Eine optimale Einfärbung ist eine wichtige Voraussetzung für einen Qualitätsdruck. Dabei spielt die Farbdosierung, die bei den verschiedenen Farbwerksystemen verschiedenartig verläuft, eine große Rolle.
Die herkömmliche Farbdosierung: Betrachten wir zunächst das übliche Abquetsch-Flexofarbwerk. Ein Anilindruckwerk bestand um die Jahrhundertwende aus einem trogartigen Farbreservoir voll flüssiger Farbe, in die eine Gummiwalze eintauchte. Eine zweite Gummiwalze übernahm die Farbe und übertrug sie auf die Druckform. Diese zweite Gummiwalze wurde im Laufe der Zeit zunächst durch eine Stahlwalze und schließlich durch eine Rasterwalze, auch Aniloxwalze genannt, ersetzt. Parallel zu dieser Entwicklung wurden die Druckgeschwindigkeiten erhöht und die Druckformen verfeinert, bis dann in den letzten Jahren mit der Entwicklung der Fotopolymerplatte auch im Flexodruck die Originalform Einzug hielt.
Fotopolymerplatten werden bekanntlich ohne Zwischenschritte direkt vom Filmnegativ hergestellt. Es tritt also praktisch kein Informationsverlust während der Plattenherstellung auf, weshalb sehr feine Aufrasterungen der Druckformen bis zu 48er-Raster möglich wurden. Dies wiederum brachte dem Flexodruck die Möglichkeitt, daß auch mit feinen Rastern vierfarbig gedruckt werden konnte. Feine Raster bedingen selbstverständlich eine fein dosierte Farbführung. Deshalb erwartet man heute von einem modernen Flexofarbwerk das Übertragen einer feinen, gleichmäßigen, reproduzierbaren und vor allem möglichst geschwindigkeitsunabhängigen Menge an färbenden Bestandteilen auf
den Bedruckstoff.
Dies ist aber mit einem herkömmlichen Farbwerk, wo die Farbdosierung durch Abpressen ertolgt, nicht realisierbar, da bei diesen Farbwerken die übertragene Farbmenge praktisch linear mit der Druckgeschwindigkeit zunimmt. Bei einer Erhöhung der Druckgeschwindigkeit um den Faktor 10, z. B. von 20 m/min auf 200 m/min, wird der Flüssigkeitsfilm gut dreimal dicker. Die Gründe für diese Farbzunahme mit höherer Druckgeschwindigkeit sind bekannt und lassen sich wissenschaftlich belegen.
Bei der Untersuchung der hydrodynamischen Vorgänge zwischen Quetsch- und Rasterwalze hat es sich gezeigt, daß der Flüssigkeitsdruck der Farbe, der unter anderem beeinflußt wird von der Shore-Härte der Quetschwalze, der Dicke des Gummibelages, der Farbviskosität usw., offensichtlich größer wird mit steigender Umfangsgeschwindigkeit als der durch Zustellen mögliche Anpreßdruck zwischen den beiden Walzen. Infolgedessen wird bei höheren Druckgeschwindigkeiten mehr Flüssigkeit durchgequetscht. Mehr Flüssigkeit bedeutet zunächst bei gleichbleibender Farbzusam-mensetzung auch mehr färbende Bestandteile, die auf den Druckstoff übertragen werden und dort sichtbare Farbtonschwankungen hervorrufen.
Da der Flüssigkeitsdruck die beiden Walzen wegen der an den Lagerstellen ansetzenden Gegenkräfte nicht parallel, sondern einer Duchbiegelinie folgend bogenförmig auseinanderdrückt, entsteht demgemäß auch quer zur Bahn ein sich mit steigender Geschwindigkeit änderndes Flüssigkeitsprofil.
Durch das Bombieren der Tauchwalze läßt sich zwar diese Profiländerung zum Teil kompensieren, doch kann sie lediglich auf eine ganz bestimmte Geschwindigkeit sowie bestimmte Farbverhältnisse abgestimmt werden. Die Untersetzung der Drehzahlen von der Rasterwalze zur Abquetschwalze ergibt eine Verringerung des geftirderten Flüssigkeitsfilmes, weshalb viele Flexodruckmaschinen mit hydraulischen Getrieben an der Quetschwalze ausgerüstet sind.
Die Farbdosierung mit positiver Rakelung: Mit der positiv angestellten Rakel wird nun die bei höherer Geschwindigkeit durchgequetschte Farbe über den Stegen der Rasterwalze abgerakelt, zumindest bis zu gewissen Geschwindigkeiten. In theoretischen Betrachungen wird dargestellt, daß man sich die Rakel gleichsam als degenerierte Tauchwalze vorstellen kann, die sich von einer normalen Tauchwalze darin unterscheidet, daß sie einen extrem kleinen Durchmesser, eine
große Härte aufweist und gegenüber der Rasterwalze stillsteht.
Es handelt sich hier um drei Kriterien, die zur Verwirklichung in einem Tauchwalzenfarbwerk zur Reduzierung der durchgequetschten und auf den Stegen geführten Farbmenge führen. Daraus läßt sich folgern, daß die Rakel dem hydrostatischen Druck der Farbe um Größenordnungen besser entgegenwirken kann als jede Tauchwalze.
Nun bestehen aber bei der vorher erwähnten positiven Abrakelung tatsächlich zwei Nachteile, nämlich erstens ein höherer Rasterwalzenverschleiß als im reinen Abquetschfarbwerk und zweitens eine bei den inzwischen auf 300, 400 und 500 m/min angestiegenen Druckgeschwindigkeiten erneut auftretende Farbführung auf den Stegen.
Ähnlich wie zwischen Quetschwalze und Rasterwalze treten im Keil zwischen Rakel und Rasterwalze hydraulische Kräfte auf, welche die Rakel leicht abheben und damit eine Farbführung über den Stegen verursachen können. Auch hier steigen die Kräfte mit zunehmender Geschwindigkeit und damit die Schichtdicke der auf den Stegen geführten Farbe. Dieser Effekt wird noch verstärkt durch die bei feinerer Farbführung notwendige höhere Farbviskosität, ohne die wiederum die für die optische Tiefe des Druckes notwendige Konzentration an färbenden Bestandteilen nicht möglich ist. Zum Drucken feinerer Raster benötigt man eine höhere Pigmentierung, woraus eine höhere Viskosität resultiert, durch die bei hohen Geschwindigkeiten über den verstärkten hydraulischen Druck die Rakel abgehoben wird. Man führt also Farbe auf den Stegen und versucht diesem Vorgang durch erhühten Rakeldruck entgegenzuwirken. Das Resultat ist ein erhöhter Rasterwalzenverschleiß.
Die Farbdosierurtg mit negativer Rakelung: In den USA hat sich die negativ angestellte Rakel schon gut bewährt. ln Europa setzt sie sich nur sehr zögernd durch, obwohl durch ihren Einsatz fast alle vorher erwähnten Probleme gelöst werden können, nämlich die negative Rakel kann und muß nur sehr leicht gegen die Oberfläche der Rasterwalze gepreßt werden, zudem oszilliert sie nicht, d. h. der Walzenverschleiß kann enorm reduziert werden.
Das Flexodruckwerk wird in zwei Ausführungsarten gebaut:
- mit dem konventionellen 2-Walzen-Farbwerk, bestehend aus Tauchwalze und Auftragwalze;
- mit dem modernen Rakelfarbwerk, bestehend aus einer Rasterwalze mit Rakel.
Die Farbdosierung erfolgt:
a) beim konventionellen Druckwerk durch Abpressen des Farbfilms zwischen Tauch- und Rasterwalze,
b) beim modernen Rakeldruckwerk durch Abstreichen der überschüssigen Farbe mittels einer Rakel.
Die Rakeldruckwerke bringen folgende Vorteile für das Flexodruckverfahen:
- gleichmäßige Farbführung über die ganze Druckbreite;
- keine Farbschwankungen bei Geschwindigkeitsveränderungen (besonders bei Negativrakelung);
- kürzerer Weg der Farbe von der Farbwanne bis zur Übertragung auf den Bedruckstoff;
- Möglichkeit des indirekten Tiefdrucks;
- kein Tauchwalzenverschleiß.
Man berichtet bereits von negativ abgerakelten Rasterwalzen, bei denen man nach fast Millionen gedruckten Laufmetern noch keine Verminderung der übertragenen Farbmenge durch den Verschleiß feststellen konnte. Die nachteilige Wirkung der hydraulischen Kräfte im Rakelspalt einer positiv angestellten Rakel bei höheren Geschwindigkeiten und höheren Viskositäten ist bei der negativen Rakel hinfällig. Die auch hier proportional zu steigender Geschwindigkeit und Viskosität ansteigenden hydraulischen Kräfte vor der Rakel begünstigen eher das Abschälen des Farbfilms von der Walzenoberfläche, da sie ja die Rakel noch mehr gegen die Oberfläche drücken.
Die negative Rakelung eliminiert im Flexodruck die negativen Einwirkungen von Geschwindigkeitsänderungen und höheren Viskositäten. Man kann je nach Substrat und Maschinenkapazität die Maschine hochfahren, ohne dabei Gefahr zu laufen, daß sich die Farbführung ändert. Man kann die Intensität der Farben für feinrasterige Qualitätsdrucke erhöhen, ohne mit der Farbviskosität im Kampf zu stehen.
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