Da Schiller in Oggersheim vor möglichen Verfolgungen des württembergischen Herzogs nicht sicher war, begab er sich auf das bei Meiningen in Thüringen gelegene Gut Bauerbach, das ihm von Henriette v. Wolzogen, einer mütterlichen Freundin und Gönnerin, die er von Stuttgart her kannte, als Zuflucht angeboten worden war. Er kam dort am 7. Dezember 1782 nach siebentägiger Reise an. In der Abgeschiedenheit von Bauerbach beendete er die erste Fassung der »Louise Millerin«. Schiller an den Meininger Hofbibliothekar Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald (1737-1815), 17. Dezember 1782:
»Nach Verfluß von 12 oder 14 Tagen bringe ich ein neues Trauerspiel zu Stande, davon ich Sie zum geheimen Richter ernennen will.«
Schiller an Reinwald, 23. Dezember 1782:
»Mein Spaziergang nach Meiningen dörfte sich vermutlich bis nach den Feiertagen verzögern. Erstlich, weil ich gern ununterbrochen an meinem vorliegenden Stüke fortarbeiten möchte, biß es zu Ende ist, und dann zweitens weil ich nicht mit Equipage genug versehen bin, um mich sonntäglich in der Stadt zu producieren. Sie werden mir einen Dienst erzeigen, wenn Sie mir die Romeo u[nd] Juliette mit dem bäldisten verschaffen, weil ich etwas daraus zu meinem S[tück] zu schlagen gedenke.«
Schiller an Streicher, 14. Januar 1783:
Mein neues Trauerspiel >Louise Millerin< genannt, ist fertig.«
Schiller an Reinwald, 29. Januar 1783:
»Meine L[ouise] Millerin geht mir im Kopf herum. Sie glauben nicht, was es mich Zwang kostet, mich in eine andre Dichtart hineinzuarbeiten.«
Schiller an Reinwald, 14. Februar 1783:
»Heute, mein Lieber, werden Sie mit allerley Aufträgen heimgesucht. [. . .] Zum Vierten (lachen Sie mich nicht aus) schenken Sie mir doch etwas Dinte, oder weisen Sie die Judith an, wo man gute bekommt. Doch will ich sie lieber von einem Gelehrten als von einem Schulmeister. [. . .] Zum Sechsten [schicken Sie mir] ein Buch recht gutes Schreibpapier, meine >Louise Millerin< darauf abzuschreiben. Das holländische stumpft mir die Federn so ab.«
Mitte März 1783 wandte sich der Mannheimer Theaterintendant Heribert von Dalberg wieder an Schiller und zeigte Interesse an »Louise Millerin«. Schiller ging auf Dalbergs Angebot ein und begann mit der Fertigstellung bzw. Umarbeitung des Stücks.
Schiller an Henriette von Wolzogen, 27. März 1783:
»Die Mannheimer verfolgen mich mit Anträgen um mein neues ungedruktes Stük, und Dalberg hat mir auf eine verbindliche Art über seine Untreue Entschuldigung gethan.«
Schiller an Reinwald, 27. März 1783:
»Ob ich mit Dalberg zu Rande kommen kann, zweifle ich. Ich kenne ihn ziemlich, und meine Louise Millerin hat zerschiedene Eigenschaften an sich, welche auf dem Theater nicht wol passieren Z[um] e[xempel] die gothische Vermischung von komischem und tragischem, die allzu freie Darstellung einiger mächtigen Narrenarten, und die zerstreuende Mannichfaltigkeit des Details. Eröfnen Sie mir Ihre Meinung darüber.«
Schiller an Dalberg, 3. April 1783:
»Eure Exzellenz verzeihen daß Sie meine Antwort auf Ihre gnädige Zuschrift erst so spät erhalten. [. . .] E. E. scheinen, ungeachtet meines kürzlich mislungenen Versuchs noch einiges Zutrauen zu meiner Dramatischen Feder zu haben. Ich wünschte nichts, als solches zu verdienen, weil ich mich aber der Gefar, Ihre Erwartung zu hintergehen, nicht neuerdings aussezen möchte, so nehme ich mir die Freiheit, Ihnen einiges von dem Stüke vorauszusagen. Außer der Vielfältigkeit der Karaktere und der Verwiklung der Handlung, der vielleicht allzufreyen Satyre, und Verspottung einer vornehmen Narren- und Schurkenart hat dieses Trauerspiel auch diesen Mangel, daß komisches mit tragischem, Laune mit Schreken wechselt, und, ob schon die Entwiklung tragisch genug ist, doch einige lustige Karaktere und Situationen hervorragen. Wenn diese Fehler, die ich EE. mit Absicht vorhersage, für die Bühne nichts anstößiges haben so glaube ich daß Sie mit dem übrigen zufrieden seyn werden. Fallen sie aber bei der Vorstellung zu sehr auf, so wird alles übrige, wenn es auch noch so vortreflich wäre, für Ihren Endzwek unbrauchbar seyn, und ich werde es beßer zurükbehalten. Dieses überlaße ich nun dem Urtheil EE. Meine Kritik würde zuviel von meiner Laune und Eigenliebe partizipieren.«
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