Die heutige Drogenverbotspolitik reicht in ihren Anfängen bis in den Anfang dieses Jahrhunderts zurück. Schon zu dieser Zeit standen neben gesundheitlichen-moralischen Aspekten politisch-ökonomische Interessen verschiedener Staaten im Vordergrund der Verbots-und Kontrollpolitik von Opiaten. In den USA wurde 1914 der sog. \"Harrison-Narcotics-Act\" statuiert, mit dem zum ersten Mal der Besitz von Drogen unter Strafe gestellt wurde, womit eine Grundsteinlegung für die heutige Kriminalisierung von DrogengebraucherInnen gelegt wurde. Neben diversen Verträgen, die die Drogengesetzgebung verschärften, wurde 1961 in New York erstmals ein Vertrag beschlossen, der vier Listen mit Stoffen einführte, welche "Substanzen mit einer ernsten Gefahr für die Bevölkerung beinhalten und aufgrund ihrer Illegalität ! (die Stoffe waren vor ihrem Verbot noch nicht illegal) gefährlich seien.\"
(Schroers, A., 1996, S.38).
Nachdem sich in den USA eine u.a. durch Sensationsmeldungen und Horrorszenarien seitens der Presse ausgelöste Paranoia gegenüber LSD entwickelt hatte, wurden auf der UN-Konferenz über psychotrope Stoffe in Wien 1971 vier Listen mit Stoffen unterschiedlicher Kontrollformen eingeführt. Liste l führt Stoffe, denen keinerlei Heilwirkung, dafür aber ein großes Risikopotential zum Mißbrauch zugeschrieben wurde. Liste ll führt Stoffe wie Amphetamin und Stimulanzien, denen aufgrund ihres Abhängigkeitpotentials wenig therapeutische Möglichkeiten gegeben wurden. Auf Liste lll kamen Schlafmittel (Barbiturate) und auf Liste lV Beruhigungsmittel und Tranquilizer.
Nachdem verdeckte Agenten der Drug Enforcement Administration in den USA auf die Gefährlichkeit von MDMA als Straßendroge aufmerksam gemacht hatten, fanden im Februar und März 1985 verschiedene Anhörungen statt. Noch bevor diese alle beendet waren, wurde MDMA im Rahmen einer übereilten "Notprozedur\" in die erste der genannten Listen eingestuft. Dies hing mit denen im ersten Kapitel bereits beschriebenen Zwischenfällen zusammen, bei denen Fentanyl-Derivate als "China-White\"- Heroin verkauft worden waren und es zum Auftreten einiger Parkinson-Erkrankungen gekommen war. Der damals vorsitzende Richter stellte den möglichen medizinischen Nutzen von MDMA fest und schlug vor, es in die dritte Liste aufzunehmen. Diesem Vorschlag folgte die DEA allerdings nicht, so daß MDMA am 11. Februar 1985 endgültig in die Liste l gelegt wurde. Da die USA schon oft eine Art "Vorreiter-Rolle\" in der Drogenprohibition innehatten, ließ ein weltweites Verbot von MDMA nicht lange auf sich warten, sei es aufgrund internationaler Abkommen, oder auch, weil andere Regierungen versuchten, das Problem auf die gleiche Art und Weise lösen, wie die USA.
Das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG) beinhaltet drei Arten von Substanzen (Anlagen I bis lll), wobei die Stoffe der gleichen Gruppe Gemeinsamkeiten hinsichtlich des möglichen medizinischen / therapeutischen Nutzens aufweisen sollen.
Da MDMA und seine nahestehenden Stoffe und Derivate in Anlage l zu §1 Absatz 1 als "nicht verkehrsfähige\" Substanzen aufgenommen wurden, stehen sie dem Gesetz nach auf derselben Stufe wie Heroin, Kokain, LSD und Cannabis. Die Gemeinsamkeit der in dieser Anlage zusammengefaßten Substanzen ist, daß sie alle keinen medizinisch anerkannten Nutzen haben sollen und ein hohes Mißbrauchspotential aufweisen. Des weiteren werden die Drogen dieser Gruppe umgangssprachlich als "harte\" Drogen bezeichnet. Die Drogenforscherin C.Schmerl unterteilt das Charakteristikum "hart\" in drei weitere ein. Zum ersten die vergleichbare Menge, die benötigt wird, um mittels einer Droge denselben Effekt zu erzielen, wie mit einer anderen, zum zweiten die Qualität des Effekts einer Droge (z.B. MDMA im Vergleich zu Heroin), und zum dritten ist in diesen qualitativen Eigenschaften einer Droge "Härte\" auch ein Maßstab dafür, mit welcher Geschwindigkeit eine Substanz bei regelmäßigem Konsum eine psychische oder physische Abhängigkeit hervorruft.
Wenn man nun die Eigenschaften von Ecstasy unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, so stellt sich die Frage, ob es zu Recht in eine Klasse mit Heroin oder Kokain eingeordnet werden darf. Wegen der eingebauten Sicherheitssperre, der recht weichen Wirkweise und des relativ geringen Abhängigkeitspotentials kann man MDMA meiner Meinung nach nicht auf eine Stufe mit den erwähnten anderen Substanzen stellen.In den Niederlanden wird MDMA zusammen mit Cannabis den "weichen\" Drogen zugeordnet, was ich auch nicht optimal finde, meiner Auffassung nach liegt Ecstasy zwischen den "harten\" und "weichen\" Drogen. Da aber nicht davon auszugehen ist, daß Ecstasy in Deutschland in naher Zukunft legal erforscht werden darf, oder auf seine mögliche Verwendung in Psychotherapien hin überprüft wird, würde es so oder so keinen Sinn machen, wenn es in einer der anderen Klassen eingeordnet werden würde.
4.1 Auswirkungen des BtMG in der Praxis
Hier soll ein kurzer Überblick über das Maß der Strafe gegeben werden, mit welchem der Besitz von Ecstasy oder ähnlichen Substanzen belegt wird. Seitdem MDMA in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen wurde, verhält sich grundsätzlich jeder, der im Besitz davon ist, kriminell. Die juristischen Folgen, bzw.das Strafmaß hängen in erster Linie
von der Quantität des Drogenbesitzes bzw.des Verkaufes ab. Grundsätzlich wird ein Unterschied zwischen einer "geringen Menge\" und einer "nicht geringen Menge\" gemacht. Bei der "geringen Menge\" handelt es sich um die Substanzmenge, bei der nach Anwendung des § 29, Absatz 5 des BtMG von einer Bestrafung abgesehen werden kann (!). Hierfür wird allerdings die Bedingung gestellt, daß das Betäubungsmittel lediglich zum Eigengebrauch in geringer Menge hergestellt, eingeführt, ausgeführt, erworben, oder auf andere Weise besessen wird. Bei MDMA bedeutet dies, daß den Strafverfolgungsbehörden bei einer Menge von ca. 2-3 Konsumeinheiten, welche mit einer Tablette mit einer enthaltenen Substanzmenge von ungefähr 100-150 mg Reinsubstanz gleichzusetzen sind, die Möglichkeit haben, von der Ahndung des Delikts abzusehen. Allerdings wird die Anwendung dieses Paragraphen je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt. So wird der § 29, Abs.5 in Bayern nicht angewendet, so daß schon beim Besitz einer halben Ecstasy-Pille Geldbußen von mehreren hundert Mark keine Ausnahme sind. Zusätzlich gibt es noch den § 31a des BtMG, nach dem von der "Verfolgung\" eines Täters abgesehen werden kann, wenn die Schuld des Betroffenen als "gering\" anzusehen ist, kein "öffentliches Interesse\" an der Strafverfolgung besteht oder die auffällig gewordene Person die Betäubungsmittel lediglich zum Eigengebrauch besitzt. Da der Bundesgerichtshof bis jetzt noch nichts Endgültiges festgelegt hat, orientieren sich die einen Landgerichte an den Entscheidungen der anderen. Die Grenzwerte für "nicht geringe\" Mengen werden im Sinne weniger schwerer Fälle wie folgt definiert:
MDMA 24g (ca. 200 KE á 120 mg )
MDEA 34g (ca. 200 KE á 170 mg )
MDA 48g (ca. 600 KE á 80 mg )
Amphetamin 10g (ca. 200 KE á 50 mg )
LSD 6g (ca. 120.000 KE á µ50 )
Nach Schroers wird anstelle der Konsumeinheiten manchmal auch die Base der Substanz zugrundegelegt (ebd., 1996, S.43).
Problematisch ist diese Grenzwertsetzung für den Konsumenten allerdings in folgender Hinsicht: Da es bisher sehr schwierig ist, seine Pillen auf ihre Zusammensetzung bzw. Ihren Wirkstoffgehalt überprüfen zu lassen, weiß er nicht, mit wie vielen Pillen seiner derzeitigen Sorte er diese Grenzwerte erreicht oder überschreitet. Dazu kommt noch, daß jedes Landgericht entscheiden kann, daß die oben angegebenen Grenzwerte zu hoch
seien und die "geringen Mengen\" niedriger ansetzen können. Außerdem spielen bei einer eventuellen Verurteilung noch andere Faktoren eine Rolle, z.B, ob die auffällig gewordene Person beim Verkaufen oder Weitergeben der Pillen beobachtet wurde (sehr unvorteilhaft), ob sie schon vorher straffällig wurde und ob sie ein Geständnis abgelegt hat.
4.2 Zahlenmaterial des Bundeskriminalamtes zu Ecstasy und anderen "Partydrogen\"
Nach dem Rauschgiftjahresbericht des BKA ist bei den polizeilich registrierten Rauschgiftdelikten im Jahr 1995 eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 1994 festzustellen (ebd., 1995, S.11). Der Anstieg beträgt 19,7%. Besonders bei den Partydrogen sind hohe Zuwachsraten zu verzeichnen. Bei den Amphetaminen beträgt sie 102,3%, bei LSD 62.5%, bei Kokain 25,9%. Die Zuwachsrate mit anderen Betäubungsmitteln, zu denen auch Ecstasy zählt, beträgt 40,9%.
\"Die Gesamtzahl der Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen (EKhD) hat mit einem Anstieg um 4,9% auf 15.230 eine neue Rekordhöhe erreicht, die ausschließlich auf die Entwicklung im Bereich der synthetischen Betäubungsmittel zurückzuführen ist.\"
(BKA, Rauschgiftjahresbericht 1995, S.6).
Dagegen ist in Zusammenhang mit Heroin eine abnehmende Erstauffälligenzahl (-18.0%) sowie eine gesunkene Sicherstellungsmenge (-41,3%) zu verzeichnen.
Auch bei den Sicherstellungszahlen in Zusammenhang mit Partydrogen ist ein rapider Zuwachs zu beobachten:
Sicherstellungen in der Bundesrepublik Deutschland 1994 und 1995
Rauschgiftart
1995 1994
Heroin 933 kg 1590 kg
Opium 15 kg 35 kg
Kokain 1845 kg 767 kg
Amphetamin 138 kg 120 kg
Ecstasy 380.858 KE 238.262 KE
LSD 71.069 KE 29.627 KE
Haschisch 3809 kg 4033 kg
Marihuana 10436 kg 21660 kg
Haschischöl 2834 kg 1434 kg
( Quelle: BKA Rauschgiftjahresbericht 1995, S.30)
Man sieht, daß der größte Zuwachs bei den Sicherstellungen mit 59% bei Ecstasy liegt, hingegen die Sicherstellungen bei Heroin, wie schon gesagt, um 41,3% niedriger lagen.
Bei der Zahl der Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen ist die Tendenz ähnlich:
Rauschgift
1995 1994
Gesamtzahl 15230 14512
Heroin 6970 8501
Kokain 4251 4307
Amphetamin 3119 2333
Ecstasy 2371 nicht bekannt
LSD 772 321
sonstige 26 490
(Quelle: BKA Rauschgiftjahresbericht 1995, S.49ff.)
"Erstauffällige Konsumenten sind Personen, die im Berichtsjahr erstmals der Polizei oder dem Zoll in Verbindung mit dem Konsum harter Drogen aufgefallen sind. Dabei handelt es sich nicht in jedem Fall um Rauschgiftabhängige, sondern auch um Personen, welche die Droge ausprobierten oder um Gelegenheitskonsumenten. Aus polizeilicher Sicht kann hier keine Unterscheidung getroffen werden.\"
(vgl.BKA, Rauschgiftjahresbericht 1995, S.49)
Die teilweise sehr stark angestiegenen Zahlen im Bereich der synthetischen Drogen müssen etwas relativiert werden. Es kann sein, daß durch die in jüngster Zeit stark gestiegene Präsenz der Ecstasy-Thematik in den Medien und die dadurch ausgelöste öffentliche Diskussion die Behörden veranlaßt hat, in diesem Bereich verstärkt tätig zu werden. Es ist davon auszugehen, daß mit steigender Konsumentenzahl zwangsläufig auch die Bemühungen der Polizei steigen, dagegen etwas zu tun.
\"Wahrscheinlich nimmt nicht nur die Anzahl der Konsumenten zu, sondern auch die der Fahndungen und Razzien der Polizei\"
(Wirth, N., 1996, S.38).
Festzustellen bleibt allerdings, daß die Tendenz eher in Richtung eines Anstiegs der Verbreitung von Ecstasy geht und nicht in die eines Rückgangs.
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