Noch bis zu Beginn dieses Jahrhunderts war es den Physikern nicht gelungen, Newtons Gesetze der Mechanik mit der Maxwellschen Theorie des Elektromagnetismus in Einklang zu bringen. Laut Newton benötigt man nämlich ein Bezugssystem, um eine Bewegung überhaupt feststellen zu können. Maxwell wiederum sprach von der Lichtgeschwindigkeit als konstanter Größe. Die scheinbare Unvereinbarkeit dieser beiden Aussagen wird anhand des folgenden Beispiels deutlich.
Da sich das Licht ( z. B. das der Sonne) im Weltall ausbreiten kann, nahm man an, daß hierfür ein Medium vorhanden sein müsse, welches als Bezugssystem herhalten konnte. Diesem Medium gab man den Namen \"Äther\" und die Wissenschaftler der damaligen Zeit (vor allem Albert A. Michelson und Edward W. Morley) machten sich sogleich daran, dessen Existenz nachzuweisen. Dem Michelson- Morley- Experiment lag die Überlegung zugrunde, daß die Geschwindigkeit des Lichts, in verschiedenen Richtungen gemessen, unterschiedlich groß sein müsse - je nachdem, ob es sich in der selben Richtung wie der Äther oder normal zu diesem stehend bewegt. Die Verwunderung war groß, als man bemerkte, daß der Wert für die Lichtgeschwindigkeit stets gleich blieb. Das Experiment hatte somit genau das Gegenteil von dem gezeigt, was man sich ursprünglich davon erhofft hatte: Es hatte praktisch nachgewiesen, daß nichts für das Vorhandensein eines Äthers spricht.
Es dauerte allerdings noch bis 1905, bis einige Physiker wie H. A. Lorentz, Henri Poincaré und besonders Albert Einstein sich endgültig von der Denkweise Newtons und dem Glauben an einen Äther lösten und eine neue und damals sicher auch provokante Deutung[1]des Michelson- Morley- Experiments unternahmen.
Eine der beiden Hauptaussagen der Speziellen Relativitätstheorie lautet, daß die Naturgesetze in allen unbeschleunigten Bezugssystemen, die sich also gleichförmig und geradlinig bewegen, gleich sind. Es müssen somit alle Bezugssysteme als gleichwertig angesehen werden. Weiters ist es unmöglich festzustellen, ob ein Himmelskörper sich bewegt oder ob er im Universum stillsteht - schließlich ist alles relativ.
Die zweite wichtige Aussage ist, daß die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum einen konstanten Wert annimmt, der unabhängig von der Geschwindigkeit der Quelle und des Beobachters ist.
Dieser Wert (299 792 458 m/s) kann auch nicht überschritten werden. Wenn sich, um ein Beispiel zu nennen, zwei Autos mit einer Geschwindigkeit von je 100 km/h aufeinander zubewegen, so ergibt sich eine Aufprallgeschwindigkeit von 200 km/h (v1 + v2 = v1+2). Nehmen wir jetzt an, daß beide Autos ihre Scheinwerfer eingeschaltet haben und sich die Lichtstrahlen mit je ca. 300 000 km/s nähern. Sie treffen dabei allerdings nicht mit 600 000 km/s aufeinander, sondern bloß mit 300 000 km/s (c1 + c2 = c1 = c2 = c). Auch wenn wir die Geschwindigkeit der Autos berücksichtigen, so ändert das nichts am Ergebnis (v1 + c1 + v2 + c2 = c). Es gibt auch noch einen weiteren Sonderfall, den ich hier erörtern möchte: Würden die Autos mit je 80 % der Lichtgeschwindigkeit zusammenstoßen, dann wäre die Aufprallgeschwindigkeit zwar größer als 80 % von c, sie würde aber trotzdem kleiner sein als c (0,8 c < 0,8 c + c < c).
Wenn sich die Lichtgeschwindigkeit also nicht ändert, so müssen dies andere Werte tun. Am naheliegendsten sind hier wohl die Länge und die Zeit, weil diese beiden in der Formel v = s/t direkt bzw. indirekt mit der (Licht-)Geschwindigkeit verknüpft sind.
Die Längenkontraktion ist schon durch zahlreiche Experimente bestätigt worden, vor allem in Versuchen mit my-Mesonen. Das sind Teilchen, die in der Atmosphäre durch kosmische Strahlung entstehen. Obwohl sie eine Zerfallszeit von nur 2*10-6 s haben und daher bloß 600 m zurücklegen können, erreichen einige von ihnen die Erdoberfläche. Der Grund liegt darin, daß sie sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und der Weg durch die Atmosphäre deshalb verkürzt wird.
Natürlich gibt es auch Beispiele, in denen sich die Zeitdehnung nachweisen läßt. So vergeht die Zeit in Flugzeugen, die sich entweder mit oder gegen die Rotationsbewegung der Erde bewegen, verschieden schnell. Die Unterschiede spielen sich in solchen Fällen allerdings nur im Nanosekunden-Bereich ab, wodurch deutlich wird, daß das Relativitätsprinzip erst bei großen Geschwindigkeiten (bzw. großen Massen und Energien) richtig zur Geltung kommt. Deshalb arbeiten wir in Bereichen des \"täglichen Lebens\" auch weiterhin mit den Newtonschen Bewegungsgesetzen. In der Theorie vergeht zwar die Zeit für einen Menschen, der sich in Bewegung befindet, langsamer als für einen ruhenden, doch dieser Wert liegt weit unterhalb jedes meßbaren Bereiches. Es kommt noch hinzu, daß sich die eine Person relativ zur anderen in Bewegungsrichtung verkürzt, aber auch hier kann man den Unterschied nicht wahrnehmen.
Ein weiterer Faktor, der sich mit zunehmender Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit deutlich verändert, ist die Masse. Wird ein Körper beschleunigt, so erhöht sich seine Energie. Dieser Energiezuwachs ist allerdings nicht nur auf die gesteigerte Geschwindigkeit zurückzuführen, sondern auch auf den Massezuwachs, den dieser Körper erfährt. Je mehr sich der Körper nun der Lichtgeschwindigkeit nähert, desto größer wird seine Masse und desto mehr Energie wird benötigt, um ihn noch weiter zu beschleunigen. Um die Lichtgeschwindigkeit zu erreichen oder sie gar zu übertreffen, wäre ein unendlich großer Energiewert notwendig. Daß die Photonen (\"Lichtteilchen\") sich trotzdem mit fast 300 000 km/s durch das Vakuum bewegen können, liegt daran, daß sie keine Ruhemasse besitzen. Sie sind also masselose \"Teilchen\" (auf die Welle/Teilchen-Problematik werde ich im Laufe dieser Arbeit noch genauer eingehen), aber sie befinden sich nie in einem Ruhezustand, weshalb die Ruhemasse nur ein fiktiver Wert ist. Anstelle einer Masse besitzen sie Energie, womit wir auch schon bei der nächsten wichtigen Schlußfolgerung Einsteins angelangt wären: Masse und Energie sind äquivalent - Masse kann in Energie umgewandelt werden (was z. B. auf der Sonne geschieht) und umgekehrt. All dies hat Einstein in seiner berühmten Formel E = mc2 sehr anschaulich zum Ausdruck gebracht. Diese Formel sagt auch aus, daß schon sehr kleine Massen riesige Energiemengen freisetzen können, was uns Atombombenabwürfe auf überaus schreckliche Weise demonstriert haben.
Die letzte Konsequenz aus der Speziellen Relativitätstheorie, die ich hier anführen möchte, ist die Verbindung von Raum und Zeit zur vierdimensionalen Raumzeit. Einstein sah Raum und Zeit erstmals als physikalische Größen an, die darüber hinaus noch untrennbar miteinander verbunden sind. Was die Zeitdimension am stärksten von den drei Raumdimensionen unterscheidet, ist die Tatsache, daß wir uns in ihr nur in eine Richtung bewegen können - nämlich von der Vergangenheit in die Zukunft. Wie vorhin schon erwähnt, kann die Geschwindigkeit, mit der wir in der Zeit fortschreiten, verändert werden, allerdings nur innerhalb bestimmter Grenzen: Die Relativitätstheorie verbietet uns, uns in der Zeit rückwärts zu bewegen. Das bleibt vorerst nur den Science Fiction - Autoren vorbehalten.
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