Biomechanische Prinzipien sind Kriterien, die zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Bewegung dienen.
1. das biomechanische Prinzip der maximalen Anfangskraft
Beim Kugelstoßen ist es wichtig viel Kraft auf das Gesamtsystem Körper/Kugel zu übertragen, damit die Kugel eine größtmögliche Endgeschwindigkeit erfährt. Da die Bewegung durch anatomische Gegebenheiten (Länge des Wurfarms, etc.) sowie von physikalischen und zum anderen auf Grund von Regelbestimmungen begrenzt ist, muß sich der Kugelstoßer Möglichkeiten bedienen, um den Einschränkungen herr zu werden.
Die Vordehnung der Muskeln wirkt beeinflussend, da dadurch die optimale Zugspannung der Muskeln erreicht wird. Eine optimale Muskelvordehnung durch eine effektive Ausgangsstellung bei der Startposition wirkt deshalb hilfreich für die Kraftübertragung. Durch die Verwringung der Rotationsbewegung beim Kugelstoßen wird die Abstoßphase ebenfalls effektiviert, da das Prinzip der maximalen Anfangskraft besser ausgeschöpft wird.
Da der Beschleunigungsweg begrenzt ist, bedient sich der Kugelstoßer einer Ausholbewegung, um den Beschleunigungsweg zu verlängern und um die Anfangskraft zu vergrößern. Durch Ausholbewegungen von Extremitäten, wie dem Schwungbeineinsatz, erreicht der Athlet eine möglichst große Kraft.
Die Vergrößerung der maximalen Anfangskraft durch eine Ausholbewegung ist dadurch zu erklären, dass dem negativen Kraftstoß ein Bremskraftstoß folgt. Da die Bewegung nach dem positiven Kraftstoß nicht abgebrochen wird, sondern in ein Beschleunigungskraftstoß übergeht, erfolgt ein Kraftstoßzugewinn. Der Kugelstoßer erreicht den Kraftstoßzugewinn, indem er einen flüssigen Übergang von der Angleitphase zur Übergangsphase tätigt. Die Startphase mit der anschließenden Angleitphase kann natürlich auch schon als Ausholbewegung angesehen werden, da sie den Beschleunigungsweg bestärkt. Die eigentliche Bewegung erfolgt erst in der Übergangsphase, da hier die Hauptkörperverwringung entsteht und eine allmählich aktive Körperaufrichtung erfolgt. Als Beispiele für Ausholbewegungen dienen beim Kugelstoßen der Einsatz des linken Armes und Beines.
Die einwirkende Kraft auf die Kugel spielt beim Stoß also eine wesentliche Rolle. Das hohe Fremdgewicht der Kugel erfordert nämlich eine stark ausgeprägte maximale Anfangskraft, da sie beim Stoß den dominierenden Leistungsfaktor darstellen
2. biomechanisches Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges
Das biomechanische Prinzip der maximalen Anfangskraft wird von der Beziehung zwischen Kraftstoß und Impuls bestimmt. Die Beziehung besteht darin, dass je größer und länger die auf einen Körper einwirkende Kraft ist, desto größer ist seine Endgeschwindigkeit.
Die Länge des Beschleunigungsweges ist von enormer Bedeutung und am zweckmäßigsten ist ein gradliniger Beschleunigungsweg. Aufgrund der überwiegend rotatorischen Bewegung der Extremitäten des Kugelstoßens, ist ein annähernd gradliniger Beschleunigungsweg durch die Rückenstoßtechnik gegeben. Die Rückenstoßtechnik erweist sich als effektiv, da bei gekrümmten Beschleunigungswegen ein Teil der zur Verfügung stehenden Kraft verloren gehen würde.
Es ist wichtig, dass die Kugel in der Angleit- und Übergangsphase einen geringen Weg zurücklegt und einen langen in der Abstoßphase.
Das biomechanische Prinzip der maximalen Anfangskraft und des optimalen Beschleunigungsweges stehen in einem engen Bezug mit dem Gesetz der Muskelvordehnung. Beim Kugelstoßen wirken deshalb auch physiologische Gründe, welche die maximale Anfangskraft und die Länge der Beschleunigung negativ beeinflussen können. Es ist wichtig, dass eine Vordehnung der Muskeln optimal ist, um dies zu erreichen, nimmt der Athlet die Startposition ein baut in der weiteren Bewegungsfolge eine Körperverwringung auf..
Durch extreme Vordehnungen der Muskeln wird der optimale Zugspannungspunkt überschritten und die mechanischen Hebelverhältnisse negativ beeinflußt. Durch ungünstige Hebelverhältnisse wird der Arbeitswinkel für eine optimale Beschleunigung zu groß und deshalb ist es wichtig, dass der Athlet eine optimale Rückenstoßtechnik beherrscht. Dadurch wird dem Athleten möglich, dass er ein optimales Verhältnis zwischen der Länge des Angleitweges und dem Beinabstand in der Stoßauslage von 40:60 % erreicht, den sogenannten "Kurz-lang-Rhythmus".
3. das biomechanische Prinzip der Koordination von Teilimpulsen
Beim Kugelstoßen soll einem Körperteil eine möglichst große Endgeschwindigkeit verliehen werden, dem Stoßarm. Um dies zu erreichen ist die Koordination von Teilimpulsen wichtig.
Das Prinzip beinhaltet, dass an einer sportlichen Fertigkeit beteiligte Körperteile zur gleichen Zeit ihr Beschleunigungsmaxima erreicht haben müssen, wenn eine Körperextremität eine große Geschwindigkeit erreichen soll. Die zeitliche Komponente vom Maxima und Teilimpuls müssen zusammenpassen. Die räumliche Komponente beinhaltet, dass die Teilgeschwindigkeit gleichberechtigt sein soll.
Beim Kugelstoßen wird zuerst der Rumpf durch die Streckbewegung der Beine, dann der rechte Arm durch die Dreh- und Aufrichtbewegung des Rumpfes und schließlich die Kugel durch das Strecken des Stoßarmes und der Hand beschleunigt. Durch die Beschleunigungsvorgänge werden den Körperextremitäten Geschwindigkeiten vermittelt, die sich schließlich zur Endgeschwindigkeit addieren. Die Endgeschwindigkeit der Kugel setzt sich also aus der Summe der aus den einzelnen Teilimpulsen resultierenden Teilgeschwindigkeiten zusammen. Damit sich die Teilimpulse addieren können, müssen sie zeitlich aufeinandertreffen. Fallen die Geschwindigkeitsmaxima durch Stockungen (der Übergang zu den einzelnen Phasen bzw. innerhalb der Phasen erfolgt nicht unmittelbar aufeinander) nicht aufeinander, wird die Stoßleistung geringer. Der Stoßer muß darauf achten, dass er die Angleit- und Übergangsphase zeitlich optimal kurz gestaltet.
Die räumliche Komponente der Teilimpulskoordination beinhaltet die Gleichberechtigung der Bewegung vom Gesamtsystem Körper/Kugel mit ihrer Geschwindigkeit, also ihre Richtung. Bei gleichgerichteten Bewegungen der Körperteile (in Stoßrichtung) wirkt die räumliche Komponente maximal. Da alle Gliederbewegungen des Menschen Rotationsbewegungen um Gelenke sind, sind gleichgerichtete Bewegungen nur schwer auszuführen. Die größte Endgeschwindigkeit des Stoßarmes wird erst dann erreicht, wenn die Kugel die Hand verläßt
Damit dieses Prinzip optimal wirkt, ist es wichtig, dass die einzelnen Bewegungsphasen unmittelbar ineinander übergehen. Eine optimale Koordination der Teilimpulse ermöglicht eine maximale Beschleunigung der Kugel in der Abstoßphase.
4. das biologische Prinzip der Kinetion und Modulation von Ganzkörperbewegungen
Im Ablauf einer zielgerichteten sportmotorischen Fertigkeit in aufrechter Körperhaltung besorgen die Hüft- und Beinmuskeln die Antriebsenergie (Kinetion), während die Muskeln der Schulter und Arme die Energie auf das gewünschte Maß abstimmen.
Muskeln mit einem größeren Querschnitt dienen der Überwindung hoher Anfangswiderstände, da größere Kraftmomente in den rumpfnahen Gelenken wirken. Muskeln die kinetische Energie für eine Bewegungsausführung beschaffen heißen Kinetoren, da sie an dem Prozess der Energiebereitstellung beteiligt sind. Die Muskeln des Beckens und der Beine übernehmen beim Kugelstoßen diese Aufgabe. Als spezielle Muskeln sind die Oberschenkel- und Wadenmuskeln zu benennen.
Die schwächeren Muskeln des Armes und der Hand bauen auf der Rumpfbeschleunigung auf, sie beschleunigen und steuern die Kugel zusätzlich. Nach der kinetischen Energieübertragung durch die Rumpfmuskeln auf die Schulter und Arme folgt die Abstimmung der Energie auf das gewünschte Maß. Der Kugel wird durch Modulation eine optimale Richtung zugewiesen, da die beteiligten Oberkörpermuskeln (Modulatoren) steuernd auf sie einwirken.
Die Kinetion und Modulation überträgt also Beinimpulse über den Rumpf auf die Arme.
5. Anfügung zu den biomechanischen Prinzipien
Das optimale Zusammenwirken der biomechanischen Prinzipien ist sehr wichtig, damit die Kriterien der Rückenstoßtechnik erfüllt werden. Als Kriterien werden u. a. die optimale Länge und Geradlinigkeit des Kugelweges angesehen und außerdem die der fortschreitenden Geschwindigkeitszunahme.
Bei einer allgemeinen Betrachtung ist anzuführen, dass während der Vorbereitungsphase besonders die biomechanischen Prinzipien der optimalen Beschleunigung und der maximalen Anfangskraft wirken. Während der Hauptphase wirken besonders stark die biomechanischen Prinzipien der Kinetion und Modulation sowie das der Koordination der Teilimpulse.
4. KSP - Berechnung für einen charakteristischen Bewegungsmoment
Der KSP ist der Punkt des Körpers, indem sich die Körpermasse vereinigt. Er ist der Angriffspunkt für die Schwerkraft und verändert sich während der Bewegung.
Zum Berechnen des Körperschwerpunktes muß man die Teilschwerpunkte berechnen. Ein Teilschwerpunkt ist die Masse zwischen zwei Gelenken eines Körperteils. Er verändert sich nicht. Die Summe aller Teilschwerpunkte ergeben den KSP.
Beim Kugelstoßer liegt der KSP, bei der Startposition oberhalb das Standbeins, da das Körpergewicht nach rechts verschoben wird und das Schwungbein entlastet wird
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