4.1. Arbeiten im geschlossenen System (insbesondere Laboratorien)
Hinsichtlich Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen wurden bei den zuständigen Behörden 277 Anmeldungen bzw. Genehmigungsanträge für Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen eingebracht. 70 % dieser Anmeldungen bezogen sich auf Arbeiten mit GVO in Sicherheitsstufe 1, 29 % auf Arbeiten in Sicherheitsstufe 2 und 1 % auf Arbeiten mit GVO in Sicherheitsstufe 3. In diesen Zahlen sind auch Arbeiten mit transgenen Tieren enthalten.
Die im Berichtszeitraum erfolgten Überprüfungen durch die Behörde ergaben keine Beanstandungen. Es wurden auch bisher keine Unfälle bei Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen gemeldet.
4.2. Freisetzen und Inverkehrbringen
Jede Freisetzung von GVO sowie das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, bedarf der Genehmigung durch die Behörde. Im Berichtszeitraum wurden fünf Freisetzungsanträge gestellt, die entweder von den Antragstellern zurückgezogen oder nicht genehmigt wurden.
Österreich ist neben Luxemburg der einzige EU-Mitgliedstaat, in dem noch keine Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen stattgefunden haben. Bereits 1996 wurden die ersten Anträge auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen gestellt.
Der erste Antrag vom österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf betraf gentechnisch veränderte Kartoffeln mit Erwina - Resistenz. Der zweite Frei-setzungsantrag betraf gentechnisch veränderten Mais der Firma T.B. Agrartechnik. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden mehr als 30.000 schriftliche Einwendungen der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten gegen diese Freisetzungsversuche im damaligen Gesundheitsministerium eingebracht. Daraufhin wurde der Antrag zurückgezogen.
Der dritte Freisetzungsantrag betraf ebenfalls Kartoffeln. Die Tullner Zuckerforschungs-GesmbH beantragte beim damaligen Gesundheitsministerium, Kartoffeln mit gentechnisch veränderter Stärke (eine einheitliche, amylosefreie Amylopektinstärke) freisetzen zu dürfen. Je nachdem, welche Stärkefraktion verändert wird, eignen sich die Knollen als Industrie-Rohstoff oder für Lebensmittel. Die Tullner Zuckerforschungs-GesmbH wartete jedoch nicht das Ende des behördlichen Genehmigungsverfahrens ab, sondern setzte die gentechnisch veränderten Kartoffeln ohne Genehmigung durch die Behörde frei. Sowohl der Seibersdorfer Antrag als auch jener der ZuckerforschungsGesmbH wurden nicht genehmigt. Die bereits ausgebrachten Kartoffeln mussten wieder ausgegraben und vernichtet werden.
Das Sicherheitsforschungsprojekt des Österreichischen Forschungszentrums Seibersdorf wurde im Einvernehmen mit den beiden Auftraggebern nicht im Felde, sondern im Glashaus weitergeführt. Der Antrag der Fa. TB Agrartechnik, der zweite Antrag der Zuckerforschung Tulln GesmbH und der 1997 gestellte Antrag der Pioneer Saaten GesmbH, gentechnisch veränderten Mais freisetzen zu dürfen, wurden noch vor der Einleitung bzw. der Beendigung des Anhörungsverfahrens zurückgezogen, sodaß der wissenschaftliche Ausschuß für Freisetzungen und Inverkehrbringen hiezu keine Gutachten mehr zu erstatten hatte.
Im Berichtszeitraum wurde in Österreich kein Antrag auf Inverkehrbringen gestellt, in anderen Mitgliedstaaten beantragte und in der Folge EU-weit zugelassene Produkte werden im österreichischen Gentechnikregister erfaßt.
4.3. Biotechnologische Aktivitäten in Österreich
1. Industrie
. Jungbunzlauer AG
. Vogelbusch Ges.m.b.H
2. Universitäten
. Universität für Bodenkultur Wien
. Universität Wien
. Technische Universität Wien
. Veterinärmedizinische Universität Wien
. Technische Universität Graz
3. Forschungsinstitute
. Österreichisches Forschungszentrum Seibersdorf
. Raiffeisen Bioforschung G.m.b.H. Tulln
4.4. Projekte:
1. Projektbezeichnung
Stickstofffixierung
Bereich
Pflanzengenetik - Grundlagenforschung
Anwendung
Landwirtschaft
Projektbetreiber
Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien
Dr. Hirt
Verantwortlich dafür in Österreich
w.o.
Projektbeschreibung
Es gibt nur wenige Pflanzen in der Natur, die im Zusammenleben (Symbiose) mit speziellen Bodenbakterien (Rhizobien) Stickstoff aus der Luft aufnehmen können, den sie als Dünger benötigen.
Es werden der Ablauf und die Wechselwirkungen dieser Symbiose auf Zellteilungsebene untersucht, um jene Gene, die diesen Prozess der Stickstofffixierung ermöglichen, zu identifizieren.
Diese Eigenschaft soll anschließend auf andere Nutzpflanzen übertragen werden
Vorteile für den künftigen Produzenten
Ersparnis von stickstoffhältigen Düngemitteln
weniger Umweltbelastung: Senkung des Nitratgehaltes in Boden und Grundwasser
Vorteile für den möglichen Konsumenten
weniger Umweltbelastung: Senkung des Nitratgehaltes in Boden und Grundwasser
2. Projektbezeichnung
Streßresistenz von Pflanzen
Bereich
Pflanzengenetik - Grundlagenforschung
Anwendung
Landwirtschaft - Verhütung von Ernteverlusten
Projektbetreiber
Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien
Prof. Erwin Heberle Bors
Verantwortlich dafür in Österreich
w.o.
Projektbeschreibung
Es wird erforscht, wie Pflanzen gegen \"Streß\" reagieren.
Pflanzen werden klimatischen Veränderungen ausgesetzt und es wird beobachtet, welche Gene \"an- und abgeschalten\" werden.
Wenn dieser Mechanismus des selektiven An- und Abschaltens verstanden wird, könnten Pflanzen durch Genveränderung oder Gentransfer streßresistenter gegen Kälte, Trockenheit etc. gemacht werden.
Vorteile für den künftigen Produzenten
weniger Ernteverluste durch Schlechtwetter
langfristig sicherere Erträge
Anbau unter anderen klimatischen Bedingungen
Vorteile für den Konsumenten
sicherere Versorgung in kritischen Gebieten
Erschließung neuer landwirtschaftlicher Nutzflächen
beständigeres Preisniveau
3. Projektbezeichnung
Antibiotikafreier Gentransfer
Bereich
Pflanzengenetik - Grundlagenforschung
Anwendung
In der Entwicklung transgener Pflanzen ist es nicht mehr erforderlich, Antibiotika-Resistenzen als Markergene zu verwenden.
Projektbetreiber
Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien
Prof. Erwin Heberle Bors
Verantwortlich dafür in Österreich
w.o.
Projektbeschreibung
Der Erfolg einer gentechnischen Veränderung kann dadurch festgestellt werden, daß die antibiotika-resistent-gemachte Pflanze auf einem antibiotika-haltigem Medium wächst.
Ist das nicht der Fall, war der gentechnische Eingriff nicht erfolgreich.
Es wird versucht, einen Ersatz für die Verwendung von Antibiotika zu finden, weil damit die geringe Gefahr ausgeschlossen wird, daß die Antibiotika Resistenz auf humanpathogene Bakterien übertragen wird.
Es werden GFP - Green Fluorescent Protein Gene aus dem Jelly Fish (Aequorea victoria - Qualle) getestet, die transgene Pflanzen nach einem speziellen Lichtimpuls kurzfristig farblich verändern und somit optisch erkennbar machen.
Vorteile für den künftigen Produzenten
weder Vorteile noch Nachteile
Vorteile für den Konsumenten
die geringfügige Gefahr, daß durch gentechnische Veränderungen antibiotikaresistente Bakterien entstehen, ist ausgeschlossen.
Mögliche Gefahren
mögliche Allergien gegen GFP (s.o.).
(Anm.: Allergische Reaktionen können durch jedes neue Lebensmittel, das der Mensch zu sich nimmt, entstehen. z.B. Kiwi oder bisher für den einzelnen unbekannte Tropenfrüchte.)
4.5. Gentechnik Produkte
Derzeit wird an 7 Gentechnik Produkten gearbeitet:
Kartoffel-Kleister
Die Zuckerforschung Tulln, das Forschungsinstitut der Agrana-Gruppe, will eine gentechnisch veränderte Kartoffel aussetzen. In ihr wurde eine Speicherform der Stärke inaktiviert. Das entsprechende Gen ist verantwortlich für die Produktion eines Enzyms, das seinerseits die Amylose in der Stärke produziert. Unveränderte Kartoffeln enthalten zu 20 Prozent Amylose und zu 80 Prozent Amylopektin. Für industrielle Zwecke muß die Amylose mühsam chemisch eliminiert werden. Ist sie jedoch gentechnisch verändert, produziert die Kartoffelknolle von vornherein kaum Amylose.
Das Know-how für den Gentransfer kommt aus dem Institut für genbiologische Forschung in Berlin. Das Interuniversitäre Forschungszentrum für Agrartechnologie (IFA) bei Tulln stellt das landwirtschaftliche Know-how für diese sogenannte \"Rustika\"-Kartoffel zur Verfügung.
In Holland wurden bereits auf 600 bis 800 Hektar Rustika-Kartoffeln geerntet. Das ergab eine Stärkeproduktion von vier bis fünf Tonnen. Verwendung findet diese Stärke hier wie da ausschließlich in der Bauchemie, etwa für Wandputze und Kleber.
Weizen, pilzfrei
Seit zwei Jahren wollen die Forscher gefährdete Weizen- und Maissorten vor dem gefürchteten Pilzschädling Fusarium schützen. Dieser Pilz ist besonders heimtückisch: Er ist auf der Pflanze nicht sichtbar, zerstört aber die Qualität der Frucht. Mit Spritzmitteln ist ihm nicht beizukommen. Da er giftige Stoffe abgibt, sind auch die Endprodukte wie Vollwertkost, Cornflakes, Brot, Polentamehl und anderes aus Weizen und Mais belastet.
Ein weiteres aktuelles Forschungsgebiet des IFA ist die Eliminierung von Allergenen im Weizen. Viele Menschen sind auf Weizen allergisch und können auch Produkte daraus nicht essen. Erkennt man das Gen, das für die Allergie verantwortlich ist, könnte man es aus dem Erbgut herausnehmen. Das Projekt wurde zwar von der EU als interessant eingestuft, ein Antrag für Forschungsunterstützung wurde jedoch abgelehnt.
Seide statt Fäule
Auch das Forschungszentrum Seibersdorf hat im Vorjahr um Freisetzung angesucht. Dieser Antrag blieb aufrecht, weil er weder positiv noch negativ entschieden wurde. Es wurden nur neue Auflagen erteilt, und zwar müssen zwei bis drei weitere Glashaustestes durchgeführt werden.
Versuchskaninchen in Seibersdorf ist ebenfalls die Kartoffel. Ihr wird ein Gen der Seidenmotte eingepflanzt. Es soll sie vor dem Befall durch einen Parasiten schützen, der bakterielle Fäule auslöst. Auftraggeber der Versuchsreihe sind das Wissenschafts- und das Gesundheitsministerium. Das Projekt war an sich auf vier Jahre geplant. Der erste Projektabschnitt hat zwei Jahre gedauert und ging Mitte 1997 zu Ende. Investiert wurden bis dahin drei Millionen Schilling.
Mais ohne Macken
Im Februar 1996 hat das Technische Büro Agrartechnik einen Auftrag auf Freisetzung von transgenem Mais gestellt. Er wurde wieder zurückgezogen, weil die Bewilligung zu spät gekommen wäre, um das Wachstum der Pflanze zu garantieren.
Die T. B. Agrartechnik in Bad Vöslau arbeitet im Auftrag der deutschen AgrEvo, einer Tochter von Hoechst und Schering. Von der AgrEvo kommt das entsprechende Saatgut, die T. B. Agrartechnik ist für den Freilandversuch zuständig.
Die AgrEvo vertreibt das von der Hoechst hergestellte Totalherbizid \"Basta\" und entwickelte dazu eine Maispflanze, die gegen dieses Unkrautvernichtungsmittel resistent ist. Zehn Jahre dauerte die Entwicklung von \"Basta\". Die T. B. Agrartechnik soll die Entwicklung der Pflanze und die Wirkung des Herbizids gegenüber Unkraut unter heimischen Klimaverhältnissen beobachten.
Entlarvtes Maiskorn
Auch Ciba-Geigy Österreich verharrt in Warteposition. Im Herbst 1994 hat Ciba Saatgut das Zulassungsverfahren in der Europäischen Union eingeleitet. Mitte 1996 erteilte die EU-Kommission den Auftrag, das Ansuchen nochmals durch drei wissenschaftliche Komitees prüfen zu lassen. Seither wartet man auf die Resultate. Ciba wird auch in Österreich einen Antrag stellen, um den Vorwurf, daß sie den Umweg über die EU nehmen, zu verhindern.
Der gentechnisch entwickelte Ciba-Mais schützt sich selbst vor seinem Hauptschädling, der Zünslerlarve. Das eingesetzte Gen läßt ein speziell für Schädlinge unverträgliches Eiweiß entstehen. Die Zünslerlarve zerstört bis zu 20 Prozent der Ernte, weshalb zu ihrer Bekämpfung große Mengen Pestizide eingesetzt werden.
Kerngesundes Obst
Das Institut für angewandte Mikrobiologie an der Universität für Bodenkultur will mit Hilfe der Gentechnologie Viruskrankheiten bei Steinobst Herr werden. Genauer gesagt: der Sharka-Krankheit, die Früchte klein und schrumpelig werden läßt. Unter der Leitung von Professor Hermann Katinger wird an einer Art Impfung gearbeitet: Man klont ein Stück eines bestimmten Gens, setzt es der Pflanze ein. Sie glaubt daraufhin, daß sie krank wäre, und wehrt sich dagegen. Derzeit versuchen die Forscher, das Prinzip bei Marillenbäumen anzuwenden.
Katinger arbeitet in öffentlichem Auftrag. Ein guter Teil der benötigten Gelder kommt aus dem Landwirtschaftsministerium. Der Versuch dauert bereits sieben Jahre, zwei weitere Jahre sind noch notwendig. Wenn sich Österreich querlegt, will Katinger innerhalb der EU um Freisetzung ansuchen.
Jungfernzeugung
Professor Erwin Heberle-Bors, Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Genetik an der Universität Wien, geht es nicht um die Schaffung einer speziellen Pflanze. Er forscht an Methoden des Gentransfers in Pflanzen: In ein Staubgefäß eines unreifen Weizen-Pollenkorns wird ein kleines Goldkügelchen geschossen, das mit Erbmaterial aus der DNS beschichtet ist. Daraus wird im Reagenzglas ein reifes Pollenkorn gemacht und für die Bestäubung verwendet. Ziel ist die Krankheitsresistenz des Weizens.
Der Uni-Forscher arbeitet im geschlossenen System und kann sich daher ein Freisetzungs-Brimborium ersparen. Patentbesitzer der Methode ist die Argo Chemie Linz, die das Projekt gemeinsam mit dem Forschungsförderungsfonds finanziert hat.
Das neueste Forschungsfeld dreht sich um Hülsenfrüchte. Gentechnisch veränderte Pflanzen können sich ihren eigenen Dünger herstellen, indem sie aus Luftstickstoff Düngerstickstoff produzieren.
Die Projekte, die hierzulande laufen, sind zwar von wissenschaftlicher Güte, doch scheitert ihr Fortkommen am finanziellen Hintergrund der Forschungsinstitute. Öffentliches Geld fließt für die Genforschung im Agrarbereich nur spärlich. Das Forschungszentrum Seibersdorf hat für seine Versuchsreihe von den beiden Auftraggebern, dem Wissenschafts- und Gesundheitsministeriums, drei Millionen Schilling bekommen. Das IFA teilt sich mit den Universitäten eine Spende des Wissenschaftsministeriums von heißen zwei Millionen Schilling. Und das Fusarium-Projekt hat 300.000 Schilling bekommen.
Die Wissenschaftler sind weitgehend abhängig von Zuwendungen durch den Forschungsförderungsfonds und die Ministerien. Ruckenbauer kann manchmal auch auf Aufträge von den Zuchtverbänden oder der EU zählen. Von seiten der Landwirtschaft allerdings kommen keine Zuwendungen.
|