Kennzeichen der LSD-Intoxikation
Vorbedingung für eine LSD-Intoxikation ist logischerweise die Einnahme der Droge. Um mit den außerordentlich kleinen Dosierungen, die im Mikrogrammbereich liegen, besser um¬gehen zu können, bedient man sich der Einnahme per os, meist in Form einer wäßrigen Lösung. Die Reaktionen können von Individuum zu Individuum stark schwanken. So können bei einer Person schon geringe Mengen dramatische Wirkungen zur Folge haben, während bei einer anderen selbst eine massive Überdosierung nahezu wirkungslos ist. Außerdem spielen zahl¬reiche außerpharmakolgische Faktoren, wie etwa die Einstellung zur Droge, die Er¬wartungen und die Umgebung eine entscheidende Rolle. Sie werden an anderer Stelle noch genauer be¬handelt. Der Begriff Kennzeichen in der Überschrift soll zum Ausdruck bringen, daß der Ver¬lauf einer LSD-Intoxikation nicht als konstanter Ablauf drogenspezifischer Wir¬kungen (wie z.B. die Analgesie bei Morphinen) verstanden werden darf. Es gibt jedoch eine Zahl verschiedener Symptome, die von LSD besonders massiv hervorgerufen zu werden scheinen und hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, besprochen werden.
Physische Aspekte
Der LSD-Rausch ist zwar in erster Linie von psychischen Veränderungen bestimmt, dennoch treten meist auch bestimmte körperliche Symptome auf. Sie sind zwar mit einer gewissen Häufigkeit, jedoch nicht zwangsläufig vorhanden. Man kann also von keinen konstanten Symptomen sprechen, die unabhängig von anderen Einflüssen nur durch pharmakologische Werte beeinflußt werden. Der Psychiater S. Grof kommt dabei gar zu folgender Erkenntnis:
Bei der Auswertung von fast fünftausend Protokollen von LSD-Sitzungen fand ich nicht ein einziges Symptom, das in allen Fällen absolut konstant aufgetreten wäre und damit als tatsächlich invariant hätte betrachtet werden können
Außerdem ist festzuhalten, daß zwischen verabreichter Dosis, sofern sie im üblichen Bereich liegt , und Häufigkeit bzw. Stärke der Symptome kein nachweisbarer Zusammenhang be¬steht. Es muß daher auch in Betracht gezogen werden, daß einige körperliche Symptome vielleicht nur Reaktionen auf psychische Veränderungen darstellen. Nichts desto trotz gilt beispielsweise die Veränderung der Pupillen als zuverlässiges Anzeichen für noch bestehen¬den Drogenein¬fluß. Auch darf die Ähnlichkeit von LSD zu Serotonin, das ja muskel¬kontrahierend wirkt, bei Veränderungen besonders im vegetativen Bereich nicht außer Acht gelassen werden.
Motorische Störungen
Veränderungen der Muskel von völliger Lockerung und Entspannung bis hin zu starken Krämpfen und Verspannungen wurden beobachtet. Komplizierte Verrenkungen sind möglich, aber selten. Meist sind die Symptome auf leichtes Zittern und Beeinträchtigungen verschiedener Be¬wegungen beschränkt. Der Gang wird breit und ausgreifend. Zeige- und Greifversuche mi߬lingen, wie überhaupt die Koordinationsfähigkeit und Feinmotorik herabgesetzt scheinen. Die Sprache wird undeutlich, auch das Schriftbild verändert sich und wird fahrig. ,
Abbildung 2: Veränderung der Handschrift unter LSD-Einfluß
Vegetative Symptome
Vegetative Beschwerden treten vornehmlich kurz nach Einnahme des LSD auf und äußern sich zumeist in Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein. Diese Anzeichen können entweder dem sympathetischen oder parasympathetischen System zugeordnet werden.
Sympathetische Symptome: beschleunigter Puls, erhöhter Blutdruck, starkes Schwitzen, Kälte¬gefühl, Sträuben der Körperhaare, Speichelabsonderung, Verschwimmen der Seheindrücke.
Parasympathetische Symptome: verlangsamter Puls, abgesenkter Blutdruck, Tränenfluß, teils heftiges Erbrechen, abwechselndes Frieren und Hitzegefühl, Erschöpfung.
Veränderungen der Wahrnehmung
Änderungen die sinnliche Wahrnehmung betreffend gehören zu den häufigsten Symptomen während einer LSD-Intoxikation. Am stärksten sind dabei visuelle Erscheinungen, wobei man zwischen dem Zustand, in dem die Versuchspersonen die Augen geschlossen halten oder sich in dunklen Räumen aufhalten, und dem in welchem sie die Augen geöffnet haben und Gegen¬stände fixieren. Bei Dunkelversuchen treten vor allem Elemantarhalluzinationen auf. Charak¬teristisch ist eine Vielzahl bunter, sich ständig wiederholender und in Bewegung befind¬licher Objekte, die oft geometrisch gegliedert sind. Folgende Bilder nennt W. Stoll:
Flackern, Flirren, Glitzern, Sprühen, Regnen, schnelles und langsames Fließen, wandernde Punkte; Grüne und rote Nebel, gelbe Streifen, Strahlen, Schlieren, Schleier, Bögen, Ringe, bunte Kreise, Ellipsen, rasende Strudel, Spiralen, Gitter, Netze, glänzende Vakuolen , Ornamente; Buchstaben, Spinnetze, Schneeflocken, Muscheln, Uhrfedern, sich teilende Chromosomen; Benzolringe, Schmetterlinge, Pfauengefieder, Fensterreihen, Dünenlandschaften, Dächermeere, Fratzen, Buddhas, Blütenkelche.
Kennzeichnend sind Bewegung, Farbe und Mehrzahl der Gebilde, so daß häufig der Vergleich mit einem Kaleidoskop gezogen wird. Eine Änderung des intraokulären Drucks vermag Form und Farbe der Halluzinationen zu verändern, etwa durch Druck auf die Augäpfel oder längeres Anhalten des Atems. Beim Wechsel von offenen zu geschlossenen Augen können Nachbilder auftreten, die mehrere Minuten lang anhalten können und dann verwischen.
Auch bei Erscheinungen im Hellen treten Elementarhalluzinationen auf, allerdings nur beim Be¬trachten gleichmäßiger bzw. diffuser Flächen und Gegenstände und ungleich schwächer als im Dunkeln. Ansonsten erfolgt auch hier eine starke Geometrisierung und Ornamentali¬sierung des Gesichtsfeldes. Menschen und Dinge erscheinen wie kubistische oder impressio¬nistische Ge¬mälde, auch erscheinen Farben und Kontraste ungleich stärker. Die Wahr¬nehmung ist infolge der ständig auftretenden Nach¬bilder ver¬schwommen, so daß ver¬schiedene Stadien ein und der¬selben Bewegung gleichzeitig gesehen werden können. Wird der Blick auf unbelebte oder weiter entfernte Gegenstände gelenkt, werden diese illusorisch verkannt. So können Flecken am Boden als Tiere oder Gesichter gesehen werden, Gruben zu Bergen. Durch perspektivische Fehlleistungen erscheinen Raum und eigener Körper bizarr verzerrt und unproportioniert. Am häufigsten sind Mikropsie bzw. Makropsie, bei denen die Umwelt als riesen- oder zwergenhaft wahrgenommen wird. ,
Viel weniger spezifisch sind die Veränderungen bei anderen sensorischen Reizen. Geräusche werden mitunter mißgedeutet und als subjektiv lauter empfunden. Monotones Rauschen kann als Musik wahrgenommen werden. Viel stärker als die perzeptuelle Veränderung von Tönen ist aber die emotionelle, so daß manche Versuchspersonen von einem tieferen Verständnis für Musik im Zustand der LSD-Wirkung sprechen. Dieses Phänomen ist aber eindeutig nicht physischen Aspekten zuzuordnen. Gelegentlich treten auch Störungen im Bereich des Ge¬schmacks- oder Geruchssinnes auf, wobei meist eine herabgesetzte Unterscheidungs¬fähigkeit oder das Vorherrschen eines bestimmten Geruches auftritt. Im Bereich des Tastsinns kann mit¬unter eine teilweise Gefühllosigkeit vorhanden sein.
Viel häufiger werden sogenannte Synästhesien beobachtet, d.h. ein eingehender sensorischer Reiz wird mit der Reaktion eines anderen Sinnesorgans beantwortet. Schon Albert Hofmann fiel auf, daß akustische Reize in optische Empfindungen umgewandelt werden konnten (siehe Seite 8). Die Art der Synästhesien kann verschiedene Formen annehmen und ist nicht fest¬ge¬legt, so daß es nicht nur möglich ist Töne zu sehen, sondern auch Farben zu schmecken oder Schmerzen zu hören. Auf welche Weise LSD und andere Psychedelika wie Mescalin diese Phänomene genau erzeugen, kann jedoch noch nicht schlüssig gezeigt werden.
Die Zuordnung von Wahrnehmungsveränderungen zu den physischen Aspekten ist zwar grund¬sätzlich problematisch, da man zurecht einwenden kann, daß insbesondere bei der Wahr¬nehmung psychische Faktoren eine gewichtige Rolle spielen., Ich habe mich dennoch dazu entschlossen, da elementare Trugbilder auch durch mechanischen Druck auf die Bulbi, durch Einatmen eines Gemischs aus Sauerstoff und Kohlensäure oder durch stroboskopisches Licht hervorgerufen werden können. Des weiteren kann nicht von eigentlichen Visionen oder Halluzinationen gesprochen werden, da die Versuchspersonen in dieser Phase fast immer um die Unwirklichkeit der Erscheinungen wissen.
Aus den bunten, zufälligen Tischflecken wurden springende, flüchtende Salamander auf dunklem Grund und prachtvoll schillernde Schmetterlinge. Ich fand es nicht einmal grotesk, obwohl ich wußte, daß es nur eine armselige Tischplatte mit Flecken war.
Solche Pseudohalluzinationen lassen sich zumeist durch chemische Reizung der jeweiligen Sinnesorgane erklären und beruhen auf deren besonderen physiologischen Eigenschaften. Für gewöhnlich sind unter ihnen optische Erscheinungen vorherrschend.
Physiologische Abweichungen
Manchmal wird die Vermutung geäußert, LSD könne zu Änderungen im Chromosomen¬be¬stand, insbesondere zum Chromosomenbruch und zu Mutationen führen, wenn es über einen längeren Zeitraum eingenommen werde. LSD würde die Phosphationen neutralisieren und so die DNA-Helix zerstören. Tatsächlich ergaben Experimente, daß für das Binden von LSD an DNA bzw. RNA eine Temperatur von mindestens 100° F oder 38° C notwendig ist. Mutationen wurden erst bei einer Konzentration von 2-10 mg LSD pro ml Blut beobachtet. Das entspricht einer Gesamt¬dosis von 12-60 g pro Person, was etwa der 1.000fachen töd¬lichen Dosis gleich¬kommt. Wenn dennoch Chromosomenanomalien beobachtet werden können, liegt das ver¬mutlich an der Zu¬sammensetzung des verwendeten LSD, welches am il¬legalen Markt oft stark, mit zum Teil hochgiftigen Substanzen wie Strychnin, verunreinigt ist, so daß L.L. Judd et.al. zu folgendem Schluß kommen:
They could not find significant differences in chromosome breakage rates among heavy users of LSD who discontinued the drug, heavy users of LSD who have continued to use it, and drugfree control subjects.
Einen gewissen Einfluß übt LSD auch auf die Schlafphasen aus. So wird zwar das Einsetzten von Träumen verzögert, die Gesamtdauer der REM-Phasen aber über einen Zeitraum von einigen Tagen nach Einnahme des LSD verlängert. Auch kann in nicht paradoxen Schlaf¬phasen kurzzeitig REM-Aktivität auftreten. Veränderungen im Schlafmuster sind jedoch in¬dividuell zu unterschiedlich, um sie als einheitliches Symptom auffassen zu können.
Psychische Aspekte
Eine Beschreibung der psychischen Faktoren muß zwangsläufig Einschränkungen vor¬nehmen, da jeder unter LSD-Einfluß erlebte Zustand, stärker noch als die körperlichen Wir¬kungen, individuell variiert. Grundsätzlich treten diese Phänomene bei höherer Dosierung vermehrt auf. Geht man davon aus, daß Wahrnehmungsveränderungen nur die oberste Schicht des unter LSD-Einwirkung Erlebten ausmachen, sind Veränderungen die Zeit bzw. die Per¬sön¬lichkeit be¬treffend die nächsten Stufen. Ein geeignetes System zur Klassifizierung und Er¬klärung der auf¬tretenden Erscheinungen kann aber nur die Theorie der LSD-Psychotherapie, wie sie etwa von S. Grof vertreten wird, bringen.
Veränderung des Zeiterlebens
Eine der tiefgreifendsten Erfahrungen, die während einer LSD-Intoxikation auftreten können ist ein verändertes Erleben der Zeit, das bis hin zu deren Verschwinden gehen kann. Meist er¬folgt eine Dehnung der Zeit, so daß Sekunden subjektiv als Minuten oder Stunden erlebt werden können. Eine mögliche Erklärung ist, daß durch die Überfülle der eingehenden Reize das psychische Moment verringert wird, um alle Empfindungen noch verarbeiten zu können. Damit geht eine subjektive Verlängerung der Zeitspanne einher. Psychologische Testver¬fahren ergaben aber, daß solcherart eine maximale Veränderung nur etwa um den Faktor 4 möglich ist. Andererseits finden sich in Versuchsprotokollen Situationen beschrieben, in denen die Zeit voll¬kommen aufgehört hat zu existieren.
Es wird so still! - aber anders als sonst - so unheimlich still. Die Zeit steht still . die Zeit ist weg. Es gibt keine Bewegung. Die Ewigkeit - nein - das ist etwas Grauenhaftes! Man muß ein Ende sehen.
Da diese extremen Phänomene auch auftreten, wenn etwa durch Augenschirme und Ohren¬schützer äußere Reize vermieden werden, kann eine Veränderung des psychischen Moments hier nicht mehr ausschließlich als Erklärung herangezogen werden. Solche Erlebnisse ent¬ziehen sich weitgehend einer zufriedenstellenden psychologischen Ableitung. Sie werden meist mit Stillstand und Apathie in Zusammenhang gebracht, in welchen eine Überschreitung der Zeit¬lichkeit möglich ist.
Ich habe gar nicht das Gefühl, es komme ein nächster Moment . wie wenn alles zu gleicher Zeit in einem Punkt wäre. So anspruchslos . es dünkt mich, der letzte Moment sei anderswo. Nein, Angst habe ich nicht. Angst hat man vor etwas das kommt . aber es ist kein Moment hinter dem andern.
Dennoch treten auch Veränderungen in die entgegengesetzte Richtung auf, wenn also eine Zeit¬spanne kürzer als objektiv gemessen erlebt wird. Im Vergleich zur Zeitdilatation tritt die Zeitkontraktion aber seltener auf. Auch fallen diese Abweichungen nicht so stark aus und be¬wegen sich in einem mit oben angeführter Theorie vereinbaren Rahmen.
Veränderung des Ichbewußtseins
Eine Veränderung der Persönlichkeit wird meist als äußerst unangenehm erlebt. Versuchs¬personen berichten von einem Verlust sowohl der Körperlichkeit als auch der Seele. Oft ist dieser Zustand auch verbunden mit Störungen des Körperschemas. Begriffe wie Leblosigkeit, Entfremdung oder Leere werden assoziiert, die Umwelt und Mitmenschen als automatenhaft und wie von selbst ablaufend angesehen.
Ich kann mich wie in einem Spiegel ständig kontrollieren, sehe meine Fehler und die Störungen ein, habe aber nicht die Möglichkeit zu korrigieren. Grenzenlose Gleichgültigkeit und Leere . Gefühl als ob ich nicht selber redete, sondern eine andere Person. Ich bin zwei und schaue mir selbst zu - ich höre eine Stimme, aber sie ist fremd.
Gleichzeitig wird von einem Schwinden des Kontaktes zur Außenwelt und einer emotionalen Entleerung, die bis zum völlig Verlust der Persönlichkeit geht, berichtet. Oft geäußerte Bilder sind leblose Körper, Hampelmänner, Marionetten und Pappfiguren, welche an die Stelle von Menschen getreten sind. Der Zustand des Vegetieren und Siechens scheint unabänderlich, wie auch ein Weiterleben als sinnlos erachtet wird. In dieser Situation können Selbstmord¬ge¬danken entstehen, die insbesondere dann gefährlich werden, wenn der Proband nicht mehr ge¬wahr ist, daß er noch unter LSD-Einfluß steht.
Ich habe nicht mehr das Gefühl, unter Lysergwirkung zu stehen . das ist nicht das LSD, das bleibt so, das ändert sich nicht.
Der Suicid eines Schizophrenen in der Depersonalisation ist ohne weiteres einfühlbar, insbesondere, wenn der Zustand Vergleiche mit der früheren Persönlichkeit erlaubt.
Auffallend während einer LSD-Intoxikation sind auch die dabei auftretenden teilweise be¬trächt¬lichen Stimmungsschwankungen. So können klar depressive Phasen plötzlich in von Hoch¬gefühlen geprägte Stimmungen umschlagen, wenngleich Wechsel von einem Extrem ins andere eher selten sind. Euphorie im Zusammenhang mit Persönlichkeitswandel und Deper¬sonalisation tritt dann in mystischen Dimensionen auf, etwa als Manifestation der Vereini¬gung von Individuum und dem Weltganzen oder als Wiedergeburtserlebnis. Solche Erlebnisse werden aufgrund ihrer therapeutischen Wirksamkeit zum Teil in der LSD-Psychotherapie an¬gestrebt. Wie bereits erwähnt, ist es aber wahrscheinlich nur mit Hilfe psychotherapeuti¬scher bzw. psychoanalytischer Methoden möglich, solche Phänomene zu erklären.
Flashbacks
In einigen Fällen können Wochen oder Monate, mitunter sogar noch Jahre nach der eigent¬lichen Intoxikation sogenannte Rückblenden auftreten, in denen das Erlebte meist in negati¬ver Form wiedererlebt wird. Erklärbar ist dieses Phänomen nur mittels psychischer Abwehr¬mechanismen, die zwar oberflächlich stark genug sind um ein Erlebnis im Unbewußten zu halten, bei einer Schwächung aber die Episode wieder ins Bewußtsein dringen läßt.
Das Erleben setzt sich nun fort, nicht aufgrund einer anhaltenden pharmakologischen Wirkung des LSD, sondern wegen der emotionalen Besetztheit des freigewordenen unbewußten Materials.
Faktoren, die Flashbacks provozieren sind neben der Einnahme anderer psychoaktiver Stoffe wie Alkohol, Marihuana oder Antidepressiva Zustände körperlicher Schwächung wie z.B. an¬haltender Schlaf- oder Nahrungsentzug. Stadien physischer Ermüdung, besonders die Peri¬oden zwischen Wachen und Schlafen begünstigen weniger dramatische Flashbacks. Be¬sonders aber Alltagssitua¬tio¬nen, in denen ähnliche Elemente vorkommen, wie sie während des LSD-Erlebens aufge¬taucht sind (z.B. das Betreten dunkler Räume) können Rückblenden hervorrufen.
Variablen und Verlauf
Art und Verlauf einer LSD-Intoxikation hängen neben der Dosierung noch von anderen Fak¬toren ab, die im wesentlichen in der Persönlichkeit des Probanden begründet liegen. Den¬noch kann man die LSD-Intoxikation in gewisse Phasen einteilen.
Set und Setting
Bestimmende außerpharmakologische Faktoren sind die Persönlichkeitsstruktur und geistige Gesundheit. So ist das LSD-Erleben von Psychiatriepatienten deutlich von deren unter¬be¬wußten Konflikten geprägt. Während bei Menschen mit hysterischer Persönlichkeit sehr schnell Halluzinationen auftreten, erweisen sich etwa Neurotiker als extrem resistent. Weiters sind die Einstellung zu LSD und die daran geknüpften Erwartungen entscheidend. Ebenso spielen Ziel¬setzung (etwa im Rahmen einer Therapie oder eines nichtmedizinischen Selbstversuches) und Kenntnis um die Situation und nicht zuletzt Fachwissen eine Rolle. All diese Aspekte faßt man unter dem Begriff Erwartungsrahmen oder set zusammen.
Als Einnahmesituation oder setting versteht man die unmittelbare Umgebung und die kon¬kreten Umstände, wie sie zur Zeit der Verabreichung vorherrschen. Dazu gehören vor allem äußere Umweltreize akustischer und visueller Natur, da sie zum Ausgangsmaterial der Il¬lusionen und Halluzinationen werden.
Einteilung in Phasen
Unter Wahrung individueller Unterschiede erscheint folgendes Schema den zeitlichen Verlauf einer LSD-Intoxikation zu beschreiben am zweckmäßigsten:
1. Somatische Phase: Sie beginnt mit der Verabreichung des LSD. Sie ist gekennzeichnet von vegetativen Symptome und dauert bis zum Einsetzen der vollen Wirkung an.
2. Perzeptuelle Phase: Pseudohalluzinationen und Wahrnehmungsveränderungen treten auf.
3. Psychische Phase: Sie umfaßt den Höhepunkt der Wirkung und dauert zusammen mit der perzeptuellen Phase bis zu acht Stunden. Sie schließt Stimmungsschwankungen von De¬pression zu Euphorie, echte Halluzinationen und Auflösung von Zeit und Persönlichkeit ein.
4. Rekurrente Phase: Das normale Erleben dringt wieder ins Bewußtsein vor. ,
Zusammenfassung
Der Einfluß von LSD äußert sich in massiven Veränderungen von Psyche, aber auch Physis. Zu eindeutig körperlichen Symptomen gehören neben motorischen Fehlleistungen vor allem vegetative Störungen. Wahrnehmungsveränderungen oder Pseudohalluzinationen, die insbe¬sondere im visuellen Bereich auftreten, nehmen eine Mittelstellung ein, da sie zwar physio¬logisch bedingt, aber von psychischen Faktoren abhängig sind. Psychische Aspekte des LSD-Erlebens differieren bei jedem Individuum. Kennzeichnend sind allerdings dramatische Ver¬änderung im Bereich der Zeit und Persönlichkeit, die bis hin zu deren Verschwinden gehen können. Negative Nachwirkungen eines bad trip können Rückblenden darstellen, in welchen mitunter Monate später, das ursprünglich Erlebte wieder unvermittelt ins Bewußtsein rückt. Schließlich können noch außerpharmakologische Variablen den Charakter der LSD-Wirkung vor allem über den Erwartungsrahmen und die Einnahme¬situation entscheiden beeinflussen.
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