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musik artikel (Interpretation und charakterisierung)

Melodik

Modal jazz und free jazz


1. Konzert
2. Jazz

1955 stellte Miles Davis ein Quintett um den Tenorsaxophonisten John Coltrane zusammen, dessen Stil in krassem Gegensatz zu Davis' eigenem facettenreichen, entspannten und ausdrucksstarken Melodielinien stand. Coltranes Vortrag war geprägt von Leidenschaft und geschmeidigem, schnellem Tempo. Er erkundete jede nur mögliche Melodieidee, mochte sie noch so exotisch sein, und spielte ebenso langsame Balladen mit größter Sensibilität. In seinen Soli bewies er einen außergewöhnlichen Sinn für Form und Tempo. 1959 wirkte er bei einem Album von Miles Davis mit, das sich als Meilenstein in der Geschichte des Jazz erweisen sollte: Kind of Blue. Zusammen mit dem Pianisten Bill Evans schrieb Davis für diese Langspielplatte eine Reihe von Stücken, die 16 Takte lang in einer einzigen Tonart, einem einzigen Akkord und einem "Modus" blieben (was zu der Bezeichnung Modal Jazz führte); daraus ergab sich für den Solisten ein Höchstmaß an Improvisationsfreiheit.

Coltrane trieb die Komplexität des Bop mit seinem Album Giant Steps (1959) auf die Spitze, dann wandte er sich dem Modal Jazz zu, der sein Repertoire in den Jahren nach 1960, als er My Favourite Things komponierte, dominierte. Hier verwendete er ein Arrangement mit offenem Ende, bei dem jeder Solist so lange, wie er wollte, in ein und demselben Modus spielen konnte. Zu Coltranes Quartett gehörten der Pianist McCoy Tyner und der Schlagzeuger Elvin Jones.

Fast zur gleichen Zeit kam es mit dem Free Jazz zum endgültigen Bruch mit den klassischen Traditionen des Jazz: Sämtliche formalen Prinzipien wurden über Bord geworfen, und an die Stelle gestalteter Formschemata trat die "offene Form". Die Gesetze von Harmonie (tonale Klangbeziehungen), Melodie und Rhythmus (durchlaufender Beat) verloren an Bedeutung, und jede Art von Klängen und Klangverbindungen war erlaubt. Einer der kreativsten (und umstrittensten) Musiker dieser Phase war der Altsaxophonist Ornette Coleman, dessen Improvisationen, zuweilen fast atonal, ganz ohne Akkordschemata auskamen, während er den durchlaufenden Beat noch beibehielt. Colemans klagender Ton und seine ungewöhnliche Technik schockierten anfangs viele Kritiker, andere dagegen erkannten den unbedingten Experimentierwillen, die Ernsthaftigkeit und den seltenen Sinn für Form, durch den sich seine Soli auszeichneten. Coleman inspirierte eine ganze Schule des Avantgarde-Jazz, der seine Blütezeit in den sechziger und siebziger Jahren erlebte und zu dessen wichtigsten Vertretern so berühmte Namen wie das "Art Ensemble of Chicago", der Klarinettist Jimmy Giuffre oder der Pianist Cecil Taylor gehörten.

 
 

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