Folgende Abbildung zeigt die Abwicklung des Nachrichtenaustausches zwischen zwei Teilnehmern. Die hierbei anfallenden Aufgaben werden anhand des ISO-Schichtmodells erläutert. Hierzu betrachten wir zwei Endsysteme A und B, bestehend aus zwei Teilnehmern an Bildschirmendgeräten. A möchte eine Mitteilung in Form eines elektronischen Briefes an Teilnehmer B übermitteln. Außer den beiden Endsystemen ist an der Kommunikation ein weiteres Transitsystem (d.h. eine die Kommunikation zwischen zwei Systemen unterstützende eigenständige Einrichtung) nämlich eine Vermittlungseinrichtung beteiligt. Die einzelnen Systeme sind über elektrische Leitungen miteinander verbunden.
Teilnehmer A, der als Quelle gesehen wird, erstellt zunächst einmal die Mitteilung an seinem Terminal für Teilnehmer B. Die Darstellungsschicht überprüft die lokalen begrifflich und darstellungsmäßigen Vereinbarungen (z.B. Alphabet, Zeichenabstand, Zeilenabstand, Leerzeichen, Absatz, usw.) und aktiviert nach (interaktiver) Korrektur, die Kommunikationssteuerungsschicht. Diese stößt die Eröffnung einer Textübermittlungssitzung an, indem sie die Transportschicht aktiviert. Die Transportschicht stößt die Vermittlungsschicht an, die ihrerseits die Sicherungsschicht aktiviert. Diese aktiviert daraufhin die Bitübertragungsschicht.
Die zwischen den benachbarten Schichten ausgetauschten Meldungen werden als Primärmeldungen ("primitives") bezeichnet. Sie bestehen allgemein aus Nutz- und Steuerinformation. Primärmeldungen stellen Ereignisse (Aktionen) bei dem Kommunikationsablauf dar.
Die Schicht 1 des Teilnehmers A treibt nun einen Bitstrom über die elektrische Leitung und aktiviert so die Schicht 1 des Transitsystems. Die Bitübertragungsschichten der Quelle und des Transitsystems sorgen nun dafür, daß Bitströme in beiden Richtungen (Quelle zum Transitsystem und umgekehrt) fließen. Über diese Bitströme können nun die Sicherungsschichten der Quelle und des Transitsystems Meldungen miteinander austauschen. Im wesentlichen vereinbaren sie, welche Sicherungsmethode zur Vermeidung von Verfälschungen der übertragenen Bits anzuwenden ist, und verfahren dann entsprechend, indem sie z.B. Bitfehler durch Überprüfung gewisser redundanter Bits erkennen und gegebenenfalls korrigieren.
Nun können die Vermittlungsschichten der Quelle und des Transitsystems die gesicherte Strecke verwenden, um Meldungen miteinander auszutauschen. Insbesonders teilt die Schicht 3 der Quelle der Schicht 3 des Transitsystems nun mit, daß eine Schicht 3 -Verbindung zu der Senke B aufgebaut werden soll. Analog dazu wird nun nacheinander die Bitübertragungsschicht , die Sicherungsschicht und die Vermittlungsschicht zwischen dem Transitsystem und der Senke aufgebaut. Damit steht den Transportschichten der Quelle und der Senke eine "vermittelte" Strecke, die gewöhnlich durch ein größeres Kommunikationsnetz führt, zum Meldungsaustausch zur Verfügung
Die Transportschichten der Quelle und der Senke nehmen eine sogenannte Ende-zu-Ende Sicherung vor, indem jede von der Quelle zur Senke fehlerfrei übertragene Seite des Briefes von der Transportschicht der Senke quittiert wird. Bei Übertragung mit Fehlern wird die Seite neu abgerufen. Den Kommunikationssteuerungsschichten der Quelle und der Senke steht somit eine Ende-zu-Ende gesicherte Verbindung, über die sie einzelne quittierte Seiten austauschen können, zur Verfügung.
Aufgabe der Kommunikationssicherungsschichten ist es, nun die Briefübermittlungssitzung zu steuern. Es muß sichergestellt werden, daß wirklich die gewünschten Teilnehmer miteinander verbunden sind und daß die Endgeräte empfangsbereit sind (d.h. Seiten auch wirklich ankommen). Meist wird auch das Datum und die Uhrzeit der Sitzungsöffnung mit der Teilnehmerkennzahl ausgetauscht (Sicherheit!).
Wie bereits erwähnt, überprüft die Schicht 6 die lokalen, begrifflichen und darstellungsmäßigen Vereinbarungen. Es ist auch ihre Aufgabe, entsprechende (mit den lokalen Vereinbarungen verträgliche) Vereinbarungen zwischen der Quelle und der Senke zu treffen. Auf diese Weise wird der Brief von der Schicht 7 der Quelle (Teilnehmer A) zur Schicht 7 der Senke (Teilnehmer B) übermittelt.
Anschließend wird, beginnend mit der Schicht 7, die jeweilige Verbindung zwischen den Schichten wieder abgebaut.
An diesem vereinfachten und doch detaillierten Beispiel der Briefübermittlung lassen sich einige Eigenschaften des Kommunikationsablaufes des ISO-Modells gut beobachten.
Die beiden wichtigsten sind:
. Physikalisch werden die einzelnen Meldungen zwischen den Schichten des jeweiligen Systems ausgetauscht. Lediglich über das Medium selbst werden physikalische Meldungen zwischen den Systemen ausgetauscht.
. Logisch werden Meldungen zwischen den gleichen Schichten der an der Kommunikation beteiligten Systemen ausgetauscht.
Die Regeln für den logischen Meldungsaustausch (zeitliche Abwicklung einbezogen) zwischen zwei gleichen Schichten von Systemen, die an der Kommunikation beteiligt sind, nennt man Protokoll (siehe spätere eigene Kapitel).
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