Magersucht (= Sucht, mager zu sein), Anorexia nervosa
(Anorexia[Appetitverlust, -minderung] nervosa[deutet auf psych. Ursachen hin])
= nervöser Appetitmangel
® Appetitverlust eigentlich falsche Bezeichnung, denn der Grund liegt nicht im mangelndem Appetit/ fehlendem Interesse an Nahrung, im Gegenteil, sie beschäftigen sich ungemein damit
Erläuterung:
Magersucht seit 1847 bekannt
0,7- 1% aller Frauen betroffen( etw. 80 000 in Deutschland),nur 6%davon Männer (etw. 4800) jedoch hohe Dunkelziffer [ Männer erkranken seltener weil sie seltener Diäten machen ]
jede/r 7. Jugendliche Magersuchtsrisikofall
Magersucht, Essstörung, zerstörerischste unter den Esssüchten
Seelische Krankheit, nutzt Körper als Ausdrucksmittel mit organischen Folgen und Körperveränderungen
keinen konkreten Zeitpunkt, wo Krankheit ausbricht, keinen, wo sie geheilt ist; alles in langwierigen Prozessen
Betroffene: halten strenge Diät/ verweigern Nahrungsaufnahme, können gut verstecken, Frauen und Männer jedes Alters jedoch überwiegend junge Frauen , sehen Körper als ihren Feind an(der gierig, bedürftig ist und bekämpft werden muss), kapseln sich stark ab, Leistungsorientiert, schnell krank, ständig übertriebenes gedankliches Kreisen um Nahrung& Figur® Besessenheit
verleugnen Hunger und versuchen diesen oft durch Kaugummi kauen/ Zufuhr von kalorienloser Flüssigkeiten zu überspielen
Missbrauch von Medikamenten, wie Appetitzügler, Harntreibende Mittel
Auslöser oft Diät, Stress oder Krankheit (positive Anerkennung durch abnehmen® sie fühlen sich gut)
Nur einzelne Körperteile im Blickfeld, wie vermeintlichen Problemzonen wie Oberschenkel, Bauch, Hüften, Po® Stolz auf hervorstehende Knochen
Kalorienzählen
Motto: "immer weiter, wenn ich es bis hierhin geschafft habe, schaffe ich auch noch mehr"
Kein Platz mehr für Hobbys, da Essen im Mittelpunkt steht
(mögliche) Ursachen:
® Verschiedene Gründe die hierzu führen können
· Minderwertigkeitskomplexe (zu dick fühlen bzw. nicht hübsch genug ® Unzufriedenheit mit sich& ihrem Körper- sehen sich als Versager: das einzige was sie besser können als andere: hungern (Leistungsbeweis), den Körper kontrollieren; oft eine Art Hilferuf nach mehr Anerkennung, Zuwendung, Geborgenheit& Liebe; Angst der Gesellschaft (Cliquen) nicht zu gefallen; Hänseleien wegen des Körperbaues
· Schönheitsideale (in den Medien® Models, Schauspieler meist hübsch& schlank- starkes richten nach Vorbildern )
· Angst vor dem Erwachsenwerden[Entwicklung oft in der Pubertät] (Zeit der gr. Veränderung: körperlich, emotional& sexuell, Überzeugung direkt mit dem Erwachsenwerden sofort perfekt funktionierende Menschen sein müssen, durch hungern wollen sie in unbewusst ihre Entwicklung anhalten, fühlen sich hilflos gegenüber Lebensproblemen)
· Kindheits- und Familienkonflikte (sexueller Missbrauch in der Kindheit; Verlusterlebnisse; Ersatz für Freunde; Angst Eltern zu enttäuschen® nicht mehr geliebt zu werden; Überbehütung des Kindes) Die meisten Essgestörten stammen aus äußerlich intakten Familien. Ihr Lebensstil ist geprägt von Konventionen(traditionsgerecht), Pflichtbewusstsein, Leistung und Ordnung. Vernunft wird hoch bewertet, Emotionalität dagegen eher abgewertet.
· Machtspiele (Streben nach Selbstständigkeit, Abgrenzung® Ausdruck von Macht& Stärke; Unabhängigkeitsbeweis)
· Gruppeninterne Anforderungen (Gewisse Sportarten, in welchen ein niedriges Höchstgewicht gefordert wird, bergen eine erhöhte Gefahr zur Erkrankung an einer Essstörung. Typische weibliche Risikogruppen: Balletttänzerinnen, Models. Bei den Männern ist dies beispielsweise bei Jockeys, Skispringern)
Merkmale:
Gewichtsverlust von 20% (insgesamt bis zu 45%)vom Ausgangsgewicht innerhalb kurzer Zeit (ca. 3-4 Monate), der selbstherbeigeführt ist durch:
® Streng kontrollierte bzw. eingeschränkte Nahrungsaufnahme
® Übertriebene körperliche Aktivität
· Diäten ohne übergewichtig zu sein
· Verstecken des Körper, einige sind aber auch stolz auf hervorstehende Knochen etc.
· Ständig krankhaft besessene Gedanken um den Körper& Essensaufnahme
· wenig oder keine Nahrungsaufnahme- wenn nur kalorienarme Nahrung
· ungewöhnliche Essgewohnheiten: Essen in Farben, Zahlen einteilen; Essen sich schön auf dem Teller zurecht legen, in winzige Stücke schneiden® Dauer einer Mahlzeit sehr lang
· Ab und zu zu beobachten: gelegentliche Essanfälle, Erbrechen
· Häufiges kochen für andere, jedoch ohne selbst zu essen
· Probleme vor anderen zu essen
· verspätete Geschlechtsreife, "Körperschemastörung" ® Körperwahrnehmung hinsichtlich des Gewichts, der Größe und der Form gestört
· Betroffene innerlich unsicher, nach außen jedoch zeigen sie sich meist stark
· extreme Angst vor Gewichtszunahme
· Gewicht hat enormen Einfluss auf Selbstwertgefühl
· Fehlende Krankheitseinsicht® Mahnungen des Umfeldes spornen noch mehr an weiter zu hungern
· Perfektionismus
· Gewisse Hyperaktivität
· Manche Magersüchtige pendeln zwischen den verschiedenen Essstörungen hin und her, so dass es zu einem Symptomwechsel kommt
Folgeschäden:
® Körperliche Folgeschäden (in vielen Fällen lebensbedrohlich):
· Erhebliches Untergewicht, Muskelschwäche
· Absinken des Stoffwechsels, Pulses, Blutdrucks und der Körpertemperatur
· Herabsetzung des Energieverbrauchs
· Schäden an Herz(verlangsamter Herzschlag), Leber, Niere (In Verbindung mit einer zu geringen Flüssigkeitsaufnahme kann bei starkem Fasten der Harnsäurespiegel ansteigen) und Gehirn
· Muskelmasse am Herz nimmt ab (bei gr. Gewichtsabnahme)
· Schwächegefühl in den Beinen, Wassereinlagerung im Gewebe® täuscht höheres Gewicht vor (Betroffene hungern noch weiter)
· Frieren, Schwindel, Kreislaufstörungen, Durchblutungsstörungen
· Verstopfung, Gesamtreduktion der Verbrennung von Nahrung
· Schlafstörungen, Müdigkeit
· Trockene/ schuppige Haut, brüchige Haare/ Nägel, Haarausfall, Flaumartige Behaarung
· Bei Frauen: ausbleiben der Menstruation bzw. Zyklusunregelmäßigkeiten (außer bei Einnahme der Pille), Einschränkung der Fruchtbarkeit; bei Männern: Impotenz
· Wachstumshemmung bei Jugendlichen
· Mangelerscheinungen an Mineralstoffen, Vitaminen
· Geschwächtes Immunsystem
· bei längeren Erkrankungsdauer: Osteoporose
· Körperschemastörung
® Seelische Folgeschäden:
· Angst vor jeglichem Scheitern, schwere Zweifel
· Reizbar, aggressiv, labil
· Isolierung von Mitmenschen
· Depressive Verstimmung (tritt häufig auf- Behandlung durch Antidepressiva)® mögliche Selbstmordgedanken (Universität Ulm berichtet: Anorexie mehr Opfer als jede andere psychiatrische oder psychosomatische Störung fordert)
· Zwangsdenken
· Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist die Magersucht fest in die Persönlichkeit integriert
· Panische Angst vor Gewichtszunahme
· Labilität
· Abnehmen der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit
· Abnehmendes Interesse an der Sexualität
Behandlung:
Mögliche Behandlungsformen:
Wenn Person einmal damit beginnt, durch hungern und/oder erbrechen auf Konflikte zu reagieren, kann daraus ein Kreislauf entstehen® aus psychologischen Gründen schwer zu durchbrechen.
Wie alle Süchtigen müssen Magersüchtige erst mal ihre Krankheit begreifen, noch schwieriger ist es darüber zu reden. Jene die so gut wie gar keine Nahrung aufnehmen, können auch nur schwer Hilfe annehmen. Kapitulation vor der Übermacht der Essstörung der erste Schritt zur Genesung. Die Kranken können sich eigentlich nur selbst helfen. Aber sie brauchen viel Unterstützung, sie brauchen echte Freunde, Verständnis und vor allem Geduld. Extremes Untergewicht sollte in Klinik behandelt werden
· Psychoanalyse (Magersucht zählt auch zu Neurosen (Nervenkrankheit)- als solche behandelt werden: ungelöste Konflikte aus Vergangenheit®aufarbeiten, im klassischen Verfahren Patient auf Couch® freie Gefühls- und Gedankenäußerung
· Gesprächstherapie (2 Richtungen: 1. Therapeuten gegenüber Patienten® wertschätzend, verstehend, akzeptierend; 2. Therapeuten verhalten sich konkret, konfrontativ
· Verhaltenstherapie (besteht aus Vielzahl therapeutischer Methode: Rollenspiele, Verhaltensübungen, Angstbewältigung; dabei steht nicht Vergangenheit sondern aktuelle Probleme bzw. Lebenssituation im Vordergrund)
· Einzel- oder Gruppentherapie (Selbstentscheidung, welche Variante ansprechender)
· Einbeziehen von Familienmitgliedern (da auch Familienproblem® Einbeziehung dieser wichtig; verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Familie: Gespräche mit einzelnen Familienangehörige, Systematische Therapie mit der Einzelfamilie, Familiengruppentherapie, Selbsthilfegruppen)
Ambulante, Teilstationäre oder Stationäre Therapie:
® Entscheidung sollte von der Psyche und dem Verhalten des Patienten und von medizinischen Faktoren abhängig gemacht werden
Dauer der Behandlung:
· kann man nicht verallgemeinern® jeder unterschiedlich
· durchschnittliche Behandlung liegt zwischen ein und drei Jahren, je nach Grad und Dauer der Erkrankung (bei stationärer Behandlung: ca. mehrere Monate, bis zu 1 Jahr)
Therapieziele:
· Förderung der Krankheitseinsicht und der Selbstständigkeit
· Erreichen und späteres Erhalten eines angemessenen Körpergewichts
· Wiederherstellung eines normalen Hormonspiegels, bei Frauen: Regulierung des Eissprunges und somit auch der Menstruation, bei Kindern und Jugendlichen: normale körperliche Entwicklung
· Behandlung körperlicher Komplikationen (z.B. Organschäden)
· Motivierung des Patienten sein Essverhalten zu normalisieren und in der Therapie mitzuarbeiten
· Korrektur von Gedanken, Verhaltensweisen und Gefühlen, die zur Essstörung führten
· Behandlung zusätzlicher psychischer Probleme (beispielsweise Stimmungsschwankungen, gestörtes Selbstwertgefühl)
· Miteinbeziehung der Familie in die Therapie
· Vorbeugung vor einem Rückfall
· Entwicklung normaler Essgewohnheiten- Aufstellen eines Ernährungs-Rehabilitationsprogramms (anfangs nur leicht verdauliche Kost, wenig Fett) ist bei stark untergewichtigen Patienten notwendig.
· Verbesserung der Kontakte
· Erarbeiten von Bewältigungsmöglichkeiten für Krisensituationen
· Aufgabe von schädigenden Gewichtskontrollmethoden wie Erbrechen, Missbrauch von Medikamenten
· Abbau von bestimmten Ritualen im Umgang mit Nahrungsmitteln
· Wieder erlernen den Hunger zu verspüren
Vorbeugende Maßnahmen:
· Jugendliche schon in ihrer Kindheit in ihrem Selbstwertgefühl stärken
· Angemessene Problembewältigung erlernen
· Selbstständigkeit beibringen (eigene Identität entfalten)
· Gutes Vorbild als Eltern sein
· Offen mit Kindern reden
· Drastische Diäten vermeiden
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