EINFÜHRUNG
Es ist eine Tatsache, daß die wesentlichen Forschungsarbeiten und kreativsten Leistungen der antiken Naturwissenschaften im griechischen Kulturkreis des 4. - 2.Jh. v. Chr. erbracht worden sind und daß in römischer Zeit kaum mehr entscheidende neue Impulse hinzugekommen sind.
Es wäre vermessen, letztlich erklären zu wollen, weshalb die Römer so ganz andere Interessen hatten; daß sie von Natur aus mehr auf die Praxis der Politik ausgerichtet waren und mehr Sinn für Recht und Rhetorik als für theoretisches Denken und Forschen hatten, sind nur schablonenhafte Erklärungsversuche, die etwas Wahres an sich haben mögen, die aber das Problem nicht grundsätzlich erklären können. Nun darf aber nicht übersehen werden, daß sich in römischer Zeit zwei ganz neue Aspekte in den Vordergrund getreten sind, die der Geschichte der Naturwissenschaften eine neue Wendung gegeben haben: einerseits das Abrücken von der Spezialisierung der Fachwissenschaften hin zur Gesamtschau einer enzyklopädischen (Enzyklopädie = umfassendes Nachschlagewerk in lexikalischer Form, in dem Informationen zu allen Wissensgebieten oder zu einem Fachgebiet enthalten sind) Naturbetrachtung und andererseits die Transponierung (= Brückenschlagen bzw. Übersetzen) des wissenschaftlichen Stoffes auf eine gemeinverständliche Ebene der Schule, die zu einer Verbreitung und Weitergabe gewonnener Einsichten, aber schließlich auch zu einer Reduzierung und Trivialisierung des breiten Stoffes führte.
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