Wer rast da so spät durch Nacht und Wind?
Ein Krankenwagen mit Vater und Kind,
mit Blaulicht und Sirene zum Krankenhaus hin,
Sanitäter vorne, Notärztin hinten drin.
Guter Mann, was bergen Sie so bang Ihr Gesicht?
Sehn, Frau Doktor, Sie diese Wunden nicht?
Wir kriegen Sie schon wieder hin, Sie und Ihr Kind,
vorausgesetzt, daß Sie privat versichert sind.
Ich krieg\' nur Sozialhilfe, meine Tochter und ich sind allein,
keiner, der sich um uns kümmert, für uns int\'ressiert sich kein Schwein!
Na, dann fällt uns für Sie eine and\'re Lösung ein,
eine Ärztin muß auch leben, Sie seh\'n das sicher ein!
Mein Vater, mein Vater, siehst Du denn nicht,
diese gierigen Augen im verzerrten Gesicht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
das sieht nur so aus, weil wir so aufgeregt sind!
Es tut mir ja leid für Sie, guter Mann,
die in der Notaufnahme schau\'n sie sich nicht so genau an,
die Leute, die nur gesetzlich versichert sind,
deshalb sterben Sie jetzt, Sie und Ihr Kind.
Mein Vater, mein Vater, und siehst Du nicht hier,
diese langen Zähne, die sie fletscht wie ein Tier?
Mein Kind, mein Kind, ich seh\' es genau,
das sind alte Kronen, die sind schon ganz grau.
Guter Mann, Sie haben Pech, ich als Ärztin hab\' es gut -
keiner schaut mehr nach Ihnen, und ich hab Ihr Blut.
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt sie mich an,
die Frau Doktor hat mir ein Leids getan.
Dem Vater grauset, doch nicht mehr sehr lang,
dann hat die Notärztin ihre Pflicht getan,
gibt nach vorne ein paar Beutel mit Blut so rot,
im Krankenhaus melden sie: Beide sind tot!
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