In den Jahren 1897, 1899 wurde F. Braun durch Investoren veranlaßt, Experimente über Telegraphie im Wasser zu unternehmen. Diese wurden mit Erfolg in Straßburger Kanälen durchgeführt, es wurde eine Strecke von 1800 m überbrückt. Ähnliche Arbeiten wurden an anderen Orten versucht, jedoch ohne Erfolg. Die Ursache für den Mißerfolg war, daß sich im Wasser ein Gleichstrom oder ein Niederfrequenzwechselstrom viel schlechter ausbreitet als Hochfrequenzstrom. Ferdinand Braun benutzte für seine Experimente bereits Funkengeneratoren unter Verwendung von Kondensatoren, Spulen und gekoppelten Kreisen. Ein Patent wurde aufgenommen. Mit dieser Arbeit wurde der drahtlosen Telegraphie zum Durchbruch verholfen.
Im Gegensatz zu Marconi hatte sich Ferdinand Braun bis dahin kaum mit diesem Gebiet beschäftigt. Er war bereits 47 Jahre alt, als er anfing sich dafür zu interessieren. Die berühmten Arbeiten von Hertz in Karlsruhe waren schon überall bekannt. Branly (1890), Lodge (1894), Popov (1895) und Marconi hatten damals die ersten Sender und Empfänger für die drahtlose Übertragung ausgearbeitet. Marconi war am weitesten fortgeschritten, er konnte bereits eine Nachricht über den 15 km breiten Bristolkanal (zwischen Wales und Cornwall) senden. Slaby in Deutschland erreichte eine Überbrückung von 21 km mit einer 300 m hohen Antenne.
Die Entwicklung stockte, größere Entfernungen konnten kaum überschritten werden. Alle hatten Schwierigkeiten. Ferdinand Braun führte seine Erfahrungen von der Wassertelegraphie in seine neue Sendeanlage ein. Er benutzte zwei gekoppelte Schwingkreise: der eine enthielt die Funkenstrecke, der andere die Abstrahlungsantenne. Diese Idee führte zu einem großen
Erfolg. Die Wirksamkeit der Ausstrahlung nimmt wegen der Resonanzeffekte zwischen den gekoppelten Kreisen stark zu.
Dank seiner Kenntnisse im Umgang mit Funken und gekoppelten Kreisen hat Ferdinand Braun am 20. September 1898 eine Funkverbindung aufgebaut, zuerst zwischen dem Physikalischen Institut in Straßburg und der näheren Umgebung, dann mit dem 30 km entfernt gelegenen Vogesenort Mutzig. Schließlich wurde an der Nordsee zwischen Cuxhaven und Helgoland über 62 km hinweg eine klare Verbindung hergestellt. Von jetzt an beschäftigte sich Ferdinand Braun fast ausschließlich mit der drahtlosen Telegraphie.
Die 1890 zum ersten Mal eingesetzte Rahmenantenne ermöglicht eine gerichtete Ausstrahlung und einen Richtempfang. Damit werden atmosphärische Störungen unterdrückt und unerwünschter Mitempfang ausgeschaltet. Marconi übertrug diese neue Braunsche Schaltung auf seine Geräte. 1901 verbindet er Europa mit Amerika, die drahtlose Telegraphie kann nun die Welt erobern. 1909 der Triumph: die schwedische Akademie verleiht Ferdinand Braun den Nobelpreis in Physik für seine Arbeiten in Straßburg.
Auch in den folgenden Jahren betätigt er sich weiter als Hochschullehrer und Erfinder. 1899 erinnert er sich an die Zeit, in der er als Gymnasiallehrer in Leipzig weilte. Es war im Jahre 1874, als er feststellte, daß Schwefelsulfidkristalle den Strom in verschiedenen Richtungen unterschiedlich leiten. Dies ist die Eigenschaft eines Gleichrichters, Wechselstrom wird nur in einer Richtung durchgelassen. Ferdinand Braun hatte somit den Gleichrichter entdeckt, den Halbleiter, die Basis der modernen Elektronik. Mit seinem Kollegen E. Cohn in Straßburg ermittelt er die Hochfrequenzeigenschaften der Halbleiter, er fand sie für seine Zwecke sehr geeignet. Ab 1906 hat Ferdinand Braun den ursprünglich benutzten Fritter durch solche Kristalle ersetzt. Der Kristallempfänger war geboren. Es war ein großer Erfolg.
1899 finden an der Straßburger Universität die weltweit ersten Vorlesungen über Hochfrequenzphysik statt.
Die Russen N. Papalexii und N. Mandelstam werden auf Professuren berufen, sie werden enge Mitarbeiter Brauns. Viel später haben sie dann in Rußland das Radiowesen eingeführt und weiter entwickelt. Sie wurden für ihre Verdienste beim ersten Sputnikraumflug erwähnt. So erscheint Ferdinand Braun als ein Vorfahre der Weltraumfahrt.
Braun arbeitet weiter in der Grundlagenforschung, so konnte er experimentell nachweisen, daß Licht und Hertzsche Wellen den gleichen optischen Gesetzen gehorchen.
Braun als Industrieunternehmer
Braun hat eine Reihe von Meßinstrumenten entwickelt und verbessert. Sein Bruder leitete die Firma Hartmann und Braun, die Apparate von F. Braun kommerziell vermarktete. Für die Telegraphie im Wasser arbeitete er mit dem Investor Stollwerk zusammen. Diese Zusammenarbeit führte im Juli 1900 zur Gründung der neuen Braun-Siemens-Halske Gesellschaft, die später mit anderen Unternehmen verschmolz und heute noch unter dem bekannten Namen Telefunken produziert.
Die Braunsche Röhre
Der Braunsche Sender. Dieser Schwingkreis erinnert an eine Bastelei. Die Kondensatoren bestehen aus Leydener Flaschen, die Spulen aus Kupferdraht, die Funkenstrecke befindet sich darüber.
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