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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Ausgewählte ergebnisse der studie von verres et al. (1986) zum thema: subjektive krankheitstheorien von laien



3.1. Miterlebte Krebserkrankungen Verres (1986) geht davon aus, daß die Vorstellungen von Menschen über Krebserkrankungen und Krebsbekämpfung in wechselndem Ausmaß als Resultate bisheriger
. "eigener Betroffenheit", d.h. eigener Erinnerungen an selbst miterlebte Schicksale Krebskranker verstanden werden können oder auch bloß
. "theoretisch" sein können, wenn sie nicht gar nur
. Aktualisierungen von - möglicherweise auch kollektiven - Phantasien sind.
In der Studie, untersucht wurden 101 nicht an Krebs erkrankter Personen, hatte bereits jeder zweite Befragte mehrmals eine Krebserkrankung miterlebt. Das Ausmaß einer emotionalen Betroffenheit durch eine miterlebte Krebserkrankung kann zumindest teilweise unabhängig sein vom Ausmaß der persönlichen Bindung zu dem erkrankten Menschen. In vielen Interviews, die Verres (1986) durchführte, wurde deutlich, daß auch ein entfernter Nachbar oder ein bis dato wenig zur Kenntnis genommener Arbeitskollege plötzlich durchaus sehr starke Betroffenheit auslösen kann, wenn er von einer schweren Krankheit heimgesucht wird. 60% der Befragten wirkten sehr betroffen, 31% zumindest etwas betroffen und nur 9% waren überhaupt nicht betroffen.
3.2. Ätiologievorstellungen und Assoziationen zum "Krebs"
Als häufigste Ursache für eine Krebserkrankung wurde mit 23% die Lebensweise genannt, d.h. falsches Essen und Trinken, Rauchen und Alkohol, also subjektiv internale Faktoren. An zweiter Stelle mit 12% standen Luft- und allgemeine Umweltverschmutzung, also subjektiv externale Faktoren. Es folgten mit 10% Vererbung und mit 6% körperliche Veranlagung. 25% der Befragten hielten Angst vor Krebs als einen Risikofaktor für Krebs. In vielen Äußerungen kamen Vorstellungen zum Ausdruck, die die Entstehung von Krebs ganz allgemein auf "Abweichung des betreffenden Erkrankten von einem Leben im Mittelmaß" (Verres 1986) zurückführten (z.B. "Hodentumor ... das sind die jungen Männer, die [zu] enge Jeans tragen" Aussage eines 44-jährigen Fahrlehrers). Verres et al. fanden auch nicht-schichtspezifische Vorstellungen bezüglich der Ätiologie, die "aus medizinisch-professioneller Sicht allgemein als irrational" zu betrachten sind (z.B. "Bett von meiner Tante mitten in einer [Wasser]Ader" als Ursache für ihre Erkrankung. Aussage eines 26-jährigen Architekturstudenten).
Bei den Assoziationen (Mehrfachnennungen waren möglich) überwogen mit 60% der Befragten Aussagen über tödliche Perspektive einer Krebserkrankung, gefolgt von 49% der Befragten, die Krebs als eine Krankheit mit unberechenbarem Verlauf beschrieben. 44% der Befragten sprachen von Gefährlichkeit der Krebserkrankung.
3.3. Angenommener Einfluß auf den Verlauf und angenommene Veränderung der Lebenseinstellung des Krebskranken
Spontan, also nicht direkt nach Einflußmöglichkeiten auf den Verlauf gefragt, wurde von 37% der Befragten "Hilfe von außen" seitens der Ärzte, Bezugspersonen, Selbsthilfegruppen oder auch die Religion als wesentlich für den Krankheitsverlauf genannt. 31% der Befragten betonten die Bedeutung des Genesungswillens, 19% die Einhaltung der Arztanweisungen und 12% die Notwendigkeit einer generellen Änderung der Lebensweise. Die Einflu߬möglichkeiten des Krebskranken auf den Krankheitsverlauf und die Einflußmöglichkeiten anderer Personen, z.B. Ärzte und Angehörige, auf den Krankheitsverlauf wurden insgesamt von den Befragten als etwa gleichgewichtig angesehen. Operationen und das Eröffnen der "Wahrheit" über die Erkrankung wurden hinsichtlich des Verlaufs teilweise auch als Beschleunigung der Krankheit angesehen.
33% der Äußerungen bezüglich einer Veränderung der Lebenseinstellung betrafen Vorstellungen über Resignation. Als zweithäufigstes wurde von 28% soziale Isolation genannt. An dritter Stelle stand mit 23% die Notwendigkeit zu kämpfen. In keinem Fall wurde beschrieben, daß der Patient nach der Diagnosenstellung Risikofaktoren wie falsche Ernährung, Rauchen oder Alkohol gemieden hätte. Diese Feststellung ist insofern bemerkenswert, da all diese Risikofaktoren vorher von den Befragten als häufigste Krebsursachen genannt worden waren. Vorstellungen, das Leben bei Krebs könne "exzessiver, enthemmter" sein als sonst, ließen sich auf global-theoretische Befragung fast 10 mal so häufig eruieren wie bei der Klassifizierung der Spontanschilderungen der real miterlebten Krebserkrankungen (43% zu 5%). Eine ebenso große Diskrepanz ergab sich bei den Vorstellungen, das Leben könne "intensiver, reflexiver" werden (54% befragt zu 14% spontan). Die beeindruckende Diskrepanz zwischen den offensichtlich eher theoretischen Phantasien, gerade im Angesicht des Todes werde das Leben möglicherweise intensiver und reicher, und den diesen Gesichtspunkt kaum ausdrückenden Betrachtungen der real miterlebten Lebensgestaltungen bei Krebskranken aus dem eigenen Erfahrungsbereich wurde auch von Jonasch (1985) bei einem Vergleich der Äußerungen von tatsächlich an Krebs erkrankten mit hypothetischen Vorstellungen Nichterkrankter gefunden. Verres (1986) vermutet hinter dieser Diskrepanz eine mangelnde Kommunikation zwischen Krebskranken und ihren Mitmenschen, wobei der Mangel einen "Hinderungsgrund für einen tatsächlichen Austausch über Möglichkeiten "intensiver" und "bewußter" Lebensgestaltung" darstellt. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit für die Diskrepanz besteht darin, daß bei der theoretischen Betrachtung der Frage rein kognitiv und objektiv entschieden werden kann, wo auch Wunschvorstellungen Platz finden, bezüglich einer möglicherweise zukünftigen eigenen Erkrankung. Eine dritte Möglichkeit sieht Verres (1986) darin, daß Krebsdiagnosen häufig Krankenhausaufenthalte oder sonstige den Kranken immobiliserende Maßnahmen nach sich ziehen, womit den Wunschvorstellungen keine Realisationsmöglichkeit mehr bleibt.
3.4. Ablehnung von Items der Liste über die Ätiopathogenese
Interessant erwies sich in der Studie auch die Betrachtung über die Ablehnung mancher Items bezüglich der Ätiopathogenese. Am häufigsten mit 86% wurde es abgelehnt, Krebs mit der Vorstellung von "gerechter Strafe" als Ursache in Verbindung zu bringen. Dreiviertel der Befragten schlossen eine Ansteckung durch Dritte als Ursache für eine Krebserkrankung aus. Zwei Drittel glaubten nicht, daß der Erkrankte zu hohe Ansprüche an sich selbst gestellt hatte, und dadurch erkrankt war. Knapp zwei Drittel der Befragten hielten auch einen unmoralischen Lebenswandel nicht für die Ursache der Krankheit. Und weitere 62% sahen keinen Zusammenhang zwischen geringem Durchsetzungsvermögen und einer möglichen Krebserkrankung.
3.5. Risikoeinschätzungen: selbst/andere
Während 81% der Befragten das generelle Krebsrisiko für Menschen als sehr groß bzw. ziemlich groß einschätzten, stuften nur 24% ihr eigenes Risiko als sehr groß bzw. ziemlich groß ein. 71% hielten ihr eigenes Krebsrisiko für ziemlich klein bzw. sehr klein. Dieser Widerspruch schien laut Verres (1986) durch eine psychische Abwehrhaltung aufrechterhalten zu werden. Jonasch (1985) hat dazu herausgefunden, das Krebskranke die allgemeine Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken signifikant höher einschätzen als Nichterkrankte (Verres 1986). Auch hierbei zeigt sich eine Kontextabhängigkeit von Einschätzungen des Krebsrisikos.
Es wurde auch die Frage untersucht, inwiefern der Befragte auch Verhalten zeige, das seinem eigenen primärpräventiven Wissen zufolge als ungünstig oder schädlich geschätzt werden müsse. 23% der Befragten zeigten kein Verhalten, das mit ihren primärpräventiven Wissen unvereinbar ist, d.h. sie schätzten ihr Verhalten nicht als Selbstgefährdung ein. Die Hälfte der Befragten zeigen ein solches Verhalten nur selten oder nur in schwachem Ausprägungsgrad, d.h. sie stufen ihr Verhalten als schwach oder selten gefährdend ein. Nur 8% zeigten häufig und in ausgeprägtem Maße ein Verhalten, das laut ihrer Beschreibung ihrem primärpräventiven Wissen widerspricht. Nur 8% also bezeichneten sich als stark durch das eigene Verhalten gefährdet. Dieses Ergebnis korreliert mit der oben angegebenen niedrigen Rate der Einschätzung des eigenen Krebsrisikos im Vergleich zum generellen Krebsrisiko der Menschen. Verres (1986) et al. sind geneigt, diese Ergebnisse als Zeichen einer geringen Bereitschaft anzusehen, "sich mit Krebserkrankungen als Möglichkeit für die eigene Person auseinanderzusetzen".
3.6. "Krebsmodelle"
Es ergaben sich in der Untersuchung verschiedene Denkmodelle hinsichtlich der Krebsätiologie:
. Abwehr/Anfälligkeit: Die Erschöpfung von persönlicher Widerstandskraft gegenüber Noxen steht im Vordergrund der subjektiven Theorie zur Krebsätiologie.
. Disposition/Auslöser: Ein auslösendes Ereignis macht die latente Krankheit manifest.
. Multifaktorielles Modell: Jede der möglichen Ursachen der Krebserkrankung ist nicht hinreichend. Mehrere zusammen werden als notwendig gesehen.
Das erstgenannte Krankheitsmodell, in dem die Bedeutung der körpereigenen Abwehrkräfte als wesentlich hervorgehoben wird, wurde in der Untersuchung mit Abstand als häufigstes vorgefunden.
3.7. Kenntnis von Krebswarnzeichen
Nennungen von verdächtigen Symptomen, bei denen die Befragten an Krebs denken würden und einen Arzt aufsuchen würden (Mehrfachnennungen): Über die Hälfte (52%) beschrieben Knoten und Verdickungen als Grund für einen Arztbesuch. Magen- und Darmbeschwerden oder Gewichtsverlust waren für ein Drittel der Befragten ausschlaggebend. 27% vermerkten "blutige, eitrige Absonderungen" als Symptom. Eine Veränderung einer Warze oder eines Muttermals wurde von 16% spontan genannt (was mir sehr wenig erscheint). Von einem Sechstel wurden unregelmäßige Monatsblutungen und Ausfluß angegeben (ich schätze, das waren nur Frauen, also ist das Ergebnis mit einem Drittel der Frauen zu werten). Sogar Heiserkeit und Husten wurden angegeben (auch von einem Sechstel, ich denke, dieser Punkt kann nur aufrechterhalten werden, sieht man ihn im Zusammenhang mit anderen Symptomen). Fast 10% der Befragten würden bei einer Wunde oder einem Geschwür, die nicht heilen, den Arzt aufsuchen. Da die betreffende Frage offen formuliert war, nimmt Verres an, daß die Antworten lediglich den besonders gut zugänglichen Gedächtnisbesitz der Personen zur Frage krebsverdächtiger Symptomatik repräsentiert. Er nimmt an, daß das "tatsächliche Wissen höher anzusetzen" ist.
Eine regelmäßige Selbstuntersuchung ihrer Brust wurde von 29% der Frauen bestätigt. Die Hälfte der Frauen der Stichprobe untersuchen sich gelegentlich. 19% der befragten Frauen gaben an, ihre Brust nie zu untersuchen. Verres (1986) fand heraus, daß die Bereitschaft zur zumindest gelegentlichen Selbstuntersuchung der Brust deutlich höher ist als die Bereitschaft zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung durch den Arzt.
3.8. Vorstellungen zur Therapierbarkeit
44% der Befragten hielten die Krebserkrankung grundsätzlich immer (1%) oder zumindest oft für heilbar. 55% gaben an, Krebs sei selten oder nie (4%) heilbar. 70% waren der Ansicht, daß, wer einmal Krebs bekommen hat, könne wieder ganz gesund werden (22%), oder werde wieder gesund, bleibe aber angeschlagen. 24% hingegen sahen bleibende Körperschäden, sowie meinten, ein Krebskranker werde nie wieder gesund (6%). Dieser hohe therapeutische Optimismus widerspricht den in Punkt 3.2. erwähnten Assoziationen, bei denen die tödliche Perspektive einer Krebserkrankung mit 60% der Befragten überwog. Auch auf die Frage nach dem "ersten Gedanken" bei einer eröffneten Krebsdiagnose, hatten laut Verres (1986) ein Viertel aller Personen Assoziationen eines Todesurteils geäußert. Auch wurde den Befragten eine Selbstratingskala zur eingeschätzten Tödlichkeit von Krebserkrankungen vorgelegt, mit dem Ergebnis, daß fast zwei Drittel der Befragten beschrieben, Krebs bedeute immer (7%) oder oft ein Todesurteil, und ein Drittel behauptete, Krebs sei manchmal ein Todesurteil. Keiner (0%) war der Ansicht, Krebs bedeute nur selten ein Todesurteil. Auch diese Ergebnisse widersprechen denjenigen über die Genesungsaussichten. Gefragt nach der Kenntnis von Krebsheilungsfällen, waren überraschenderweise 45% der Antworten positiv. Auch dies widerspricht wiederum der hohen Nennungshäufigkeit von Tödlichkeits¬assoziationen.
Zwischen der Einschätzung von Krebserkrankungen als grundsätzlich heilbar und der tatsächlichen Beteiligung an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung fand Verres (1986) einen signifikanten Zusammenhang (p

 
 

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