Die Zeit ist von einer Dreiständegesellschaft gekennzeichnet:
· Bauern: Freie Bauern (Tirol, Schweiz), Zinsleute (persönlich frei, hatten Abgaben zu entrichten), Hörige (mussten Frondienste und Abgaben leisten) und Leibeigene (Eigentum des Herrn). Die Bauern konnten sich der Abhängigkeit nur durch Flucht in die Städte entziehen, wo sie sich ihren Unterhalt mit der Ausübung eines Handwerks verdienen mussten à neue Schicht: Die Bürger. Neben dem Handwerk entwickelte sich der Handel.
· Geistlichkeit: Mönche und Weltgeistliche. Eine eigene Gruppe bildeten abgesprungene Theologen, die als \"Vaganten\" zu Trägern einer Literaturform wurden.
· Ritter: Galten grundsätzlich als gleich, es gab jedoch große soziale Unterschiede. Die unterste Stufe bildeten die Ministeriale, die Reiterdienst versahen und unbemittelt waren (Dienstadel). Viele Dichter stammten aus Ministerialfamilien. Der Ritter wurde einer strengen Ausbildung unterzogen: Zuerst wurde er als Page von Frauen an einem fremden Hof erzogen (auch hinsichtlich höfischem Benehmen und Musik), danach wurde er als Knappe militärisch ausgebildet und schließlich bei der Schwertleite zum Ritter geschlagen. Die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Ritters war Land, das persönliches Eigentum oder Lehen ein konnte.
Das Feudalsystem gliederte den Ritterstand stufenförmig. Es galt unmittelbare Abhängigkeit vom Lehnsherrn. Er war zu milte (Freigebigkeit) und der Lehnsmann zu triuwe (Treue und Gehorsam) verpflichtet.
Die Blütezeit des Ritterstandes fällt in die Zeit von Kaiser Friedrich Barbarossa. In den Kreuzzügen entwickelte der Ritterstand ein übernationales Standesbewusstsein, er fühlte sich als die Streitmacht Gottes. Der Ritter löste im 12. Jahrhundert das Mönchstum als Träger der Kultur ab. Den höfischen Ritter kennzeichnete eine Reihe von Tugenden und Wertvorstellungen: êre, zuht, mâße (ritterliche Ehre, Selbstdisziplin und Maßhalten). Die Zugehörigkeit zur höfischen Gesellschaft förderte das Selbstbewusstsein der Ritter.
Eine besondere Stellung innerhalb der Gesellschaft nahm die Frau ein. Sie wurde als feineres, vollkommeneres Wesen gesehen. Die höfische Gesellschaft entwickelte sich zuerst in Frankreich.
Die höfische Dichtung
Neben der religiösen Literatur der Mönche und der Volksdichtung (Lieder, Schwänke) gab es seit 1170 die höfische Literatur. Man verwendete eine Sprachform frei von derben Ausdrücken und Dialektwörtern (erste gemeinsame Dichtersprache im dt. Raum). Die höfische Dichtung war Standesdichtung (für Adelige, handelte von Adeligen), sie war idealistisch und streng formal.
Die vorherrschenden Formen waren das Epos, Verserzählung und das Minnelied.
Der höfische Dichter trug sein Werk der Adelsgesellschaft mündlich vor und begleitete sich selbst auf der Fidel oder Laute. Er gab Anlass zu Festen und berichtete oftmals von Ereignissen in der Welt (Nachrichtendienst). Meistens musste er als fahrender Sänger von seiner Kunst leben und war somit von der Freigebigkeit der Herren abhängig.
Das Epos ist die Großform erzählender Dichtung in Versen, die ursprünglich mündlich vorgetragen und überliefert wurde. Das Epos gehört zu den ältesten Formen der Dichtung und entwickelte sich in einer kriegerisch-aristokratischen Gesellschaft (à Ideale und Lebensgewohnheiten dieses Standes als Thema). Im Mittelpunkt der meisten älteren Epen steht der typisierte Held als Vorbild für die Zuhörer.
Das Heldenepos
Es bearbeitet germanische Heldenlieder aus der Völkerwanderungszeit (bis auf das Hildebrandslied verschollen). Die Heldenepen haben einen historischen Kern, der aufgrund der mündlichen Überlieferung und verschiedenen Bearbeitungen verschleiert ist.
Das bekannteste mittelhochdeutsche Epos ist das Nibelungenlied. In im sind zwei ursprünglich voneinander unabhängige Stoffe zur Einheit verwoben: Die Sage von Siegfried und Brünhilde und der Untergang der Burgunder unter ihrem König Gunther im Kampf gegen die Hunnen im 5. Jahrhundert.
Das höfische Epos
Vorbild waren französische Versepen des 12. Jahrhunderts, deren Dichter den Stoff vor allem dem Sagenkreis um Karl den Großen und der Artussage entnahmen.
Die Hauptvertreter sind:
· Hartmann von Aue (\"Erec\", \"Iwein\")
· Gottfried von Straßburg (\"Tristan und Isolde\")
· Wolfram von Eschenbach (\"Parzival\")
Die Artusdichtung kam ursprünglich von England über Frankreich nach Deutschland. Der britannische König Artus, der gegen die Invasion der Angelsachsen kämpfen musste, versammelte als feudaler Kriegsheer die besten Ritter in seiner Tafelrunde. Jeder Ritter hat Abenteuer und Bewährungsproben zu bestehen, wodurch jeweils der Stoff für einen eigenen Roman entsteht.
Das höfische Leben (mit seiner Pracht und seinen Festen) stand im Gegensatz zur religiösen Weltsicht des Mittelalters (Weltentsagung könne Seele vor Bösem bewahren). Die Lösung dieses Gegensatzes beschäftigte die Dichter der höfischen Zeit und viele suchten in ihrem Werk nach einer Lebensweise, die den Zwiespalt aufheben konnte.
Parzival
Parzival ist der Sohn eines auf dem Kreuzzug verstorbenen Ritters. Seine Mutter zieht ihn abseits in einem Wald groß. Eines Tages sieht Parzival einige Ritter in ihren glänzenden Rüstung und beschließt, an den Hof des König Artus zu gehen, um selbst Ritter zu werden. Es fehlt ihm jedoch an der ritterlichen Erziehung und so belehrt ihn Gurnemanz, ein alter, welterfahrener Ritter. U.a. vermittelt er Parzival, in allen Belangen das richtige Maß zu halten und vor allem nicht zu viel zu Reden. Doch dieser Rat wird Parzival zum Verhängnis, denn als er zur Gralsburg gefunden hat, unterlässt er es, den Gralskönig Amfortas nach dem Grund seines qualvollen Leidens zu fragen, was ihm die Erlösung von seinen Schmerzen gebracht hätte.
Dieses Fehlverhalten wird Parzival erst bewusst, als ihn die Gralsbotin Kundrie vor der versammelten Reiterschaft des Königs verflucht. Parzival reagiert mit Trotz und Hass gegen Gott. Viereinhalb Jahre irrt er auf der Suche nach dem Gral umher, doch in Feindschaft mit Gott findet er nicht mehr zur Gralsburg. An einem Karfreitagmorgen erprobt er jedoch, ob Gott ihm Hilfe gewährt und gibt seinem Pferd die Zügel frei und spornt es an. Schließlich kommt er zur Klause des Einsiedlers Trevrizent. Es stellt sich heraus, dass dieser sein Onkel ist. Parzival verweilt 14 Tage in der armseligen Einsiedelei, dann scheidet er geläutert und verwandelt, würdig das höchste ritterliche Amt zu übernehmen: Das des Gralskönigs.
Minnelyrik
Ein großer Teil der mittelhochdeutschen Lyrik sind Minnelieder. Sie waren eine Art gesellschaftlicher Konventionen und Bestandteil des höfischen Lebens und wurden vor versammelter Hofgesellschaft von einem Minnesänger, der sich selbst auf einer Geige begleitete, vorgetragen. Er verherrlichte darin eine hochgestellte Dame seiner Wahl, indem er Lob über ihre Vollkommenheit und Klage des Ritters, sich vor unerfüllter Liebe verzehren zu müssen, darbrachte.
Der bedeutendste deutsche Lyriker war Walther von der Vogelweide. Er stellte sich gegen die Kunst des hohen Minnesangs (klagender, schwermütiger Ton) und stellte ihr eine wechselseitige, erfüllte Liebe entgegen. Das Kennzeichnende an seiner Minnelyrik ist, dass es sich um ein Mädchen handelt, das nicht den Regeln der höfischen Gesellschaft unterworfen ist und die Liebe somit erwidern darf.
Walther verfasste jedoch auch politisch engagierte Dichtung (Spruch). Er erkannte die politischen Probleme und setzte sich für ein starkes Königtum und für die Wahrung von Recht und Ordnung ein.
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