Aus den bei der Photosynthese in den Chloroplasten neu gebildeten organischen Verbindungen (vor allem Zucker) baut die Pflanze eine große Zahl anderer organischer Stoffe auf (z.B. Proteine, Nukleinsäuren, Membranlipide). Die dazu nötige Energie gewinnt sie durch Abbau der bei der Photosynthese gebildeten organischen Stoffe, und zwar vor allem der Kohlenhydrate. Verläuft der Abbau vollständig, so ist hierzu wie bei der Atmung von Mensch und Tier Sauerstoff erforderlich, und Kohlenstoffdioxid wird abgegeben. Deshalb bezeichnet man diesen Vorgang auch bei der Pflanze als Atmung.
Die Grundvorgänge des Stoffabbaus laufen in den Zellen aller Lebewesen in auffallend gleicher Weise ab. Man kann mehrere aufeinanderfolgende Prozesse unterscheiden; allerdings treten nicht bei jedem Abbauvorgang alle anschließend geschilderten Prozesse auf.
1. Abbau makromolekularer Stoffe in ihre Grundbausteine (z.B. Stärke in Glukose,
Proteine in Aminosäuren).
2. Glykolyse, bei der in einer Kette von Reaktionen Zucker (Monosaccharide) aufge-
spalten werden und zum Schluß unter Abgabe von CO2 \"aktivierte Essigsäure\" ent-
steht. Im Verlauf dieser Reaktionen wird der Stoff NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid) zu NADH reduziert und außerdem ATP gebildet.
3. Citronensäurezyklus, in dem die \"aktivierte Essigsäure\" an eine C4-Verbindung angelagert und zu Zitronensäure umgesetzt wird. Bei den nun folgenden Abbaureaktionen entstehen wiederum CO2 und NADH neben verschiedenen Carbonsäuren. Abschließend bildet sich die C4-Verbindung zurück. An sie kann sich neue \"aktivierte Essigsäure\" anlagern und zu Citronensäure umsetzen, worauf sich die Abbaureaktion wiederholt. Weil am Ende der Reaktionskette die gleiche C4-Verbindung wieder entsteht, die am Anfang in die Reaktionskette eingetreten ist, spricht man von einem Zyklus (Citronensäurezyclus).
4. Endoxidation, bei welcher NADH durch Sauerstoff zu Wasser oxidiert wird. Mit der dabei freiwerdenden Energie wird ATP aufgebaut. Das ATP steht als Energiequelle für weitere Stoffwechselreaktionen zur Verfügung. Der Vorgang ist neben der Photosynthese die wichtigste Energiequelle der grünen Pflanzenzelle. In nicht-grünen Pflanzenzellen und in den Zellen der Tiere ist die Endoxidation sogar die hauptsächliche Energiequelle.
Glykolyse / Citratzyklus / Atmungskette
Die Glykolyse ist der anaerobe Abbau von Glukose (Zucker).
Aus den Monosacchariden entstehen zunächst Zuckerphosphate durch Bindung von Phosphat, das vom ATP geliefert wird.
Bei der Spaltung von Saccharose und von Stärke werden ebenfalls Zuckerphosphate gebildet. Die Zuckerphosphate wandeln sich dann zu Fructosephosphat um. Dieses wird in einer weiteren Reaktion zu Fructose-bisphosphat umgewandelt. und dann in zwei Triosephosphate umgewandelt (C3-Körper) gespalten. Anschließend erfolgt über mehrere Zwischenstufen unter Wasserstoffabspaltung eine Oxidation, die zur Bildung von Brenztraubensäure führt. Der Wasserstoff bindet sich an NAD+:
NAD+ + 2[H] -> NADH + H+
Bei der Oxidation wird soviel Energie frei, daß außerdem aus ADP und anorganischem Phosphat (Pi) ATP aufgebaut werden kann. Auch im NADH steckt Energie, denn dessen Wasserstoff kann in der Endoxidation zu Wasser oxidiert werden, wobei ATP entsteht. Während aber aus dem ATP die in ihm enthaltene Energie durch eine einfache Phosphatabspaltung frei wird, kann NADH (und NADPH) nur Energie liefern, wenn die Reaktion mit Sauerstoff abläuft. Die Glykolyse kann erst ablaufen, wenn NAD+ zur Aufnahme von Wasserstoff verfügbar ist. Daher muß das gebildete NADH zu NAD+ oxidiert werden. Dies geschieht durch Sauerstoff (Endoxidation) oder z. B. durch Reduktion von Brenztraubensäure zu Milchsäure (Gärung).
Oxidative Decarbolxylierung
Die Brenztraubensäure wandert in die Mitochondrien. Dort entsteht zunächst unter Abspaltung von einem Molekül CO2 ein C2-Körper, der nach Oxidation und Reaktion mit Coenzym A die energiereiche \"aktive Essigsäure\" (Acetyl-Coenzym A) bildet.
Citronensäurezyklus
Bei der nun anschließenden, ebenfalls in den Mitochondrien verlaufenden Reaktionsfolge wird der Acetylrest der aktivierten Essigsäure (C2-Verbindung) an die C4-Verbindung Oxalessigsäure gebunden unter Freisetzung von Coenzym A. Dabei entsteht die C6-Verbindung Zitronensäure mit drei Carboxylgruppen (Tricarbonsäure). Aus ihr wird über eine Reihe von Zwischenstufen unter Abspaltung von Wasserstoff und Kohlendioxid Oxalessigsäure zurückgebildet, die damit wieder zu erneuter Reaktion mit Acetyl-Coenzym A zur Verfügung steht. Dieser Teil des Stoffabbaus bildet also einen Zyklus; er heißt Citronensäurezyklus (Citratcyclus) oder Tricarbonsäurecyclus (TCC). Durch den Citronensäurezyklus wird ein vollständiger Stoffabbau erreicht, denn ebenso viele C-Atome, wie in Form von aktivierter Essigsäure in ihn eintreten, werden durch Abspaltung als Kohlenstoffdioxid freigesetzt.
Endoxidation
Der im Citronensäurezycklus und in der Glykolyse abgespaltene Wasserstoff bindet sich an das NAD+. Das gebildete NADH muß nun wieder zu NAD+ oxidiert werden, da sonst die Oxidationsvorgänge der Glycolyse und des Citronensäurecyclus zum Erliegen kämen. NADH gibt seinen Wasserstoff an Enzyme in der inneren Mitochondrienmembran ab. Sie bilden eine Kette hintereinandergeschalteter Redox-Systeme (Atmungskette) ähnlich der Elektronentransportkette bei der Photosynthese. In der Elektronentransportkette der Atmung werden die Elektronen vom NADH über mehrere Zwischenstoffe weitergegeben. Das letzte Enzymsystem überträgt Elektronen auf den von außen aufgenommenen Sauerstoff, dieser wird reduziert und reagiert mit H+-Ionen zu Wasser. Die Elektronentransportkette der Atmung im Energiegefälle setzt Energie frei für die ATP-Bildung. Durch die Hintereinanderschaltung der verschiedenen Redoxsysteme wird erreicht, daß die beträchtliche bei der Oxidation von Wasserstoff zu Wasser (Knallgasreaktion) freiwerdende Energie nur stufenweise freigesetzt wird. Die auf jeder Stufe freiwerdende Menge von Energie ist so klein, daß sie für die Zelle unschädlich ist. Mit der Energie wird ATP gebildet. Zu den an der Atmungskette beteiligten Redoxsysteme gehören die eisenhaltigen Cytochrome.
ATP ist der universelle Energieüberträger
Die bei exergonen Reaktionen anfallende Energie kann als Wärme freigesetzt werden, z.B. zur Erhaltung der Körpertemperatur. Sie kann auch in Form von chemischer Energie gespeichert werden, um endergone Reaktionen anzutreiben: Energieübertragung. Jede Zelle besitzt ein System, das energieliefernde Reaktionen mit energieverbrauchenden Prozessen koppelt.
Alle lebenden Zellen benutzen das gleiche Molekül als zentralen Energieüberträger: das Adenosintriphosphat (ATP).
Adenosinmonoposphat (AMP) ist ein Nukleotid. Es besteht aus
- der Purinbase Adenin,
- dem Zucker D-Ribose, der ß-glykosidisch über das C1-Atom mit dem N9-Atom der Base verknüpft ist
- und einer Phosporsäuregruppe (Synonym: Phosphatgruppe), die mit der C5-OH-Gruppe des Zuckers verestert ist.
AMP tritt auch als Baustein der Ribonukleinsäure (RNA) auf.
Adenosindiphosphat (ADP) besitzt eine weitere Phosphatgruppe, die mit dem Phosphorsäurerest des AMP über eine Säureanhybridbindung verbunden ist; beim ATP ist mit diesem noch ein dritter Phosphatrest verknüpft.
ATP kann mit Wasser reagieren zu ADP und Phosphorsäure:
ATP + H2O -> ADP + Pi ( i steht für anorganisch)
Bei der Reaktion von ATP und Wasser zu ADP und Pi (Hydrolyse des ATP) wird Energie frei. Das ATP/ADP-System ist für die Zelle so etwas ähnliches wie die Münzen im Zahlungs-verkehr - das \"Kleingeld der Zelle\". Wo Energie verbraucht wird, wird eine entsprechende Anzahl von ATP-Molekülen hydrolysiert. Die freigesetzte Energie kann nun für endergone Reaktionen verwendet werden.
BANK BIOLOGISCH
Bargeld ATP-Vorrat des Muskels
Bankkonto Phosphokreatinvorrat
Bargeldeinnahme Glukosezufuhr
langfristige Glykogen
Annahmen
größter Geldbedarf Sauerstoffmangel bei Arbeit
Sauerstoffschuld
reiche Verwandte Leber, Herz
Leihhaus Milchsäuregärung
Pfandscheine Milchsäure
Endergone Reaktionen können im Körper nur dann ablaufen, wenn gleichzeitig eine exergone Reaktion abläuft, die die nötige Energie liefert. Beide - exergone und endergone - Reaktion verlaufen in unmittelbarer Nachbarschaft. Dafür sorgt ein Enzym, an das alle Reaktionspartner während der Reaktion gebunden sind. Während der Reaktion entsteht ein kurzlebiges energiereiches gemeinsames Zwischenprodukt:
-Gemeinsam heißt es, weil es zur exergonen und endergonen Reaktion gehört
-Zwischenprodukt, weil es weder in der Summengleichung der einen, noch der anderen Reaktion vorkommt.
Alkoholische Gärung
Ohne Sauerstoff kann die Zelle organische Verbindungen (z.B. Zucker) nur unvollständig abbauen. Man spricht dann von Gärung, auch sie ist ein Vorgang der Dissimilation. Die bei der Gärung gebildeten Endprodukte sind noch verhältnismäßig energiereich. Der Energiegewinn durch Gärung ist deshalb viel geringer als der durch Atmung, bei der nur die energiearmen Stoffe Kohlenstoffdioxid und Wasser entstehen.
Bringt man Hefepilze in eine verdünnte Zuckerlösung und schließt diese dann von Luft-sauerstoff ab, gedeihen sie trotzdem darin, ja sie vermehren sich sogar. Der Zucker wird dabei in großem Umfang zu Ethanol und CO2 umgesetzt nach der Summengleichung:
C6H12O6 -> 2 C5H5OH + 2 CO2
Diesen Vorgang nennt man alkoholische Gärung.
Wenn jedoch die Hefepilze freien Sauerstoff zur Verfügung haben, können sie, wie die Zellen anderer Organismen, den Zucker auch vollständig oxidieren. Sie vermögen also sowohl durch Atmung wie durch Gärung Energie zu gewinnen. Auf diese Weise erschließen sich die Hefepilze eine besondere ökologische Nische, in der dauernd sauerstoffbedürftige Organismen nicht existieren können. Übersteigt das bei der Gärung entstehende Ethanol die Konzentration von 15%, gehen die Hefepilze im eigenen Ausscheidungsprodukt zugrunde.
Die zuvor genannte Summengleichung gibt nur die Ausgangs- und Endprodukte der alkoholischen Gärung an. Die dazwischen liegenden Reaktionen sind bis zur Brenztraubensäure die gleichen wie die der Glykolyse. Da kein Sauerstoff zur Verfügung steht, kann der Wasserstoff des NADH nicht wie bei der Endoxidation zu Wasser oxidiert werden. Der Wasserstoff geht auf Zwischenprodukte des Stoffabbaus über und reduziert diese. Im Fall der alkoholischen Gärung in den Hefezellen spaltet sich von der Brenztrau-bensäure zunächst CO2 ab. Das so entstandene Ethanal (Acetaldehyd) wird dann durch NADH zu Ethanol (Ethylalkohol) reduziert.
Auch viele Bakterien können Energie gewinnen, ohne daß sie dazu Sauerstoff benötigen. Sie wandeln wie die Hefen energiereiche Moleküle in energieärmere um und benützen die dadurch frei werdende Energie für ihre Lebensvorgänge.
Die Milchsäurebakterien gewinnen Energie, indem sie Zuckermoleküle zu Milchsäure abbauen:
C6H12O6 -> 2 CH3 x CHOH x COOH
Bei dieser Milchsäuregärung, die auch im arbeitenden Muskel bei ungenügender Sauerstoffversorgung abläuft, wird der im Verlauf der Glykolyse freigesetzte Wasserstoff auf die Brenztraubensäure übertragen und diese dadurch zu Milchsäure reduzieren.
|