Johann Wolfgang (von) Goethe (1749-1832), geprägt durch bürgerliche Herkunft. Begegnung mit Herder. Beginn der Erlebnislyrik: Sesenheimer Lieder. Bewältigung persönlichen Leides im \"Werther\". Begegnung mit Karl August von Weimar, seit 1775 staatspolitische Tätigkeit und Naturforschung, Aufnahme am Weimarer \"Musenhof\". Entscheidende Freundschaft mit Charlotte von Stein - Entsagung. 1786/87 während der italienischen Reise Wandlung des Literaturverständnisses. \"Iphigenie\" wird ins klassische Versmaß gesetzt (vorher Prosa). Seit 1794 Freundschaftsbund mit Schiller.
In ihren klassischen Dramen erstreben Goethe und Schiller ein Ebenmaß der Form, erreicht durch Konzentration: Beschränkung der Personenzahl und der Schauplätze, Neigung zu Sentenz und überzeitlich gültiger Aussage. In der Lyrik greifen sie strenge, meist antike Formen auf: Ode, Hymne, Distichon, Stanze, Sonett; sie verwenden aber auch freie Rhythmen.
Dramen: Iphigenie (1787), \"Egmont\" (1788), \"Torquato Tasso\" (1790), \"Faust, ein Fragment\" (1790), \"Faust I\" (1808), \"Faust II\" (1831/32). Gedichte (1789), \"Römische Elegien\" (1795), \"Balladen\" (1798), \"Sonette\" (1815), \"West-östlicher Divan\" (1819). \"Urworte orphisch\" (1817; das Göttliche und die Bestimmung des Menschen sind Themen von Goethes Gedankenlyrik), \"Trilogie der Leidenschaft\" (1827). Epos: \"Hermann und Dorothea\" (1797). Romane: \"Wilhelm Meisters Lehrjahre\" (1795/96), \"Die Wahlverwandtschaften\" (1809; in Form und Inhalt am Übergang zur Romantik), \"Wilhelm Meisters Wanderjahre\" (1821). \"Dichtung und Wahrheit\" (ab 1811).
Friedrich Schiller (1759-1805), geprägt durch verordnete Ausbildung auf der Hohen Karlsschule (Militärakademie Karl Eugens in Stuttgart). Seit der Flucht nach Mannheim nach der Uraufführung der \"Räuber\" vergeblicher Versuch, als Theaterschriftsteller zu existieren. Beschäftigung mit historischen und philosophischen Fragen. 1791 Professur für Geschichte in Jena. Seit 1795 Herausgebertätigkeit: \"Die Horen\"; 1796: Musenalmanach. 1799 Übersiedlung nach Weimar. Schwere Erkrankung.
Dramen: \"Don Carlos\" (1787), \"Wallenstein\"-Trilogie (1798/99), Maria Stuart (1800), Die Jungfrau von Orleans (1801), \"Die Braut von Messina\" (1803; Versmaß, Chor und analytische Methode erinnern an die griechische Tragödie), Wilhelm Tell (1804). Gedankenlyrik (1795/96; die Lehrgedichte entwickeln moralisch-ethische Gedanken), Balladen (1797/98). Ästhetische Schriften: \"Über Anmut und Würde\" (1793), \"Vom Erhabenen\" (1793), \"Über die ästhetische Erziehung des Menschen\" (1795), \"Über naive und sentimentalische Dichtung\" (1795/96). Historische Schriften: \"Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande\" (1788), \"Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs\" (1791/92).
Friedrich Hölderlin (1770-1843), gequält durch ungesicherte wirtschaftliche Existenz (Hauslehrer). Unerfüllte Liebe zur Mutter seines Frankfurter Schülers, Susette Gontard (Diotima). Das tragische Lebensschicksal endet im Wahnsinn - seit 1806 bis zu seinem Tod lebt er bei einem Handwerker im Tübinger \"Turm\". Der sakrale Charakter seiner Oden und Hymnen und die vaterländische Thematik befremden die Weimarer Klassiker; Schiller weist Hölderlin zurück. Hymnen und Elegien (1793), lyrischer Briefroman \"Hyperion\" (1797/99), Dramenfragment \"Empedokles\" (1797), Gedichte (1799), späte Lyrik (1801-1808).
Textbeispiele
Friedrich Schiller: Das Lied von der Glocke (1799, Ausschnitte)
Freiheit und Gleichheit! hört man schallen,
Der ruh\'ge Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher; [...]
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer Scheu,
Der Gute räumt den Platz dem Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist\'s, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn. [...]
Friedrich Schiller: Die Worte des Wahns (1800, Ausschnitt)
Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn
Und den himmlischen Glauben bewahre!
Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,
Es ist dennoch das Schöne, das Wahre!
Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor,
Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.
Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung (1801, Ausschnitt)
[...] In einem wahrhaft schönen Kunstwerk soll der Inhalt nichts, die Form aber alles tun; denn durch die Form allein wird auf das Ganze des Menschen, durch den Inhalt hingegen nur auf einzelne Kräfte gewirkt. Der Inhalt, wie erhaben und weitumfassend er auch sei, wirkt also jederzeit einschränkend auf den Geist, und nur von der Form ist wahre ästhetische Freiheit zu erwarten.
Friedrich Hölderlin: Lebenslauf (1800)
Größers wolltest auch du, aber die Liebe zwingt
all uns nieder, das Leid beuget gewaltiger,
doch es kehret umsonst nicht
unser Bogen, woher er kommt.
Aufwärts oder hinab! herrschet in heilger Nacht,
wo die stumme Natur werdende Tage sinnt,
herrscht im schiefesten Orkus
nicht ein Grades, ein Recht noch auch?
Dies erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich,
habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden,
daß ich wüßte, mit Vorsicht
mich des ebenen Pfads geführt.
Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern,
und verstehe die Freiheit,
aufzubrechen, wohin er will.
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