen er verspottet (übliche Verdächtige: George Bush, Michael Jackson, The Source und Kim Mathers) - er versteht es vorzüglich, seine Themen und Aggressionen zu inszenieren. Irgendwie fehlt der Platte aber ein zweiter zwingender Hit. Im Clubbereich könnte der \"Encore/Curtains Down\" sein. \"Mockingbird\" und das rastlose \"Evil Deeds\" liefern passend eingängige Refrains, während die Ballade \"Spend Some Time\" zu anstößig bleibt.
Ein Heavy Rotation-Video ließe sich aber zu jedem Track drehen. Die Texte liefern dafür genügend Material ab, auch wenn \"Encore\" nicht unbedingt das nächste Sound-Level erreicht. Eminem ergänzt seinen Hip Hop-Zirkus eher um den einen oder anderen neuen Show-Effekt. Doch er klingt noch hungrig: so schnell dürfte der Vorhang nicht fallen.
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