Aus der großen anonymen Menge der Passagiere hebt Stefan Zweig nur drei Personen hervor. Um sie gruppieren sich "Statisten" ohne größere Bedeutung. Die drei hervorgehobenen Personen sind:
McConnor, ein Tiefbauingenieur, der in Amerika zu beträchtlichem Wohlstand gekommen ist, wird schon am Anfang der Novelle mit eindeutig negativen Merkmalen eingeführt. Er wird als ".ein stämmiger Mensch mit starken, fast quadratisch harten Kinnbacken."1 beschrieben. Sein Aussehen findet sich auch in seinem rüden, selbstgefälligen, mürrischen, rücksichtslosen und triumphierenden Charakter wieder ("Die auffällig breiten, fast athletisch vehementen Schultern machten sich leider auch im Spiel charaktermäßig bemerkbar, denn dieser Mister McConnor gehörte zu jener Sorte selbstbesessener Erfolgsmenschen, die auch im belanglosesten Spiel eine Niederlage schon als Herabsetzung ihres Persönlichkeitsbewußtseins empfinden."2). Er selbst wird als ein sogenannter "Selfmademan"3, seine Sprache als direkt, unqualifiziert und als zum Teil unhöflich dargestellt.
Mirko Czentovic, geboren als Sohn eines armen südslawischen Donauschiffers, wird nach dem Tode seines Vaters als Zwölfjähriger von einem Dorfpfarrer aufgenommen und erzogen. Trotz allen Anstrengungen gelingt es diesem nicht, dem Jungen eine elementare Bildung zu verschaffen. Mirko wird als "maulfaules, dumpfes, breitstirniges Kind"4 beschrieben. Sein Gehirn arbeitet nur schwerfällig. Willig verrichtet er häusliche Arbeiten, aber mit "totaler Teilnahmslosigkeit"5.
Der Chronist stellt Czentovic zwar als Schachprofi dar, gleichzeitig aber schildert er auch dessen negative Charakterzüge. Der Slawe ist behäbig und unbeweglich, seine Kaltschnäuzigkeit und Emotionslosigkeit ist sein Erfolgsrezept, an seiner "zähen und kalten Logik"6 sind viele intelligentere und ihm an Phantasie überlegene Champions gescheitert. Sein ganzes Leben lang hat er all seine Denkweise dem Schachspiel gewidmet, dem einseitig Begabten bleibt jeder Zugang zur eigentlichen Welt verschlossen. Er ist stur und nimmt keinen Kontakt zu seinen Mitmenschen auf, da er fürchtet, daß diese seinen fehlenden Intellekt bemerken. Mirko wird als "unmenschlicher Schachautomat"7, der nur einen "flüchtigen Blick" aufs Schachbrett wirft und die Gegner von oben herab behandelt, beschrieben. Auf dem Schachbrett hat er Erfolg, doch im Leben ist er eine "groteske, beinahe komische Figur"8.
1 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 26
2 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 26
3 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 26
4 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 9
5 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 10
6 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 16
7 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 34
8 Stefan Zweig: Schachnovelle, Seite 17
Dr. B. ist eine stille und unauffällige Person, bevor er in der Isolationshaft der Nazis an der "Schachvergiftung"9 erkrankt. In dem "Hotel" ist Dr. B. von der
Außenwelt abgeschnitten, jegliche Beschäftigung und Kommunikation mit
Mitmenschen wird ihm untersagt. Um nicht dem psychischen Druck der Nazis zu unterliegen, beschäftigt er sich mit aufgezeichneten Schachpartien. Dies endet in einer "künstlichen Schizophrenie"10. Dr. B. versucht, "eine Spaltung in ein Ich Weiß und ein Ich Schwarz"11 zu vollziehen, um Partien nicht nur im Geist nachzuspielen, sondern gegen sich selbst zu spielen - nach Dr. B. "eine solche Paradoxie, wie über seinen eigenen Schatten zu springen."12 Nachdem seine geistige Verwirrung durch einen Arzt festgestellt wird, kann er das Gefängnis der Nazis verlassen.
Doch Dr. B. ist nach dieser Haft nicht mehr derselbe. Die vollständige Einsamkeit hatte ihn menschenscheu, verwirrt und unruhig gemacht. Wenn er unter Streß steht, ist er ängstlich und nervös. Besonders im Schachspiel gegen Czentovic, der immer die volle Zugzeit ausnutzt, wirkt er unruhig und sehr gereizt. Schließlich steht er kurz vor dem nervlichen Zusammenbruch und kann nur durch Hilfe des Erzählers vor einem Delirium geschützt werden, indem dieser ihn an seine Vergangenheit erinnert ("Ich sagte nichts als ,Remember!'13 und fuhr ihm mit dem Finger über die Narbe seiner Hand."14). Aus dem ehemals freundlichen und bescheidenen Menschenfreund ist durch die Nazihaft eine psychisch gestörte Person geworden. |