Als Dirigentin war die Frau noch weniger anerkannt als z.B. als Sängerin. Und selbst heute haben Dirigentinnen die gleichen Probleme. Doch damals war die Situation noch erheblich schwieriger.
Im 18. Jahrhundert waren die ersten Dirigenten Wagner oder Mendelssohn. Frauen durften natürlich keine professionellen Orchester leiten. Trotzdem versuchten einige, Gesangsgruppen oder Schulorchester zu leiten, ohne von Männern angegriffen zu werden . Für Dirigentinnen fehlten die nötigen Ausbildungsmöglichkeiten und so mussten sich die Frauen selbst unterrichten.
98% der heutigen Dirigenten oder Kapellmeister sind männlich. Jedoch ist die Zahl der Frauen im Bereich Schulmusik, Kirchenmusik und in der Laienmusik den Männern gegenüber ausgeglichen. Aber warum haben es Frauen besonders schwer, wenn sie sich intensiv mit dem Dirigieren beschäftigen wollen?
Zu einem Dirigenten gehören \"Führungsqualitäten, Autorität und neben überragender Musikalität auch die Fähigkeit, formale Zusammenhänge großen Ausmaßes geistig zu bewältigen\". Diese aufgeführten Eigenschaften spricht man der Frau gewöhnlich ab. Also wird sie nie fähig sein, ein Orchester zu leiten. Arthur Nikisch (1855-1922) nahm keine Frauen auf die Dirigentenschule in Leipzig auf, mit der Begründung: \"Bei dem heutigen Stand der Dinge haben die Frauen, selbst wenn sie hervorragend begabt sind, keine Aussicht, praktisch zur Ausübung des Dirigentenberufes zu gelangen ...\". Beim einem Dirigierwettbewerb traten 1973 von 65 Kandidaten lediglich 2 Frauen an. Dies zeigt die Einschüchterung, die Männer systematisch gefördert haben. Möglicherweise liegt dies am Verhältnis zwischen Dirigentin und männlichen Orchestermitgliedern. Dieses Empfinden drückt Clara Schumann aus: \"Die Dirigenten sind wahrhafte Tyrannen\". Eine Frau, die heutzutage versucht, die Dirigentenlaufbahn einzuschlagen, braucht sehr viel Durchhaltevermögen. Branchentypisch ist außerdem die Abhängigkeit der/des Dirigentin/Dirigenten von Empfehlungen anderer. Diesem Problem müssen sich vor allem Frauen stellen, da sei auch heutzutage noch besser sein müssen als viele Männer. Um eine minimale Erleichterung zu erreichen, versuchten die Frauen, sich mit einem eher männlichen Auftreten, Respekt zu verschaffen. Zu fragen ist, warum sich Frauen immer verstellen oder verkleiden mussten, um anerkannt zu werden. Wo bleibt die weibliche Identität? Ist eine solche Haltung der Männer nicht frauenverachtend?
Diese Beispiele lassen verstehen, warum auch heute noch so wenig Frauen den Mut haben, sich gegen Männer aufzulehnen. Ein entgegengesetztes Exempel stellt Fanny Hensel dar. Sie war eine willensstarke Frau, die sich nicht abbringen ließ, eine Gruppe öffentlich zu dirigieren. Die Pianistin und Komponistin Johanna Kinkel (1810-1858) äußerte sich über Fanny Hensels Dirigieren folgendermaßen: "Es war ein Aufnehmen des Geistes der Komposition bis zur innersten Faser und das gewaltigste Ausströmen desselben in die Seelen der Sänger und Zuhörer\". Dieses couragierte Verhalten sollten sich auch heutzutage Frauen zum Vorbild nehmen.
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