Dioxinhendl, Rinderwahn und Salmonellen lehrten die Konsumenten in den letzten Tagen das Fürchten. Auch in Österreich wurde Dioxin in Futtermitteln festgestellt. Die Behörden ließen darauf letzte Woche die betroffenen Betriebe sperren. Am Abend des letzten Montags erfuhr Wilhelm Molterer, der österreichische Landwirtschaftsminister, daß bei den Produkten zweier österreichischer Futtermittelproduzenten, der steirischen Agra Tagger und der niederösterreichischen Garant, Dioxin festgestellt worden war. Daraufhin ließ Konsumentenschutzministerin Prammer am Mittwoch, dem 16. Juli, 25.000 Eier in einem oberösterreichischen Legehennenbetrieb beschlagnahmen, der von einer dieser Firmen beliefert worden war. Auch das Schlachten von Tieren die im Verdacht stehen, mit dioxinverseuchtem Futter in Kontakt gekommen zu sein, wurde verboten. Trotzdem wurde der Firma Garant der Verkauf ihres Fischfutters wieder erlaubt, und die Sperre bei Agra Tagger wurde von 3 auf 2 Produkte zurückgenommen. Dennoch hat die Dioxinaffäre vergangene Woche auch die österreichische Landwirtschaft direkt erfasst. Dazu sagte der Leiter der Agra Tagger im Profil vom Montag dem 21. Juli: (Zitat S38/Unten)
Obwohl Toxikologen das akute Risiko selbst bei belgischen Hühnereiern oder Fleisch als äußerst gering einschätzen - gefährlich würde es erst werden, wenn man Dutzende Grillhähnchen und noch mehr Eier täglich verzehre -, wollen sie gleichzeitig Langzeitfolgen nicht ausschließen. Das krebserregende Dioxin, das in Belgien wahrscheinlich durch ein leckes Heizungssystem die Futtermittel verseuchte, kann auch das Nerven- und Immunsystem schädigen. Bei bestimmten Affenarten reichte schon die einmalige Dosis von zehn Nanogramm pro Kilo Körpergewicht, um sie infektionsanfälliger zu machen. Beim Menschen wurden allerdings keine vergleichbaren Beobachtungen gemacht.
In Österreich sind die gemessenen Dioxinwerte aber auch viel niedriger als in Belgien. Höchstwahrscheinlich stammt die erhöhte Dioxinkonzentration in den Agra Tagger Produkten nicht aus verwendeten Rohstoffen, darunter Soja aus Brasilien und Fette von Wiener Firmen, sondern aus natürlicher Umweltbelastung. Dieser Umstand unterscheidet den österreichischen Fall wesentlich vom Skandal in Belgien: Dort geht, wie ebenfalls das Profil am Montag dem 21.6 meldete, die Behörde mittlerweile davon aus, dass die überhöhten Dioxinwerte entweder auf bei einem Unfall ausgetretenes Heizöl oder auf die Beimischung von Altöl zu den verwendeten Fetten zurückzuführen sind.
Bei österreichischen Firmen dürfte das Umweltgift, das beispielsweise bei Müllverbrennung entsteht und in geringer Konzentration fast überall vorhanden ist, über Luft oder Staub in das Tierfutter gelangt sein. Dies würde auch die sehr viel niedrigeren Dioxinwerte erklären.
Tatsache ist daher laut Profil, dass die in Österreich gemessenen Dioxinkonzentrationen bedeuten nach übereinstimmender Expertenmeinung keine Gesundheitsgefährdung - wohl aber nach Ansicht von Babara Prammer und Wilhelm Molterer eine "Qualitätsbeeinträchtigung" der betroffenen Produkte. Im Profil rechtfertigt sich Landwirtschaftsminister Molterer mit den Worten: (Zitat S41) Die Gepflogenheiten der modernen Nahrungsmittelproduktion lassen aber ständig neue Risiken auftauchen. Vielleicht sieht diese unser Landwirtschaftsminister ja nicht, aber er kann kaum übersehen, dass Futtermittelhersteller um Kosten zu sparen, allerlei Unrat in ihre Produkte mischen. ALtöl aus Friteusen dient zum Beispiel als Energiespender für Legehennen.. So gelangte in Belgien wohl auch das dioxinverseuchte Öl ins Hühnerfutter. Damit Turbokühe die von ihnen geforderten dreißig Liter Milch pro Tag zustande bringen, wird den Pflanzenfressern tierisches Eiweiß verfüttert. Wie das mitunter herangeschafft wird, erfuhr die Öffentlichkeit im Zuge des BSE Skandals: Rinderzüchter hatten ihren Tieren - obwohl die Schafskrankheit Scrapie längst wütete - zermahlene Schafskadaver ins Futter gemischt und sie so mit den Erregern infiziert. Das meldete die Wochenzeitung Format am letzten Montag.
Als Konsequenz der Skandale der jüngsten Zeit rufen Konsumentenschützer nun wieder nach europaweit einheitlichen Grundregeln bei der Lebensmittelprüfung. Derzeit unterscheiden sich die nationalen Gepflogenheiten bei der Kontrolle von Lebensmittelproduktion und - handel enorm. Pro tausend Einwohner werden zum Beispiel in Großbritannien nur 2,65 Lebensmittelproben jährlich gemacht, in Österreich sind es für die gleiche Anzahl Einwohner immerhin 6. Dennoch haben nationale Entscheidungen EU weit Gültigkeit: Was im testfaulen Großbritannien als unbedenklich gilt darf in der ganzen EU verkauft werden.
In Österreich wenden sich aber trotz der steigenden Qualität, auch wenn diese durch solche Skandale immer wieder einen Rückschlag erhält, immer mehr Konsumenten von den Produkten der Großbetriebe ab und kaufen statt dessen Bio Produkte. Vielleicht gibt es so diese Probleme in Zukunft nicht mehr.
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