Karl Ludwig findet, daß Elisabeth Charlotte mit ihren sechzehn Jahren bereits unterge¬bracht sein sollte. Nach einigen mißlungenen Versuchen, einen geeigneten Mann zu finden, kommt Philipp von Orléon ins Gespräch. Eine Heirat mit ihm wäre vor allem für die Pfalz von Vorteil, deren Situation als Pufferstaat zur Folge hat, daß man ständig den Ausschreitungen der französischen Armeen ausgesetzt ist. Im Vergleich dazu haben die Gefühle Elisabeth Charlottes wenig Gewicht.
Liselotte will nichts hören. Der französische Hof lockt sie nicht, genausowenig wie irgendein anderer Hof. Und was die Ehe angeht, so macht sie das, was sie in ihrer Umgebung beobachten kann, eher geneigt, ledig zu bleiben. Aber wenn schon heiraten, dann möchte sie niemals ihr Land verlassen, einen guten Deutschen heiraten, der ihre Liebe zur Natur, zum einfachen Leben und zu langen Spazier¬gängen an der frischen Luft teilen würde. Und ausgerechnet sie soll nach Paris geschickt werden. Schlimmer noch: sie muß dem Calvinismus abschwören, um zum römisch-katholischen Glauben überzutreten.
Karl Ludwig ist kein Rabenvater. Bloß ein Vater des 17. Jahrhunderts, dem die Ver¬sorgung seiner Kinder wichtiger ist als ihre innersten Sehnsüchte. Es folgen \"liebevolle Verschwörungen\" all derer, die sie schätzt, und schließlich gibt Liselotte nach. Ihr Vater war für sie immer ein Held, dem sie eine unerschütterliche Liebe und Bewunderung entgegenbringt. Ja, es war unrecht von ihr, sich ihm zu widersetzen. Sie muß gehorchen.
In Straßburg sagt Elisabeth Charlotte unter Tränen ihrem Vater Lebewohl, der sie bis zur Grenze gebracht hat. Sie wird ihn nicht wiedersehen. Danach fährt sie nach Metz, wo ihre Trauung stattfindet.
An einem einzigen Tag hat sie alles verloren, ihr Land, ihre Familie, ihre Reli¬gion. Es gibt keine Liselotte von der Pfalz mehr.
|