Verbrechen von Ärzten in Konzentrationslagern
Ihren extremsten Ausdruck fand die "Medizin ohne Menschlichkeit" in den Menschenversuchen, die in den meisten Konzentrationslagern durchgeführt wurden. Die eigentliche Aufgabe der KZ- Lagerärzte war die Versorgung der SS- Mannschaften, nicht die der Häftlinge. An den KZ- Insassen waren die Lagerärzte aber dennoch interessiert: Sie dienten ihnen als "Material" für Experimente. Zweck der Versuche waren häufig wirtschaftliche oder militärische Interessen.
Für die Nazis war Überlegenheit im Luftkrieg wichtig, deshalb mussten sie wissen, wie der menschliche Körper in großen Höhen oder nach einem Absturz in kaltes Wasser reagiert.
Im KZ Dachau missbrauchte der Arzt Sigmund Rascher Häftlinge zu Versuchen in der Unterdruckkammer: Er beobachtete von außen den Verlauf der Höhenkrankheit bis zum Tod des Häftlings und sezierte ihn dann. Mindestens 80 Männer starben vor seinen Augen, während er eifrig ihr Leiden dokumentierte. Noch dubioser waren Raschers Kälteexperimente, bei denen er ab August 1942 Menschen unterkühlte, um sie anschließend wieder zu erwärmen. An diesen versuchen hatte Heinrich Himmler besonders lebhaftes Interesse. Trotzdem wurde Rascher auf Befehl Himmlers kurz vor der Befreiung erschossen.
Auch die Fleckfieber- Versuche im KZ Buchenwald dienten militärischen Interessen: Um möglichst schnell einen Impfstoff gegen Fleckfieber zu finden, infizierte der Lagerarzt Erwin Ding-Schuler rund 450 Häftlinge künstlich mit Fleckfieber. Viele von ihnen starben. Auch Impfstoffe gegen Gelbfieber, Diphtherie, Typhus, Cholera und Malaria wurden von gewissenlosen KZ- Ärzten an Lagerinsassen ausprobiert. Ihr Tod wurde bewusst mit eingerechnet.
Im KZ Natzweiler suchte der Straßburger Anatom August Hirt nach einem Gegenmittel für die im Ersten Weltkrieg gefürchteten chemischen Kampfstoffe Lost (Senfgas) und Phosgen. Ein Häftling, der Aufseher im Krankenrevier war, sagte im Nürnberger Prozess dazu aus:
"Die Gefangenen.kamen nackt in das Labor herein.Sie bekamen.einen Tropfen diesen Flüssigkeit auf den Oberarm geschmiert.Nach ungefähr zehn Stunden.stellten sich Brandwunden ein,.am ganzen Körper.Das waren kolossale Schmerzen, sodass es kaum auszuhalten war, sich in der Nähe der Kranken aufzuhalten.Ungefähr am fünften Tag hatten wir die ersten Toten."
Ihren traurigen Höhepunkt fanden die Menschenversuche in Josef Mengeles Zwillingsstudien im Vernichtungslager Auschwitz. Mengele war "Experte" auf dem Gebiet der Vererbungsforschung. Im Interesse seiner Rassenhygiene- Ideologie erforschte er, welche Merkmale erblich und welche äußerlich bedingt sind. Die Körper der Zwillingspaare wurden vermessen, geröntgt, fotografiert: Abdrücke von Händen, Füßen und Gebiss wurden erstellt. Aber so "harmlos" blieb es nicht: Mengele operierte ohne Narkose, um die Schmerzempfindlichkeit vergleichen zu können. Er gab Bluttransfusionen und infizierte künstlich mit Krankheitserregern, um die Blutserumreaktionen von Zwillingspaaren zu studieren. Dann erfolgte die Sektion. Um die inneren Organe vergleichen zu können, tötete Mengele die Kinder zur selben Zeit, indem er ihnen Chloroform ins Herz spritzte. Alles wurde sorgfältig dokumentiert.
Der Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe Carl Clauberg experimentierte von 1942 bis 1944 in Auschwitz an einer Methode der Sterilisation ohne Betäubung. Er ließ ätzende Substanzen in die Gebärmutter der Versuchspersonen (Jüdinnen und Zigeunerinnen) einspritzen, was zu größten Schmerzen und dauernden Schäden, manchmal auch zum Tod führte.
In der Reichsuniversität Straßburg betrieb Professor August Hirt eine "jüdische Skelettsammlung", für die er im nahegelegenen KZ Natzweiler lebende Opfer auswählte.
Zwischen Dezember 1946 und Juli 1947 standen die Verbrechen der deutschen Mediziner im Ärzteprozess in Nürnberg zur Verhandlung. Der Prozess zeigte, dass die grausamen Experimente wissenschaftlich wertlos gewesen sind. Sie haben weder für Kriegsführung noch, wie manche glauben, für die spätere Luft- und Raumfahrt irgendeine relevante Erkenntnis gebracht.irt
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