Die politischen, sozialen und kulturellen Faktoren
Die Gegensätze zwischen dem Kaiser, der den alten Glauben erhalten will und den protestantischen Fürsten, die nach Selbstständigkeit streben werden unüberwindbar und es kommt 1618 zum 30jährigen Krieg. Ein Drittel der Bevölkerung kam ums Leben, die Landwirtschaft lag danieder, die Bürger waren großteils verarmt.
Die Machtstellung der Habsburger war endgültig vernichtet und das Reich zerfiel in zahlreiche Kleinstaaten, die Vormachtstellung Frankreichs in Europa war gesichert.
Träger der Barockkultur waren die Fürstenhöfe, regiert wurde absolut nach dem Vorbild von Versailles. Die Fürsten herrschten in Gottes Namen und waren alleine ihm gegenüber verantwortlich. Die Welt war Schauplatz der \"Fortuna\", ihre Symbole waren das Füllhorn und das sich drehende Rad, welches das Auf-und-Ab des Glücks darstellen soll. Diese Wechselhaftigkeit zeigt sich in der barocken Spannung zwischen Lebensgenuss und Todesmystik (à \"memento mori\", \"vanitas\", \"carpe diem\").
Die Dichtung stand im Barock im Dienste des Fürsten (à Mäzenatentum, Verherrlichung des Fürsten). Es gab eigene Hofpoeten, die zu besonderen Anlässen Huldigungsdichtung verfassten.
Die Sprache und die Lehre von der Dichtkunst
Die Entwicklung einer gemeindeutschen Sprache war noch nicht abgeschlossen. Das große Problem war die Überlagerung des Deutschen durch das Französische. In vielen Städten bildeten sich Sprachgesellschaften, welche die Sprache von den Fremdwörtern zu reinigen suchen.
Um den Barockdichtern das nötige Wissen über Metrik und Rhetorik zu vermitteln, entstanden zahlreiche Poetiken. Das einflußreichste barocke Lehrbuch der Dichtkunst stammt von Martin Opitz: \"Buch von der Deutschen Poeterey\".
Er wollte außerdem nachweisen, daß sich die deutsche Sprache ebenso gut wie die lateinische und die französische als Sprache hoher Dichtung eignete. Damals gab es kein neuhochdeutsches Werk, das man in seiner Bedeutung mit ausländischen Werken hätte vergleichen können.
Bei den Vorschriften für das Drama führte Opitz die \"Ständeklausel\" ein: In der Tragödie dürfen nur Helden, Könige und Fürsten vorkommen, sie besitzen eine hohe Sprache und die nötige \"Fallhöhe\". Das gemeine Volk durfte nur in der Komödie auftreten.
Der Barockdichter steht in der Tradition der antiken Dichtung und ist an die Vorschriften poetischer Lehrbücher gebunden. Das Dichten galt als erlernbar. Der Dichter behandelt kunstvoll und mit viel Überlegung Themen, die allgemein als poetische Themen gelten. Es kommt ihm nicht auf das Was, sondern auf das Wie an.
Die Gedichte sind allgemein gehalten (keine Erlebnislyrik), bevorzugte Form war das Sonett: 14 Zeilen, zwei Quartette, zwei Terzette oder drei Quartette und ein Reimpaar.
Der gesellschaftliche Rahmen - Die höfische Kultur
Das kulturelle Engagement diente der Verherrlichung des Fürsten. Auftragsdichter verfertigten Fürstenlobgedichte.
Das Leben an den Höfen wurde in gigantischen Festen nach einer ausgeklügelten Etikette inszeniert, die Prunkentfaltung stellte alles bisherige in den Schatten.
Der ganze Hof war kostümiert; Schlösser, Parkanlagen und Feuerwerke dienten der Verherrlichung des Herrschers.
Pflege und Förderung der Künste gehörten zu den wichtigsten Aufgaben des Herrschers, hervorragende wurden in den Adelstand erhoben (Mäzenatentum).
Während der Kriegsjahre verarmten die Bürger und Bauern weitgehend. Reformation und Gegenreformation verursachten Vertreibungen und Abwanderungen.
Die geistige Führungsschicht in der Bevölkerung entwickelte sich aus dem humanistisch gebildeten Bürgertum. Hauptgewicht an den Universitäten lag auf Grammatik, Rhetorik und Dialektik.
Grundzüge der Barockliteratur
Es gab zwei Strömungen im 17. Jahrhundert:
· Die lateinisch, griechische Tradition der Humanisten
· Die deutschsprachig volkstümliche Literatur.
Latein verlor als Amtssprache zunehmend an Bedeutung. Die deutsche Sprache wurde vereinheitlicht. Immer mehr literarische Werke entstanden in deutscher Sprache.
An vielen barocken Höfen sprach man ausschließlich Französisch, ansonsten gab es eine Mischung aus Deutsch, Französisch, Latein, Italienisch und Spanisch.
Die Sprachakademien (z. B. \"Fruchtbringende Gesellschaft\", \"Palmenorden\") setzten sich zur Aufgabe, die deutsche Sprache von den fremden Einflüssen zu befreien.
Außerdem hatte man das Ziel einer Poetikreform.
Martin Opitz
Wesentlich für ihn waren die lateinische Redekunst und Dichtkunst. Dichtkunst bedeutete Beherrschung der Sprachmittel, Dichtung hatte die Aufgabe, zu nutzen und zu erfreuen (prodesse, delectare).
Fremdwörter und mundartliche Ausdrücke müssen vermieden werden, Wortstellung und Wortwahl werden streng geregelt.
Im 16. Jahrhundert war der \"Knittelvers\" vorherrschend: vier Hebungen, regellos.
Opitz forderte einen regelmäßigen Ablauf von Hebungen und Senkungen, Versakzent und Wortakzent müssen übereinstimmen.
Für die deutsche Dichtung empfiehlt er Jambus und Trochäus und als Versmaß den französischen Alexandriner: 6-hebiger Jambus mit einer Zäsur in der Mitte. Diese Zäsur betont die dualistische Weltauffassung des Barock.
Die Themen gestalten sich zwischen Lebenshunger und Lebenslust, Vergänglichkeit und Tod.
Opitz übersetzte die erste Oper ins Deutsche, sowie Stücke lateinischer Autoren und die "Antigone" von Sophokles. Besonderes Gewicht lag auf Rhetorik , auf allegorischen Sinnzusammenhängen und Symbolen.
Formen des Barockromans
1. Der Schelmenroman (Picaroroman)
Stammt aus Spanien, spielt im einfachen Volk, im Soldaten-, Krämer-, Bettler-, Räubermilieu, Hintergrund sind die Wirren des 30jährigen Krieges.
Der Held ist ein ungebildeter, einfacher, aber schlauer Mensch, der sich erfolgreich durch die Welt schlägt, dabei aber seine Einfallt verliert (vgl. Parzifal).
Die Welt wird als korrupt, machtgierig, gemein, genußorientiert dargestellt, der Held ist einmal ganz oben, einmal ganz unten (Symbol des Glücksrades).
Bekanntestes Beispiel ist Grimmelshausens \"Simplicissimus\" (vgl. Literaturbuch S. 58).
Grimmelshausen erzählt in der Ich-Form eine Art Autobiographie und vermischt tatsächlich Erlebtes mit Erfundenem. Die Darstellung ist realistisch, gemildert durch ironische Distanz.
Inhaltsangabe:
Der junge Simplicius wächst abseits der Welt bei einem Bauern in Spessart auf. Der Hof seines Ziehvaters wird von plündernden und mordenden Söldnern überfallen. Simplicius wird heimatlos und von einem Einsiedler gefunden und aufgezogen, der ihm im Lesen und Schreiben unterrichtet und religiöse und moralische Grundsätze beibringt. Nach dem Tod des Einsiedlers wird Simplicius Soldat, kommt im Lauf des Krieges nach Westfalen und zeichnet sich durch seine Raubzüge und seine Tapferkeit aus. Es verschlägt ihn nach Paris, wo er die Laster und das Leben der Adeligen kennenlernt. Vom Glück verlassen schließt er sich den Räubern an, heiratet, erlebt Enttäuschungen, beschäftigt sich mit Alchimie und Naturwissenschaften und kehrt nach abenteuerlichen Fahrten wieder in den Schwarzwald zurück. Frieden findet er erst, als er sich von den weltlichen Werten verabschiedet und Einsiedler wird, und als solcher seine Geschichte für die Nachwelt aufzeichnet. Die wahren Werte für ihn sind nun Religion und Glauben.
2. Der Schäferroman
Spielt in idealisierten Landschaft (sanfte Hügel, grüne Wiesen, heiterer Frühlingshimmel). Menschen leben als Schäfer und Schäferin in ewiger Jugend, sie haben keine Sorgen oder Nöte, keine "niedrigen" Bedürfnisse. Krieg, Gefahr, Elend, Krankheit und Tod sind ausgeklammert. Leben ist Spiel zw. Schäfer und Schäferin. Sie geben sich ganz ihren Gefühlsregungen hin, die von Liebe und Freundschaft entfacht werden: Glückseligkeit, Sehnsucht, Einsamkeit.
Diese Romanform behält seine Anziehungskraft bis in die Zeit des jungen Goethe.
3. Der heroisch-galante Roman
Spielt an Fürstenhöfen unter Personen von höchstem Stand. Im Mittelpunkt steht das fürstliche Liebespaar, das nach Abenteuern und Hindernissen zueinander findet, und durch seinen Bund die Geschicke des Landes bestimmt. Sieg und Liebe ist Ziel aller politischen Bestrebungen.
Obwohl Zeit und Ort der Handlung in die Ferne gerückt sind, sollen doch heimische Verhältnisse der Entstehungszeit widergespiegelt werden. Dichter gibt Idealvorstellung von der überragenden Herrschergestalt à Huldigungsdichtung für Fürsten.
Sprache versucht durch rhetorischen Schmuck dem hohen Stoff gerecht zu werden à gewaltige Wortkulissen.
Streben des Barock nach großartiger Weiträumigkeit drückt sich auch in vielbändigen Romanen aus (spanischer Amadis-Roman: 25000 Seiten, 24 Bände).
Die Lyrik
Die Metapher
(gr. "bildhafte, übertragene Darstellung)
Eine Metapher entsteht, wenn Wörter neue, ungewöhnliche Bedeutungsbeziehungen eingehen.
Verbmetapher
Der Krieg zertritt alle Menschlichkeit
Adjektivmetapher
Ein schwerer Himmel, rote Pein
Nominalmetapher
Ein Kelch voller Sorgen, die Krankheit des Jahrhunderts
Sprachliches Bild, bewußt übertrieben, um Wirkung zu vergrößern ist eine Hyperbel.
Alexandriner
sechs jambische Takte; Langvers, häufig Einschnitt in der Mitte (Zäsur); die beiden Vershälften bewirken syntaktische Gliederung und inhaltliche Gegenüberstellung.
Das Stilmittel der gedanklichen Entgegensetzung heißt Antithese.
Sonett
besteht aus 14 jambischen Versen mit 4, 5 oder 6 Hebungen; auf zwei Quartette folgen zwei Terzette; Reimfolge ist vorgegeben.
Sonett ist eine der strengsten Gedichtformen.
Hoftheater und Volkstheater
Theaterleben war wesentlicher Bestandteil der Barockkultur. Diente vor allem zur Unterhaltung des Hofes. Bühne verband Weltliches mit Religiösem. Neben dem Hoftheater gab es das bürgerliche Schuldrama, die volkstümlichen Wandertruppen und das Laientheater.
Barockdrama
entwickelte sich parallel zur Oper (riesige, raffinierte Bühnenmaschinerie). Alle Möglichkeiten des Theaters wurden ausgeschöpft à 3D-Kulissen mit komplizierten Hebe- und Versenkungsmechanismen. Man versuchte den Prunk der ital. Oper zu imitieren.
Erde, Himmel und Hölle sind Schauplätze (Bühne dreigeteilt). Götter, Heroen und Feldherren der Antike erscheinen neben christlichen Heiligen und personifizierten Tugenden. Die Aufführungen fanden meist im Freien statt und dauerten bis zu 8 Stunden. Sie waren ein phantastisches Fest für die Augen und dienten der Verherrlichung des Glaubens oder des absolutistischen Fürsten. Schlachten wurden mit Massen von Schauspielern inszeniert, Personen und Gegenstände wurden mit technischen Hilfsmitteln durch die Luft bewegt.
Wichtigster Mann war der Arrangeur, dem eine Schar von Handwerkern zur Verfügung stand. Riesige Summen wurden ausgegeben. Die Sprache stand im Hintergrund, alles war auf den optischen Eindruck abgestimmt.
Im Gegensatz zu solchen Spielen, waren Wanderbühnen und herumziehende Artisten für das Volk gedacht.
Volkstheater
Ersten Berufsschauspieler waren engl. Komödianten um 1592. Einzelne Fürstenhöfe unterstützen sie, manche blieben in Deutschland, bald wurde nur noch Deutsch gesprochen. Sie spielten an Fürstenhöfen, aber auch in Städten. Gespielt wurde im Freien, oder in großen Sälen auf einer Bretterbühne. Spielplan umfaßte biblische und historische Stoffe, tragische und komische Stücke und Stücke von Shakespeare und Marlowe, die umgeschrieben wurden. Je nach Publikumsgeschmack fügte man rührselige oder blutige Szenen hinzu. S. g. Clownszenen halfen, den Kontakt zum Publikum zu verstärken. Spieler sprachen aus dem Stehgreif. Frauenrollen anfangs von Männern gespielt. Anfangs wurde die Sprachbarriere durch übertriebene mimische und gestische Gestaltung überwunden, ab ca. 1605 spielte man auch in dt. Sprache. Dazu kamen Bearbeitungen franz., ital. und niederländischer Stücke und Opern.
Die komische Figur
Vieler Stücke war der Pickelhering, gewöhnlich vom Leiter der Truppe (Prinzipal) gespielt. Er war als Narr, der in Mundart sprach, der Liebling des Volkes. Er legte zu Beginn den Gang der Handlung dar, erklärte und faßte das Geschehen zusammen. Er war meist als Diener in die Handlung eingebaut.
In der Commedia dell'arte wurde diese Dienerfigur vom Harlekin gespielt (Partnerin Kolombine): stark geschminkt, immer gleiches Kostüm. Ihr Humor ging vor allem von einer grotesken Mimik und Gestik aus. Figuren der ital. Komödie z. T. Typen aus der Antike. Es gab keine Textbücher à Improvisation zum Kennzeichen dieser Art von Typenkomödie, die von der Situationskomik lebte, und sogar Akrobate und Zauberer bot.
Franzosen übernahmen diese ital. Art, bauten jedoch Chansons ein à Komödie mit Musik und Gesang, aus der sich die komische Oper entwickelte.
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