Widmet sich Hugo von Hofmannsthal in seinem Vortrag "Poesie und Leben" vor allem der autonomen Stellung der Kunst, so setzt er diese 1897 in seinem Aufsatz "Bildlicher Ausdruck" schon voraus und geht stattdessen auf das ein, woraus seiner Meinung nach jede Dichtung zusammengesetzt ist; Bilder.
Gleich zu Beginn wendet er sich mit Nachdruck gegen die Auffassung, ein Dichtwerk sei "mit bildlichem Ausdruck geziert" . Denn dies rufe eine falsche Vorstellung hervor, die Vorstellung nämlich, dass Bilder in der Dichtkunst etwas Entbehrliches seien, die bloß als schmückendes Beiwerk dienen. Hofmannsthal stellt im Gegenteil fest, der bildliche Ausdruck sei Kern und Wesen aller Poesie: "Jede Dichtung ist durch und durch ein Gebilde aus uneigentlichen Ausdrücken" . Dies unterstreicht die schon in "Poesie und Leben" erläuterte Auffassung, ein Kunstwerk sei eben nicht ein bloßes Abbild der Natur, sondern schaffe sich seine eigene Bilderwelt.
In diesem Sinne fährt Hofmannsthal fort. Die Handlungen und Personen von literarischen Werken seien nichts anderes als "Gleichnisse, aus vielen Gleichnissen zusammengesetzt" . Genauso verhalte es sich mit der Sprache, die auch voller Gleichnisse sei. Bloß werden diese im normalen Sprachgebrauch nur unbewusst verwendet. Der Dichter sei der Einzige, der sich des Gleichnishaften der Sprache ununterbrochen bewusst ist und damit in seiner Dichtung Bezüge zur Wirklichkeit herstellen kann.
Sprache ist für Hofmannsthal ein zentrales Thema, was sich nicht zuletzt 1902 in seiner Novelle über die Sprachkrise des Lord Chandos niederschlägt. Erste Ansätze eines Zweifels an der Sprache lassen sich schon in diesem Aufsatz erkennen. Denn obwohl die Sprache das Werkzeug des Dichters sei, sein einziges Ausdrucksmittel, und die Worte, wie schon in "Poesie und Leben" festgestellt, alles seien, so wären es doch nur die Gleichnisse, mit denen der Dichter das aussagen könne, was das Leben ausdrücke, "aber in seinem Stoff, wortlos" .
Dem Ansinnen vieler Literaturwissenschaftler, unbedingt einen "eigentlichen Sinn" hinter dem dichterischen Werk erkennen zu wollen, oder, wie ein Deutschlehrer fragen würde, "Was will uns der Dichter damit sagen?", erteilt Hofmannsthal schließlich eine Absage. Die Unsitte, nicht vorrangig die Bilder auf sich wirken zu lassen und damit den Sinn der Dichtung einzulösen, sondern immer gleich nach einer versteckten Aussage zu suchen, vergleicht er mit "Affen, die auch immer mit den Händen hinter einen Spiegel fahren, als müsse dort ein Körper zu fassen sein" .
|