Das Stück "Draußen vor der Tür" ist - wie man vielleicht zuerst meinen könnte - kein autobiographisches Werk des Heimkehrers Wolfgang Borchert.
Seine persönliche Situation nach dem Zusammenbruch Deutschlands war wesentlich besser., als die seiner millionenfachen Schicksalsgenossen. Im Gegensatz zu diesen, hatte Borchert ein erträgliches wirtschaftliches Auskommen, wenn auch bei gleichzeitigem großen gesundheitlichen Leidensdruck. Schon zwei Tage nach der Kapitulation war er ein freier Mann, konnte bei seinen Eltern einziehen, seine Freunde kümmerten sich um ihn.
Für viele begann zu dieser Zeit erst die Tragödie von Flucht, Vertreibung, Internierung oder Gefangenschaft.
Borchert versucht mit "Draußen vor der Tür" in der Figur des Beckmann die Millionen junger Soldaten, deren bisheriges Leben fast ausschließlich militärischen Gehorsam, Angst, Leid und Verwundungen jeglicher Art bestanden hat, widerzuspiegeln:
"Was haben sie denn so bis jetzt gemacht?" wird in dem Drama gefragt. Die Antwort darauf: "Nichts. Krieg. Gehungert, Gefroren, Geschossen." zeigt Beckmanns Situation und die der vielen anderen Soldaten auf.
Der Einbeinige, der in der 2. Szene auftaucht, verkörpert ebenfalls das Schicksal jedes einzelnen Soldaten. Der Einbeinige macht Beckmann, der in dieser Situation den Vorgesetzten verkörpert, den von ihm erteilten Befehl zum Vorwurf: "Sie halten Ihren Posten unbedingt bis zuletzt!". Damit spielt der Autor auf die Durchhalteparolen des Naziregimes in den letzten Kriegsmonaten an. Für die meisten galt damals der Krieg schon als verloren und dennoch wurde eine große Anzahl von Soldaten - unter ihnen auch besonders viele junge - noch in der letzten Phase "verheizt".
Wolfgang Borchert verurteilt in seinem Stück den Krieg und seine Folgen.
Er stellt Beckmann als Heimkehrer dar, der mit der Rückkehr in seine Heimat auch auf dem weg ist den Anschluß an sein früheres "Ich", seine frühere Identität zu finden. Er versucht in jedem Akt eine Tür zu finden, die er aufstoßen kann und mit deren Durchschreiten er wieder bei sich und bei den Menschen seines früheren Umfeldes ist.
Aber jedesmal wird er abgewiesen, denn die Menschen wollen mit dem Krieg und seinen Folgen nicht mehr konfrontiert werden. Sie fordern Beckmann, auf seine Gasmaskenbrille und seinen Mantel abzulegen, um so die Vergangenheit zu vergessen.
Der Kabarettdirektor geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt zu Beckmann: "Ich habe schließlich keinen nach Sibirien geschickt". Damit versucht er die Verantwortung für Krieg und Heimkehrer völlig von sich zu schieben.
Beckmann antwortet: "Nein, keiner hat uns nach Sibirien geschickt. Wir sind von alleine gegangen. Und einige sind ganz von alleine dageblieben." Er beschuldigt so nicht nur die Parteimitglieder, sondern auch die Menschen die sich nicht gegen den Krieg und das Regime, trotz allen Druckes, wehrten.
Borchert versucht in seinem Stück, dem Leser vor Augen zu führen, daß in jedem Menschen ein Wolf steckt, der aus reinem Selbsterhaltungstrieb, ohne Rücksicht auf Verluste, um sein Hab und Gut kämpft.
Die Situation in der 5. Szene soll verdeutlichen, daß der Glaube an die Güte des Menschen ein Irrglaube ist. Frau Kramer, der Allerweltsmensch, zeigt keinerlei Güte und Warmherzigkeit. Sie weist Beckmann mit einer "gleichgültigen, grauenhaften, glatten Freundlichkeit, die furchtbarer ist als alle Roheit und Brutalität", zurück.
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