Wie der Handlungsspielraum Karls gegenüber der Reformation durch - vor allem - außenpolitische Vorgaben (Frankreich, Papst, Türken) eingeschränkt war Die Haltung Kai¬ser Karls V. gegenüber der Reformation wurde im wesentlichen von habsburgischen Hausmachtinteressen und wechselnden Vorgaben der Außenpolitik bestimmt. "Die drei Be¬stimmungsstücke, aus denen er seine jeweilige Haltung konstruierte, waren: Papst, Orient, Frankreich." (Egon Fridell)
1521, als Karl V. seinen ersten Krieg gegen Franz von Frankreich führte, brauchte den Papst als Verbündeten. Mit dem Wormser Edikt wurde denn auch über Luther die Reichsacht verhängt, alle Neuerungen wurden untersagt.
Ein Bündnis, das der Papst 1526 mit Frankreich gegen Karl einging, zwang diesen, auf dem ersten Reichstag in Speyer, der Reformation Zugeständnisse zu machen.
Als 1529 in Cambrai ein allgemeiner Friede geschlossen wurde, und die Türken die die Belagerung Wiens abbrechen mußten, trat Karl der neuen Konfession gegenüber wieder forsch auf: Er erneuerte auf dem zweiten Reichstag von Speyer entgegen dem Pro¬test ihrer Anhänger, die seither "Protestanten" genannt werden, das Wormser Edikt.
1530 vereinigten sich die protestantischen Fürsten zum "Schmalkaldischen Bund". Karl gestand ihnen 1532 im Nürnberger Religionsfrieden freie Religionsausübung zu, denn im gleichen Jahr geriet er durch das Vorrücken der Türken unter Druck.
Die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Türken fanden 1544 in einem Waffenstillstand ein vorläufiges Ende, und der Kaiser ging den Protestanten gegenüber wieder in die Offensive: Ein Krieg gegen den Schmalkaldischen Bund endete mit dessen Niederlage und ein auf dem sogenannten "geharnischten" Reichstag von Augsburg 1548 erlassenes provisorisches Religionsgesetz ("Augsburger Interim") machte den Protestanten nur wenige Zugeständnisse.
Wie der Kaiser schließlich den Fürsten Religionsfreiheit gewähren mußte Einige Jahre später fiel Kurfürst Mo¬ritz von Sachsen vom Kaiser ab, und dieser gewährte den Protestanten den Augsburger Religionsfrieden von 1555, der den Landesherren und freien Städten das Recht zuerkannte, die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen: "cuius regio, eius religion" - "wessen Territorium, dessen Religion").
Der Augsburger Religionsfrieden stellte freilich nur Lutheraner und Katholiken einander gleich. Zwinglianer, Calvinisten und Täufer tolerierte er nicht. Außerdem sah der sogenannte "geistliche Vorbehalt" vor, daß geistliche Fürsten im Falle eines Übertritts zum Protestantismus ihrer Würde verlustiggehen sollten.
Karl V. war damit bei dem Versuch, die Alleinherrschaft der Papstkirche im "Heiligen Römischen Reich" wiederherzustellen, endgültig gescheitert und dankte kurze Zeit später ab.
Daß dieser Sieg der Fürsten eine wesentliche Voraussetzung für den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs darstellt Die Territorialfürsten hatten gesiegt, und die territoriale Zersplitterung Deutschlands war zementiert worden. In der Verfolgung ihrer Sonderinteressen gingen die Fürsten im Kampf gegeneinander Bündnisse mit ausländischen Mächten ein, die sich inzwischen zu zentralisierten Monarchien entwickelt hatten. Die Konflikte, die zwischen ihnen bestanden, wurden so nach Deutschland getragen und schließlich im Rahmen eines drei Jahrzehnte währenden Krieges hauptsächlich in Deutschland ausgetragen.
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