Ein Vergleich mit einer neueren Fassung des Stoffes, "Die neuen Leiden des jungen W." (1972) von Ulrich Plenzdorf, zeigt, dass eine Abstraktion von den gesellschaftlichen Bedingtheiten möglich ist. In beiden Romanen wird der Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft dargestellt. Konflikt und Lösung sind auf die jeweilige gesellschaftliche Wirklichkeit zu beziehen. Durch die Verwendung von Goethe - Zitaten wird Werthers Problematik auf die Moderneübertragen. Sie sind so gewählt, dass sie auf die jeweilige Situation Werthers passen.
Es sollte klar werden, dass jede Zeit ihre speziellen Probleme hervorbringt, die sich auf den einzelnen auswirken, und dass es in jeder Zeit zu verschiedener Ausprägung von individuellen Konflikten kommt.
Indem Plenzdorf Paralellen aufweist, hebt er den historischen Zusammenhang auf. Hierdurch macht er Goethe verständlich und setzt das historische Thema in die Gegenwart um. Er löst den Klassiker aus dem Betrachtungsrahmen des kulturellen Erbes, welches nur für sich und die jeweilige Zeit spricht.
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