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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Myotone dystrophie



Als Myotone Dystrophie - oder Dystrophia myotonica Curshmann-Steinert - bezeichnet man eine Erkrankung, die durch ein relativ buntes Muster an klinischen Symptomen gekennzeichnet ist. In den meisten Fällen beobachtet man eine Muskelstörung, die durch Kälte verschlimmert wird und sich vor allem im Bereich der Extremitätenmuskeln, der Kau- und der Zungenmuskulatur zeigt. Hier kommt es zu erschwerten Muskelbewegungen, die Hände oder Augen können nur schwer geöffnet werden, wenn sie zuvor fest geschlossen wurden. Im Bereich des Gesichtes beobachtet man eine Reduzierung der Mimik, es kommt zu leicht geöffnetem Mund, schlaffer perioraler Muskulatur, in manchen Fällen sind Sprechen und Kauen erschwert, die Sprache erscheint verwaschen. (Familienfotos zeigen manchmal in charakteristischer Weise Ähnlichkeiten des Gesichtsausdrucks durch die Muskelschlaffheit.) Diabetes mellitus und Katarakt sind weitere Begleitmerkmale, die gelegentlich als einziges Zeichen der Erkrankung nachweisbar werden, in anderen Fällen ist das Vollbild mit allen genannten Symptomen erfaßbar. Bei Männern gilt die Stirnglatze als charakteristisch, es kommt meist zur Abmagerung und zu Fettgewebsschwund. Wesensänderungen, gelegentlich auch Intelligenzminderung werden bei Betroffenen beobachtet.
Es handelt sich um ein autosomal dominant vererbtes Krankheitsbild, dessen unterschiedliche Expressivität die genetische Zuordnung in manchen Familien sehr erschweren kann. Eine besondere Gefahr besteht für Kinder von betroffenen Müttern, sie zeigen häufig eine schwere angeborene Erkrankungsform, die zur Ausbildung eines sog. floppy baby führt, dessen Lebenserwartung sehr gering eingeschätzt werden muß. Die Beziehung zwischen diesen beiden Befunden ist so eng, daß bei Geburt eines sehr hypotonen Neugeborenen, das auch nur wenig Kindsbewegungen während der Schwangerschaft bewirkte, bei der Mutter nach Symptomen einer myotonen Dystrophie gefahndet werden sollte. Die Wiederholungswahrscheinlichkeit für eine solche schwere Störung des Neugeborenen ist außerordentlich groß, sie findet sich aber nicht bei väterlicher Erkrankung.
Der Gendefekt wird auf dem Chromosom 19 lokalisiert, die Mutationen äußern sich - ähnlich wie bei Chorea Huntington - durch das Auftreten von CTG-Repeats unterschiedlicher Ausdehnung. 5 bis 35 Repeats werden bei Gesunden, 51 bis 200 bei Kranken beobachtet, 36 bis 50 Repeats bezeichnet man als Prämutation. Durch die Bestimmung der Repeatzahl ist auch eine vorgeburtliche Untersuchung möglich, wobei die sich evtl. ergebenden Entscheidungen bei bisher leichtem Befall in der untersuchten Familie wohl überlegt werden müssen. Es scheinen Beziehungen zwischen klinischem Schweregrad und Länge der Repeats vorzuliegen.
Auch bei dieser häufig sich erst spät manifestierenden Erkrankung besteht die Möglichkeit einer prädiktiven Diagnostik; sie hat bezüglich der Familienplanung einen bedeutsamen Stellenwert. Aber auch hier ist eine sorgfältige Abwägung vorzunehmen bezüglich der Veränderungen der Lebensplanung bei Nachweis des krankheitsauslösenden Gens bei einer noch symptomlosen Person und in Anbetracht der Tatsache, daß wesentliche Therapiemaßnahmen nicht vorhanden sind, die den Verlauf zu beeinflussen vermöchten. Psychotherapeutische Begleitung in Form einer Gesprächstherapie wird nachdrücklich empfohlen.

 
 

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