Wer gehört zur Jugend? Es scheint, als ob es keine klaren Altersangaben gibt, die Klarheit darüber verschaffen, wer schon, und wer noch zur Jugend gehört. Fest steht auf jeden Fall: die Jugend dauert immer länger. Sie beginnt eher, was Soziologen unter den Begriff \"Akzeleration\" fassen:
Mit dieser Akzeleration ist die Beschleunigung der körperlichen und psychischen Reifung des Menschen gemeint. Die Menschen sind in den letzten 100 Jahren immer größer und auch schneller geschlechtsreif geworden. Die psychischen Auswirkungen sind nicht minder erstaunlich: Die stark medialisierte Welt sorgt dafür, daß Kinder immer früher immer mehr wissen. Sie sind mit neuer Technik schneller vertraut und haben ein hohes Markenbewußtsein.
Andererseits hört \'die Jugend\' immer später auf: Studenten z.B. sind nicht selten bis zum 28. Lebensjahr an der Universität und haben oft auch nach dem Abschluß keine Ambitionen auf einen festen Job, Heirat und Kinder. Auch beim Übergang in die Welt der Erwachsenen lassen sich die Jugendlichen schwer fassen, die (Alters-) Grenzen verwischen, sie sind unscharf.
Die Ausweitung der Jugendzeit stärkt die Bedeutung der Jugendkultur, der sie sich jeweils zugehörig fühlen. Und: Es werden immer mehr, die sich in Sachen Jugendkultur engagieren (können). Etwa 17 Millionen Einwohner im Alter von 14 bis 29 Jahren hatte die Bundesrepublik 1992. Dazu kommt eine gestiegene Anzahl von Leuten, die durch Schule, Uni oder andere Arten von Ausbildung Zeit haben, weiterhin Jugendkultur zu produzieren und/oder zu konsumieren.
Eine große Rolle spielt hierbei, daß der Stellenwert der Familie, ihre Bedeutung, stark abgenommen hat: Jugendkulturen sind heutzutage zum Familienersatz geworden:
\"Familie, Stamm und Nation sind Dinosaurier: unsympathisch und reaktionär, Jugendkulturen verhöhnen diese überkommenen Sozialisationsagenten und ersetzen sie durch gestylte Simulationen.\"
Unter dieser Entwicklung leiden auch Religion und Politik. Das entstandene \"Bin-dungsvakuum\" wird neu gefüllt: Für die Jugendlichen werden Cliquen, Szenen und peer groups (Gruppe der Gleichaltrigen) immer wichtiger, hier treffen sie Leute, die sie verstehen, und die gleiche Interessen haben wie sie.
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