Die zusammengedrückte Gestalt der menschlichen Ohrmuschel ist ein bescheidenes Überbleibsel der beweglichen Auffangtrichter vieler anderer Säugetiere.i Sie ist trotz einiger an sie heranreichender Muskeln kaum mehr beweglich. Auch die ursprünglich vorhandenen Schließmuskeln sind nur noch in spärlichen Resten zu sehen.ii
Die Ohrmuschel erfüllt zusammen mit weiteren den Schalleindruck beeinflussenden Teilen (wie Kopf, Schultern, ...) eine Reihe von Aufgaben:
Nach Linder iii dienen lediglich geringe Zeitunterschiede von linkem und rechtem Signal und Intensitätsunterschiede für die Orientierung im Raum. Dies ist sehr unvollständig! Jeder, der schon einmal einen Kopfhörer benutzt hat, wurde unwillkürlich mit dem Phänomen der IKL1 (Im-Kopf-Lokalisation) vertraut. Hier scheint das Klangereignis im Kopf stattzufinden. Erste skurrile (sic!) Theorien kamen um 1950 auf (Hier wurden u.a. Übermodulation des Nervensystems, die Unveränderlichkeit der Signale am Ohr bei Kopfbewegungen, Kontaktpunkt der Kopfhörer am Ohr und die fehlende Beschallung des Körpers für die IKL verantwortlich gemacht.). Erst in einer 1968 von Reichhardt und Haustein veröffentlichten Arbeit wurde die Vermutung geäußert, daß der bei der Kopfhörerwiedergabe ausgeschaltete Einfluß des Außenohres für die IKL verantwortlich wäre.iv
Trifft also ein Schallsignal von der linken Seite auf den Kopf, so kann man durch direkte Messung des Schallsignals vom Trommelfell feststellen, daß das Schallsignal stark deformiert wurde. Unmittelbar einsehbar ist, daß der Impuls am linken Ohr früher als am rechten ankommt. Durch Abschattungswirkung des Kopfes ist außerdem das Signal am rechten Ohr leiser als am linken Ohr. Dazu kommen weitere Effekte, wie Reflexionen an den Schultern, Beugungen und Resonanzerscheinungen an den Ohrmuscheln. Durch die beschriebenen Effekte werden dem Schallsignal bestimmte Merkmale mitgegeben, aus denen das Gehirn den Ort seiner Herkunft \"berechnen\" kann (Experimenteller Beweis 1972).
Der kleinste unterschiedene Winkel, aus dem die Schallquelle kommt beträgt 8,4°ii oder 7°i. Die charakteristische Form und die einzelnen Teile der Ohrmuschel sind individuell sehr verschieden.ii Dementsprechend unterschiedlich ist auch die Art der Beeinflussung des Signals. In bestimmten Bereichen betragen diese Unterschiede im Frequenzgang mehr als zehn Dezibel (Dezibel (dB) ist die Maßeinheit für den Schalldruckpegel. Die Schwelle, von der an ein Ton gerade hörbar ist, bezeichnet man mit 0 Bel. Ein Flüstern ist etwa 1000 Mal so laut und wird, da Bel logarithmisch berechnet wird, mit 3 Bel beschrieben (1000=10³). Da das Bel als Maßeinheit zu groß ist, verwendet man Dezibel, ein Maß, das einem Zehntel Bel entspricht: Flüstern = 30 dB)
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