Im Folgenden sollen noch einmal alle relevanten Komponenten und ihre Auswirkungen auf den Lernprozess dargestellt werden. Hierbei sollen die Defizite und Vorteile des Lernservers herausgestellt werden:
Defizite Auswirkung auf den Lernprozess/den Lerner Vorteile Auswirkung auf den Lernprozess/den Lerner
Karge forschend-entdeckende Komponente aufgrund einer unzureichenden Wissensbasis Misserfolge bei der Suche nach konkreten Informationen Diagnosekomponente Konditioniert richtige Antworten durch Verstärkung und falsche Antworten durch das bereitstellen alternativer Reiz-Reaktions-Verbindungen
Universelle Suchmaschinen Sind nicht intelligent und überschwemmen den Benutzer oft mit einem Überangebot von Links Universelle Suchmaschinen Geben dem Benutzer auch bei nicht fachspezifischen Begriffen eine Auskunft und können so als Hilfefunktion dienen
Practice-Komponente Lückentexte ersparen lange Schreibarbeit und sind schnell zu bearbeiten
Interaktionskomponente/ Chat Wahrung der Anonymität, der Lerner kann sich nicht blamieren
Tutorielle Komponente Individualisiert den Lernprozess
Einrichtung eines Arbeitsplatzes Spricht den Lerner persönlich an
Farbliche Gestaltung der Oberfläche Steigert die Prägnanz und ist damit eine Erleichterung für den Wahrnehmungsprozess des Benutzers
Der Lernserver scheint nicht das Ziel zu verfolgen, Wissen zu assimilieren, sondern hat sich darauf spezialisiert, Wissen zu akkomodieren, d.h. Defizite oder auch Inkonsistenzen im Lernstoff so zu beheben, dass der Lernende dieses Wissen in seine schon bestehenden Wissensstrukturen eingliedern kann. So wird der Server zu einer Art Nachhilfelehrer. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass nicht die forschend-entdeckende Komponente, sondern die tutorielle Komponente, bei der der explikative Aspekt betont wird, im Vordergrund steht. Der Lernserver hat eher eine ergänzende Funktion. Er soll den Lernstoff erklären, den der Schüler in der Schule nicht verstanden hat. Es geht dabei weniger darum, ein bestimmtes Lernziel zu erreichen, sondern eher darum, den Weg zur Erreichung der Lernziele in der Schule zu bereiten.
Ein anderer Aspekt, der im Konzept vom learnetix.de in den Vordergrund gerät, ist die Generierung einer angenehmen Lernwelt. Durch den Erwerb eines eigenen Hauses und dessen Einrichtung mit Möbeln, kann der Benutzer einen eigenen Lebensraum erschaffen, wobei die Anlehnung an die reale Welt nicht zu übersehen ist. Hier kann der Lernende der realen Welt entfliehen und hat die Möglichkeit, in eine virtuelle Welt einzutauchen. So werden die eher unangenehmen Assoziationen an Lernumgebungen, wie z.B. der Schule, kompensiert durch ein sehr ansprechendes und motivierendes Milieu, in dem die spielerische Komponente betont wird. Der Lernende soll Spaß am Lernen haben. Dennoch wägen Theoretiker, veranlasst durch das wachsende Interesse an solchen Angeboten im Internet, Vorzüge und Gefahren ab. Eine der am häufigsten benannten Gefahren ist die Entfremdung vom Alltagsleben, hinein in die Isolation. Nach KLEMM und GRANER ist dies jedoch eine der Gefahren, die bei jeder medialen Neuerung von Kritikern benannt wird (vgl. Klemm/Graner: S.156). Dieser Vorwurf ist dennoch nicht zu unterschätzen. Auch wenn VOGELSANG formuliert, dass die Jugendlichen sehr wohl zwischen Phantasie und Alltagswelt differenzieren können und er sie vielmehr für "kompetente Pendler zwischen medialen und realen Welten" (Vogelsang: S.251) hält, sind seine darauffolgenden Aussagen über das Wirklichkeitsempfinden jugendlicher Internetuser als sehr problematisch zu betrachten: "Wirklichkeit ist für sie ein Kosmos, in dem sich physische und fiktive Umgebungen und Areale gleichrangig gegenüberstehen. Dementsprechend nehmen sich die Mitspieler auch als unmittelbar anwesend wahr, verbunden mit einem Gefühl von Nähe und Gleichzeitigkeit. Das klassische Raum-Zeit-Gefüge scheint in virtuellen Zusatzräumen gleichsam außer Kraft gesetzt..." (Vogelsang: S.251) VOGELSANG beschreibt hiermit zwar keine Entfremdung vom Alltag, jedoch eine Gleichschaltung von der virtuellen zur realen Welt. Aber sowohl VOGELSANG, als auch SCHLACHNER können dieser Tatsache nur Positives abgewinnen. Während VOGELSANG mit Blick auf die Mediengeschichte herausstellt, dass der Jugendliche gelernt hat, mit Hilfe "eines am und im Medienalltag geschulten elaborierten Wahrnehmungsinstrumentariums...die mediale Inszenierung von Wirklichkeit" zu reflektieren, beschreibt SCHLACHNER den Computer als eine "attraktive Spielwiese ... für das Bedürfnis heutiger Jugendlicher nach dem Experiment mit verschiedenen Identitäten." (Schlachner, 1996: S.17) Auch durch die Shell-Studie wurden diese Aussagen bestätigt. "Es zeigt sich, dass Heavy-User wesentlich stärker in sozialen Strukturen eingebunden sind, als die Technikabstinenten, und dass ihre "Soziabilität" nicht unter sondern im Gegenteil über dem Durchschnitt liegt." (Shell-Studie, 2000: S. 214)
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