Die Komödie "Der Hauptmann von Köpenick" wurde von Carl Zuckmayer verfasst und erschien erstmals 1931. Die Handlung spielt in Berlin und Umgebung vor dem ersten Weltkrieg zur Zeit des Wilhelminismus. Sie beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich am 16. Oktober 1906 in Berlin und Köpenick zugetragen hat.
Zuckmayer zeigt in seinem Stück, wie es sich in der damaligen militärischen Gesellschaft, in der man durch eine Uniform Macht und Ansehen verleiht bekommt, wenngleich man dies nicht hat, abspielte. Durch die Erfahrungen in der Gesellschaft kann der Schuhmacher Wilhelm Voigt, der zwar vorbestraft ist, jedoch durch eine Uniform an vom Staat respektierte Macht kommt, ein erfolgreiches, normal illegales Unternehmen durchführen.
Die Handlung in der zehnten Szene spielt in der Wohnung der Familie Obermüller in Köpenick um ca. halb vier morgens. Unter Anderem kontaktieren in der Szene Obermüller, seine Frau und Zuschneider Wabschke.
Obermüller, der mittlerweile Bürgermeister von Köpenick geworden ist, nimmt seiner Frau zuliebe an einem Manöver teil. Er versucht seine Uniform anzuziehen. Das gelingt Obermüller aber nicht, da die Uniform schon zehn Jahre alt ist und weil Obermüller jetzt zu dick ist. Mit aller Gewalt versuchen Obermüller und seine Frau die Uniform anzubekommen in der Hoffnung, dass die für Mitternacht bestellte Uniform doch noch kommt. Dann reißt die Uniform. In diesem Moment kommt Zuschneider Wabschke mit der neuen. Obermüller kann jetzt doch noch zum Manöver. Die alte Uniform soll vielleicht noch als Anzahlung verkauft werden (Vorausdeutung).
Bürgermeister Obermüller ist ca. vierzig Jahre alt und männlich. Er ist gut gewachsen und hat ein etwas besorgtes Gesicht durch einen Zwicker und einen blonden Schnurrbart, das auch seine Aussprache prägt. Jedoch spricht er überzeugend. Er trägt eine alte Uniform, die aber durch einen neue ersetzt wird. Obermüller ist ein Vertreter der bürgerlichen Schicht und steht für das Rechtswesen des deutschen Staates und des Militärs. Deshalb erscheint er in Zuckmayers Stück als blind obrigkeitshörig.
Obermüller ist, wie schon gesagt, ein Vertreter der bürgerlichen Schicht. Er lebt zusammen mit seiner Frau in Köpenick als Bürgermeister. Er hat damit sein Ziel schon erreicht. Dadurch steht er in der Gesellschaft weiter oben und hat mehr Einfluss, was in der damaligen Zeit sehr wichtig ist. Nur wer militärisch weit oben steht, hat etwas zu sagen. Bürgermeister Obermüller ist ein Mann, der sehr schnell nervös wird. "Fertig fertig fertig, wie soll ich denn fertig werden, wenn überhaupt alles versagt, wo bleibt denn Fanny?" So steht es auf S. 72, Z. 23 f.. Obermüller bekommt seine Uniform nicht und wird dadurch sogar exzentrisch, als er Fanny, das Dienstmädchen, anschreit (S. 73, Z. 4). Er steht auch unter Zeitdruck und reißt deshalb seiner Frau den Telefonhörer aus der Hand, um schnell mit dem Schneider wegen der Uniform telefonieren zu können (S. 73, Z. 11 ff.). Das zeigt, dass er sehr ungeduldig ist. Obermüller verzweifelt auch, weil ihm seine alte Uniform nicht mehr passt. "Es geht nicht" (S. 73, Z. 36) "- [Regie] Zieht stöhnend an der Uniform, sie geht nicht zu." Er verzweifelt so sehr, dass er darüber nachdenkt, sich vom Manöver abzumelden. "Ich muss sofort beim Regimentsadjudanten anrufen - plötzliche Herzattacke - nein, Fieber..." (S. 74, Z. 11 ff.). Seine Frau versucht noch ihm zu helfen, doch Obermüller gibt letztlich auf, als seine Uniform reißt (S. 74, Z. 20 ff.). Er schiebt die Schuld auf seine Frau, weil sie "aus purer weiblicher Eitelkeit" (S. 74 unten) will, dass er zum Manöver geht. Obermüller ist also nervös, exzentrisch und verzweifelt, da er seine Uniform nicht bekommt und unter Druck steht. Jedoch geht aus Obermüller auf der anderen Seite eine ganz andere Person hervor: "Geschellt - wieso geschellt - geschellt - es hat geschellt!!" (S. 75, Z. 2 f.). Als seine Uniform doch noch kommt ist Obermüller wie verwandelt. Auf einmal ist er "oben auf", selbstbewusst und sicher, wie noch nie. Er versichert seinen Kindern, dass er gewusst hat, dass die Uniform noch kommt (S. 75, Z. 14 ff.). Sein großes Selbstbewusstsein geht auch hervor, indem er sich "präsentiert". "Ruhe!!Meinen Säbel her!" (S. 75 unten). Er ist in "bester Laune" und auch ein bisschen aufgeregt, sodass er fast vergisst sich Geld mitzunehmen (S. 76, Z. 19 f.). Seine Kinder sollen ihn zum "Wagen", dem Taxi, begleiten. Obermüller fühlt sich hier wie ein "König". Er steht prachtvoll da, wird bewundert und wird von seinen "Untertanen" begleitet. Um noch einmal zusammenzufassen: Obermüller ist in der Situation mit Zeitdruck und Stress, als er seine Uniform nicht bekommt, nervös, ungeduldig, verzweifelt und wird auch exzentrisch. Wenn ihm aber alles "nach seiner Nase läuft" und er seine neue, glänzende Uniform hat, ist er sehr zufrieden, selbstbewusst, sicher und auch ein bisschen aufgeregt.
Ich finde Obermüller ist ein sehr normales Beispiel für eine Person. Fast jeder ist in Stresssituationen gereizt, verzweifelt und nervös, wie auch Obermüller (S. 73, Z. 36 etc.). Wenn dann aber wieder alles in Ordnung ist, ist man bei "bester Laune" und fröhlich. Jedoch ist Obermüller ein besonderes Beispiel, weil es ihm um die Uniform geht. Ich denke Carl Zuckmayer will damit wieder einmal die Machtposition des Militärs veranschaulichen. Ohne Uniform wäre Obermüller ein "Niemand" und müsste vom Manöver zu Hause bleiben.
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