Der Gesellschaftsroman stellt die Gesellschaft oder eine ihrer Schichten
dar. Darüber hin-aus will der Zeitroman nicht nur gesellschaftlich, sondern
auch geistig ein in allen Zügen echtes Gemälde der Gegenwart geben. Seine
Sonderform, der Sittenroman, schildert oder karikiert die zeitgenössischen
Moralzustände, meist in sogenannten Sittenbildern, d. h. in Szenen aus dem
Alltagsleben.
Die ausschließliche Beschäftigung mit den Fragen der Gegenwart führt zu
großer Wirklich-keitsnähe und zu einem realistischen Stil. Häufig verfolgen
diese drei eng miteinander ver-wandten und oft ineinander übergehenden
Romanformen bestimmte soziale und politische Absichten und werden so zu
einer Tendenzdichtung.
Diese drei Romantypen sind Schöpfungen des 19. Jahrhunderts. Der Begründer
des deut-schen Zeitromans ist Karl Immermann mit seinen "Epigonen". An ihn
schließen sich Karl Gutzkow ("Wally" und "Der Zauberer von Rom") und
Heinrich Laube ("Das junge Europa") an. Weitere bedeutende Beispiele finden
sich dann erst wieder in der Zeit des Hoch- und Spätrealismus bei Gustav
Freytag, Gottfried Keller und Theodor Fontane.
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