Bundesbankdirektor Issing sieht große Risiken für das Inkrafttreten im Jahr 1999 voraus. Er kritisierte: "Die Währungsunion als Schrittmacher der Politischen Union einsetzen zu wollen, heißt das Pferd vom Schwanze aufzuzäumen". Sparkassenpräsident Horst Köhler plädiert für eine Verschiebung, wenn die Stabilitätskriterien nicht von genügend Ländern erfüllt sind. Die Währungsunion dürfe nur kommen, wenn die Euro-Währung so stabil ist wie die DM. Qualität müsse Vorrang vor Terminen haben. Ähnlich sieht es der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, nach dessen Meinung angesichts der Entwicklung des vergangenen Jahres die Einführung der gemeinsamen Währung mehr gefährdet sei als noch vor einem Jahr. Der Münchner Finanzexperte Gottfried Heller meint, daß die Konvergenzkriterien nur zu erfüllen seien, wenn in allen EU-Staaten drastische Einschnitte in das soziale Netz gemacht würden. Abgesehen davon, daß Heller dies politisch nicht für durchsetzbar hält, würde eine starke Reduzierung der Ausgaben eine verhängnisvolle Spirale in Gang setzen: schwächeres Wachstum, steigende Arbeitslosigkeit, zunehmende soziale Spannungen, geringere Steuereinnahmen, größeres Haushaltsdefizit, erneute Steueranhebungen, weitere Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, weitere Abschwächung der Konjunktur etc..
Durchaus kritisch sieht die Professorin für Außenwirtschaft an der Universität Stuttgart-Hohenheim, Renate Ohr , die Einführung einer gemeinsamen Währung. Allein für die technische Umstellung im Bankensektor, d.h. für die Anpassung aller Buchungs-, Abrechnungs- und Zahlungsverkehrssysteme liegen laut Renate Ohr bereits Kostenschätzungen in Höhe von ca. 10 Mrd. ECU vor. Anpassungskosten entstehen jedoch auch in allen übrigen Wirtschaftsbereichen. Jede Buchhaltung muß auf die neue Währungseinheit umgestellt werden. Ferner müssen alle Formulare, gesetzlichen Bestimmungen, die geldliche Vorgaben beinhalten, sowie Geldautomaten, Registrierkassen, öffentliche Fernsprecher, Fahrkartenautomaten, Zigarettenautomaten, Süßigkeitenautomaten, Kaffeeautomaten und ähnliches auf Euro umgestellt werden. Die Professorin rechnet mit einem Preisschub im Zuge der Währungsumstellung von mindestens 2-3 %. Diese Ausgaben würden keinen produktiven Zwecken dienen, sondern würden unproduktiv verbraucht und voraussichtlich auf den Endverbraucher abgewälzt.
Selbst eifrige Anhänger einer europäischen Einheitswährung wie z.B .der einstige Premier Valery Giscard d`Estaing, meldeten Zweifel an. D' Estaing spricht sich für eine Aufweichung der Kriterien- zumindest was das Haushaltsdefizit angeht- aus. So sollten statt der vorgeschriebenen 3 Prozent des Bruttosozialprodukts, das Haushaltsdefizit auch mal 3,5 Prozent betragen dürfen. Nach d' Estaing ist die Auslegung der Kriterien Ermessenssache des Europäischen Rates, der dabei die Konjunktur in Rechnung stellen kann. Es gehe somit also nicht um eine Minderung, sondern um eine flexible, rechtmäßige Interpretation der Kriterien.
Auch in Deutschland wächst die Zahl der Währungs-Verweigerer, die das Tempo in Richtung Maastricht drosseln wollen. Wissenschaftler, wie der Vizepräsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Ullrich Heilemann, empfehlen, einen neuen "geeigneten Zeitpunkt zu suchen, zu dem die Maastricht-Ziele ohne großen Schaden zu erreichen" seien. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, rät, die Zugangskriterien für die Währungsunion nicht juristisch penibel, sondern "ökonomisch vernünftig zu interpretieren".
In allen europäischen Ländern werden derzeit die Wachstumserwartungen kräftig reduziert. Das hat Folgen für die Etats. Die Steuereinnahmen bleiben weit unter den Plansätzen, die krisenbedingten Ausgaben schießen darüber hinaus. Einsparungen, die also nötig wären um für Maastricht fit zu sein, bewirken jedoch eine weitere gesamtwirtschaftliche Abschwächung, sagen Heilemann und seine Kollegen voraus: "Weil es alle Nachbarn gleichzeitig versuchen müßten, klappt es am Ende bei keinem." Das einzig sichere Ergebnis wären somit weitere Hunderttausende von Arbeitslosen.
Die Europäer, allen voran die Deutschen sitzen in der Maastricht-Falle:
. Wollen sie die verabredeten Bedingungen zum Eintritt in die Währungsunion rechtzeitig erfüllen, müssen sie die Staatsausgaben so massiv kappen, daß es mit der Wirtschaft noch schneller abwärts geht und aus der "Wachstumspause" eine Rezession wird - mit noch mehr Arbeitslosen;
. geben sie den Maastrichtplan auf, werden Anleger und Spekulanten Milliarden von Franc, Lire und Peseten in die vermeintlich stabile DM wechseln, deren Kurs noch höher treiben und den deutschen Export damit drastisch verteuern - auch das würde viele Jobs kosten.
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