Jazz, Musik, die um 1900 von den Nachkommen der Sklaven in den Südstaaten der USA entwickelt wurde. Der Jazz entstand aus der Berührung zweier unterschiedlicher Kulturen: der europäisch-amerikanischen einerseits und der afrikanischen anderseits. Seine Elemente stammen sowohl aus der schwarzen als auch aus der weißen europäischen Musik.
STILMERKMALE
Seit den Anfängen des Jazz hat diese Musik so viele unterschiedliche Stile entwickelt und sich so stark verändert, daß keine allgemeine Beschreibung allen Stilen gerecht wird. Dennoch gibt es einige Charakteristika, die für alle Ausprägungen des Jazz gelten, wobei es auch hier wiederum Ausnahmen gibt.
In der Regel improvisiert der Jazzmusiker innerhalb der Konventionen, die durch die ausgeübte Stilrichtung vorgegeben sind. Die Improvisation wird normalerweise durch ein sich wiederholendes Akkordschema begleitet. Der Instrumentalist ahmt den Gesangsstil der schwarzen Musik nach, z. B. durch Glissandi und absichtlich unsauber intonierte Töne, Tonhöhenveränderungen wie den Blue notes (Töne auf der erniedrigten 7. und 3. Stufe der Durtonleiter und - seltener - auf der 5. Stufe der Molltonleiter, die für die gesamte Jazzmelodik und -harmonik charakteristisch sind) und Toneffekte wie Growls (instrumentale Nachahmungen der sogenannten Dirty Tones, der "schmutzigen Töne") und Wails.
Um ein individuelles Klanggewebe zu erzielen (ein eigenständiges Verständnis von Rhythmus und Form und einen individuellen Aufführungsstil), spielt der Musiker einen Rhythmus, der durch das typische geringfügige Vor- und Nachverlagern der Töne, den Off Beat, gekennzeichnet ist. Er verleiht der Musik durch den typischen "Swing" eine federnde und entspannte Qualität. Partituren dienen nur als Richtlinien, die ein gewisses Grundgerüst für die Improvisation durch die Soloinstrumente vorgeben.
Die Standardbesetzung einer Jazz-Combo war in den Anfängen dieser Musik, dem New-Orleans-Stil (um 1900 bis etwa 1930), folgende: Klavier, Baß, Schlagzeug und eventuell Gitarre oder Banjo als Rhythmusgruppe, Kornett oder Trompete, Klarinette und Posaune als Melodiegruppe. In den Big Bands des Swing der dreißiger Jahre waren die Bläser in folgende Gruppen unterteilt: Saxophone, Posaunen und Trompeten.
Die Jazzimprovisation bedient sich zahlreicher Stücke mit höchst unterschiedlichem formalen Aufbau. Zwei formale Muster erscheinen besonders häufig: Das erste ist die allgemeine Liedform AABA, die in der Regel aus 32 Takten (im -Takt) besteht, die in vier 8taktige Abschnitte unterteilt sind. Die zweite vorherrschende Form, die tief in der afrikanischen Volksmusik verwurzelt ist, ist die 12taktige Bluesform. Im Gegensatz zur 32taktigen AABA-Form haben Bluessongs ein relativ feststehendes Akkordschema.
URSPRÜNGE
Der Jazz hat seine Ursprünge in der Mischung aus unterschiedlichen Musiktraditionen der als Sklaven nach Amerika deportieren Schwarzen. Wesentliche Elemente stammen aus der westafrikanischen Volksmusik, den Volksmusikformen der Schwarzen, die sich in den europäischen Kolonien auf amerikanischem Boden entwickelten, sowie der europäischen Volksmusik und Kunstmusik des 18. und 19. Jahrhunderts. Aus der afrikanischen Musiktradition flossen Gesangsstile ein, die dem Sänger einen großen Freiraum für stimmlichen Ausdruck ließen, sowie die Tradition der Improvisation, das Frage-und-Antwort-Schema (Call-and-Response) sowie die rhythmische Komplexität (Synkopierung der einzelnen Melodielinien und gegensätzliche Rhythmen, die von unterschiedlichen Instrumentalisten des Ensembles gespielt wurden). Andere prägende Formen aus der afroamerikanischen Musik waren Worksongs und andere rhythmische Arbeitslieder der Sklaven sowie Wiegenlieder und später die Spirituals (religiöse Gesänge) und der Blues (weltliche Tradition).
Aus der europäischen Musik gelangten nicht nur bestimmte Stile und Formen in die Urformen des Jazz (Hymnen, Märsche, Tanz- und Volksmusik), sondern auch theoretische Elemente, besonders die Harmonie, sowohl als Reservoir an Akkorden als auch als Ordnungsprinzip, das bestimmte musikalische Formen bedingt.
In der Anfangszeit des Jazz spielten die Musiker ausschließlich ohne Noten. Um 1910 brach der Orchesterleiter W. C. Handy mit der bis dahin rein mündlichen Tradition des Blues und veröffentlichte seine ersten Bluessongs (Seine Stücke waren bei Jazzmusikern besonders beliebt, und ihre vielleicht beste Interpretin fanden sie später in der Bluessängerin Bessie Smith, die in den zwanziger Jahren zahlreiche seiner Songs aufnahm).
GESCHICHTE
In seinen Anfängen wurde der Jazz von kleinen Blaskapellen oder Solopianisten gespielt. Zum Repertoire gehörten neben Ragtime und Märschen Hymnen, Spirituals und Blues, die als Unterhaltungsmusik für Picknicks, Hochzeiten, Paraden, Beerdigungen und sonstige Veranstaltungen dienten. Normalerweise wurden bei Beerdigungen auf dem Weg zum Friedhof Trauerlieder gespielt, auf dem Rückweg fröhliche Märsche. Blues und Ragtime waren unabhängig vom Jazz entstanden und existierten neben dieser Gattung. Sie beeinflußten jedoch Stil und Formen des Jazz und lieferten ihm die Stilmittel für die Improvisation.
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