Schieles Erfolglosigkeit zu Lebzeiten wurde in der Literatur immer übertrieben. Er war weder Hungerleider noch verkanntes Genie.
Die 49. Sezessionsausstellung 1918 in Wien war bereits künstlerisch und materiell ein großer Erfolg. Der Künstler verkaufte von 50 ausgestellten Bildern einen nennenswerten Teil.
Um damals Einfluss auf andere Künstler auszuüben, war Schiele noch zu jung. Sein früher Tod hatte die Umsetzung des Plans, eine Schule in seinem alten Atelier einzurichten, verhindert.
Die gesellschaftliche und politische Entwicklung ab 1933 in Deutschland und der sogenannte Anschluss Österreichs an das "Dritte Reich" 1938 trugen dazu bei, dass das moderne Werk des Künstlers nun als "entartet" angesehen wurde.
Bemerkungen des "Führers" Adolf Hitler im Katalog der Ausstellung entartete Kunst, München 1939:
"Und was fabrizieren sie? Missgestaltete Krüppel und Kretins, Frauen, die nur abscheuerregend wirken können, Männer, die Tieren näher sind als Menschen, Kinder, die, wenn sie so leben würden, geradezu als Fluch Gottes empfunden werden müssten! Und das wagen diese grausamsten Dilettanten unserer heutigen Mitwelt als Kunst unserer Zeit vorzustellen. Das zeugt nicht nur von einem künstlerischen Versagen, sondern auch von einem menschlichen Defekt."
Was die NAZIS jedoch nicht daran hinderte, nachdem sie die "entartete Kunst" in einer Wanderausstellung als abschreckendes Beispiel durch die Gaue geschickt hatten, diese im Ausland devisenbringend zu verhökern. Hauptumschlagplatz war damals die Luzerner Galerie Fischer, die 1939 "moderne Gemälde und Skulpturen moderner Meister aus deutschen Museen" anbot.
Im Zuge des "Kalten Krieges" wurde in den westlichen Industriestaaten die abstrakte Kunst vorgezogen und Schieles Malerei geriet neuerlich ins Abseits.
Mit dem Aufkommen der Pop - Art in den USA und Großbritannien, die sich gegen die Dominanz der vorherrschenden abstrakten Kunst (völliger Verzicht einer gegenständlichen Darstellung) wandte, stieg das Interesse an Strömungen in der Kunst der ersten Hälfte des 20.Jhdts.
Zu internationalem Ruhm gelangte sein Werk erst, als sich der englischsprachige Raum dafür zu interessieren begann.
Schieles Werk umfasst neben rund 300 Gemälden, siebzehn Lithographien und Radierungen, zwei Holzschnitten und einigen plastischen Arbeiten ungefähr 2000 bis 3000 Zeichnungen, Aquarelle und Guoachen.
Guoache ist eine Maltechnik mit Wasserfarben, die im Gegensatz zum Aquarell nicht transparent, sondern deckend auftrocknen. Durch Beigabe von Bindemitteln und Deckweiß entsteht eine pastellartige Farbwirkung und spröde Oberfläche.
Ein Großteil dieses gewaltigen Werkes, das in verschiedenen öffentlichen und privaten Sammlungen in der ganzen Welt, vor allem aber in Wien und New York aufbewahrt wird, ist wegen seiner beträchtlichen Schäden selten zu sehen.
Daher ist es stets ein kulturelles Ereignis, wenn wichtige graphische Sammlungen, wie zum Beispiel die Albertina ihre Schätze der Öffentlichkeit präsentiert.
Weiters sind Werke, vor allem aus seiner Jugend- und Akademiezeit, im Schiele - Museum in Tulln zu sehen und natürlich nicht zu vergessen die "Sammlung Leopold".
Der Kunsthistoriker Rudolph Leopold ist einer der bedeutendsten Privatsammler von Schiele und Österreichischer Kunst des 19. und 20. Jhdts. Mit Leidenschaft und Ausdauer gelang es Leopold, seine Sammlung - viele Bilder befanden sich nach 1945 im Ausland - über vier Jahrzehnte zusammenzutragen. Unter seinen 5300 Exponaten befinden sich 20 Werke von Klimt und 200 Bilder von Egon Schiele.
1995 machte er sich darum verdient, Egon Schiele und die zeitgenössischen Maler außerhalb Wiens und der Grenzen Österreichs zu präsentieren.
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