Gaius Julius Cäsar war nicht nur einer der bedeutendsten Politiker Roms und der Welt, er leistete ebenfalls einen entscheidenden Beitrag in der Literatur, Wissenschaft und der eigenen römischen Innenpolitik.
Beispielweise wurde er mit seinen Werken "de bello Gallico" (zu deutsch "Der Krieg in Gallien") und "de bello civili" (zu deutsch "Der Bürgerkrieg") bekannt.
Das erst genannte Werk befasst sich mit den Gallienfeldzügen Cäsars! Es behandelt die Jahre 58-52 v. Chr. wobei jedes Buch ein Jahr beschreibt. Es besteht aus 8 Bänden, wovon Band 1-7 Cäsar selbst geschrieben hat. Band 8 wurde von Aulus Hirtius, einem römischen Offizier geschrieben. Mit diesem Werk verteidigt der römische Stadthalter sein weitergehendes militärisches Vordringen in nichtrömische Gebiete gegen die Skepsis des römischen Senats, welchen er von der Notwendigkeit der umfangreichen Kriegsführung überzeugen wollte!
"de bello gallico" ist nicht nur für Analytiker von Cäsars Schaffen interessant, sondern gibt auch Aufschluss und wertvolle Informationen über die keltischen und germanischen Stämme.
Mit dem ersten Buch dieses Werks werden ich mich später genauer befassen.
Das Werk "de bello civili" über den Bürgerkrieg behandelt in 3 Büchern die Ereignisse vom Ausbruch des Krieges 49 v. Chr. bis zum Mord an Pompeius im folgenden Jahr. Cäsar versucht hier, die Schuld am Ausbruch des blutigen Krieges ganz auf seinen Gegner Pompeius zu schieben.
Ein weiteres, aus 2 Büchern bestehendes Werk Cäsars ist "de analogia" in dem er über die Ansichten über die Grundsätze sprachlicher Gestaltung schreibt! Er behandelt eigentlich die Frage ob die Sprache auf Gesetz und Rechtmäßigkeit (analogia) oder auf Regellosigkeit (onomalia) aufbaut.
Ein weiteres Werk Cäsars war "iter" welches aber nur ein Gedicht enthielt, welches er auf dem Weg nach Spanien verfasste. Dieses Gedicht ist heute leider nicht mehr erhalten.
Das erste Buch des gallischen Krieges:
Am ersten Buch des "bello gallico" kann man die Wirkung der Form seiner Bücher vielleicht am besten darstellen. In der traditionellen Form des Kommentars wird jedes Ereignis einzeln berichtet. Je mehr sich eine Erzählung an diese traditionelle Form hält, desto mehr wird es nur eine Aneinanderreihung von Handlungen ohne auf die Zwischenbeziehungen einzugehen, was wohl eine Einschränkung der Wahrheit bedeutet.
Das Hauptthema des ersten Buches ist einerseits die Operation Cäsars gegen die Helvetier und andererseits die Operation gegen den Germanen Ariovist, welche beide siegreich für Cäsar ausgegangen sind. Beide Operationen sind quasi eigenständige Kriege, in welchen Cäsar beides Mal die Hauptrolle spielt und somit der autobiografische Aspekt zum Ausdruck kommt.
Viele Gelehrte sind bisher nicht von der Glaubwürdigkeit des ersten Buches überzeugt, da sie keinen anderen vergleichbaren Bericht aus dem Altertum zur Kontrolle haben. Die militärischen Ereignisse waren Cäsars Offizieren bekannt und mussten wie üblich dem Senat berichtet werden. Es stimmt, dass eine Überlieferung besagt, die Niederlage der Tiguriner sei Labienus und nicht Cäsar zu verdanken gewesen. Diese Überlieferung scheint allerdings auf Labienus selbst zurückzugehen, welcher nicht gerade ein unparteiischer Zeuge war. Vermutlich begann Labienus den Angriff nach Cäsars Anweisungen, dann kam Cäsar mit 3 Legionen hinzu und führte das Ende herbei. Vermutlich hat er den Anteil Labienus' zugelassen, da es sich hierbei wahrscheinlich um eine Art Familienrache handelte, da ein halbes Jahrhundert zuvor die Tinguriner den Großvater seines Schwiegervaters getötet hatten.
Wie die meisten Feldherren übertrieb er die Zahl seiner Feinde oder ihrer Verluste. Zwar verschwieg er Fehler, aber er leugnete nicht die Tatsache, dass die Endschlacht gegen die Helvetier ebenso gut anders hätte ausgehen können.
Ohne Zweifel nahm Cäsar beträchtliche Risiken auf sich denn er hätte die römische Provinz auch ohne den Angriff auf die Helvetier schützen können, und das unmittelbare Interesse Roms verlangte auch nicht sich so gegen Ariovist zu stellen. Die Form des Kommentars ermöglichte es Cäsar das Vorgehen gegen die Helvetier und das gegen Ariovist zu trennen, und somit als zwei Heldentaten hinzustellen. Aber ist das die ganze Wahrheit? Ein Beispiel: Ariovist wurde auf Cäsars Veranlassung hin als "Freund des römischen Volkes" anerkannt, Cäsar konnte den Helvetiern den Durchzug durch die Provinz verweigern und gleichzeitig mit Ariovist vereinbaren, dass die Sequaner die Anweisung erhielten, den Auswanderern den Weg durch ihr Gebiet zu verweigern. Dieser Weg war laut Cäsar leicht zu verteidigen. Die Sequaner hätten es nicht gewagt sich zu widersetzen. Die Helvetier hätten daraufhin ihren Plan aufgegeben, oder hätten einen nördlicheren Weg durch ein Gebiet, das nicht unter römischem Einfluss stand eingeschlagen. Die Gallier hätten sich auf Grund der Verstärkung durch die Helvetier vielleicht gegen die Germanen gestellt. Auf diese Weise wären die römischen Interessen auch ohne Anstrengung von Seiten der Römer bewahrt worden. Das wäre ein Vorgang guter überlieferter römischer Staatskunst gewesen. Auf jeden Fall wäre ein Bündnis zwischen Galliern und Germanen sehr unwahrscheinlich. Tatsächlich gab es einige Sicherungsmaßnahmen, die Cäsar hätte anwenden können, hätte er sich allein auf die Sicherung der römischen Interessen beschränkt.
Wieweit sich Cäsar dieser Möglichkeiten bewusst war, lässt sich schwer sagen: Die Form des Kommentars bringt dies in keinster Weise zum Ausdruck! Ein anderer Prokonsul hätte vielleicht anders gehandelt. Allerdings berichtet Cicero Ähnliches: Im März 60 v. Chr. war nach Rom eine beruhigende Nachricht aus dem Transalpinischen Gallien gekommen, und der Konsul Mettelus Celer sollte dort der nächste Prokonsul werden; er war enttäuscht, als sich der Alarm in nichts auflöste, denn er hatte von einem Triumph geträumt. Es mag sein, dass der Krieg gegen die Helvetier stattfinden musste, weil es der erste Krieg in Gallien war, der griffbereit für Cäsar bereit lag. Cäsars Aussage geht dahin, dass Rom Barbaren nicht erlauben könne durch eine seiner Provinzen zu ziehen. Er erinnert seine Leser an die Einwanderung und die Gefahren 50 Jahre zuvor. Er überschritt die Grenze und griff an. Letztendlich besiegt er die Helvetier und zwingt den größten Teil von ihnen in ihre Heimat zurückzukehren, so dass kein leerer Raum entstand, in den die Germanen hineinziehen könnten und somit der römischen Provinz extrem nahe gekommen wären.
Stil und Persönlichkeit:
Der Inhalt des commentarius betrifft hauptsächlich militärische Ereignisse, weshalb der Leser einen eintönigen, sich ständig wiederholenden Stil erwarten könnte. Dieselbe Sache könnte immer wieder in derselben Weise erzählt werden, denn sie brauchte oder sollte gar nicht anders erzählt werden. Aber noch mehr: Anscheinen pflegte Cäsar stets zu entscheiden welches Wort für eine bestimmte Sache am besten passen würde, und verwendete für diese Sache dann kein anderes Wort mehr. Er neigte dazu die Wiederkehr eines Gedankens oder einer Handlung in der Wiederholung seiner Worte und Redenwendungen wiederzuspiegeln, was eine gewisse Einförmigkeit bedeutete. Dies zeigt wie selten eine Unbestimmtheit oder Ungenauigkeit, die die sichere Wortwahl des Stils hätte trüben können, dem Verstand Cäsars entgangen ist. Abgesehen von Fehlern in der Überlieferung kann es Stellen geben bei denen Cäsar einen Bericht oder Ähnliches, das von einem Anderen kam, nicht völlig in seine eigene Ausdrucksweise übertragen hat. Aber selbst wenn man diese Möglichkeiten in Betracht zieht, zeigt der größte Teil der Kommentare doch die besonderen Eigenschaften des Stils Cäsars.
Die Genauigkeit der Worte, die Cicero an Cäsars Schreibweise lobt, ist immer wieder festzustellen. Aber je weiter die Kommentare führen, desto mehr Stilabweichungen fallen auf. Oftmals wurde festgestellt, dass das erste Buch des Gallischen Krieges formeller und mehr in der Art eines typischen Kommentars geschrieben ist als das zweite Buch und die nächsten vier Bücher wiederum weniger formell verfasst worden sind. Das siebte Buch ist noch bewegter als die Bücher davor, was auch auf die Bücher des Bürgerkriegs zutrifft. Der Bau der Sätze wird freier und es treten Veränderungen auf, die eher sich eher durch den Wechsel der Ausdrucksform als durch einen bewussten Wechsel der Wortwahl zu erklären sind. Ein solcher Wechsel der Gewohnheit lässt sich natürlich schwer erklären wenn man annimmt dass Cäsar alle sieben Bücher in einem engen Zeitraum geschrieben hat, Deshalb wird angenommen dass die Bücher über einen jahrelangen Zeitraum hinweg verfasst wurden, was erklären würde, warum Cäsar sich weniger Mühe gegeben hat die traditionelle Form des commentarius zu verfolgen.
Im ersten Buch des gallischen Krieges scheint er tatsächlich bewusst schriftstellerische Freiheit vermieden zu haben. So beginnen im dritten Kapitel zwei aufeinander folgende Sätze mit dem gleichen Wortlaut. In einem Satz kann die Redewendung als Interpolation entfernt werden ohne damit den Sinn zu verletzen was nicht vermuten lässt dass dies ein Fehler eiliger Niederschrift sei. Vielmehr scheint der Stil hier beabsichtigt vergröbert worden zu sein. Es gibt auch Beispiele bei denen das Beziehungswort eines Relativpronomens im Relativsatz wiederholt wird, eine Unbeholfenheit wie sie für römische formale Dokumente typisch ist. Diese Ausdrucksform verschwindet jedoch in den späteren Büchern des gallischen Krieges.
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