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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kritik, ablehnung und revision des vertrages



Alle Parteien von rechts bis links in Deutschland lehnten den Versailler Vertrag ab . Scheidemann rief in der Nationalversammlung am 12.Mai 1919 aus: "Welche Hand müßte nicht verdorren, die sich und uns in solche Fesseln legt? Der Vertrag ist nach Auffassung der Reichsregierung unannehmbar." Es waren zunächst in der neuen Regierung nur die Sozialdemokraten und das Zentrum vertreten, da die Demokraten eine Diskussion über die Unterzeichnung völlig außer Frage stellten. Aber bestand denn keine realistische Alternative zur Anerkennung des Vertrags? Der Chef der Heeresleitung General Groener erklärte der Regierung, daß die Ablehnung des Versailler Vertrags und die erneute Aufnahme der Kriegshandlungen die Besetzung Deutschlands binnen kürzester Zeit durch die Westmächte bedeute. Um die Heimat zu schützen, sei die Reichswehr zu schwach.
Der Artikel 231, der "Kriegschuldartikel", löste noch größere Empörung aus als die anderen harten Bedingungen: Deutschland und seine Verbündeten sei verantwortlich für alle Schäden und Verluste .Er wurde ursprünglich nur als rechtliche Grundlage für die Reparationsleistungen formuliert, aber später wurde er im Sinne einer politisch moralischen deutschen Verantwortlichkeit verstanden.
Diese Alleinschuld Deutschlands und die damals ungeheuerlich erscheinende Summe von 269 Milliarden Goldmark Reparationen erschienen den meisten Deutschen ungerecht. Die nationalsozialistischen Bewegungen nutzten dies bald, um die unzufriedene Bevölkerung politisch zu beeinflussen. Empörung schafften sie durch Parolen wie "Versklavt bis ins dritte Glied". Versailles war ein "Schmachfrieden" für sie, den man nicht durch die Mittel internationaler Verständigung mildern könnte, sondern eines Tages durch einen neuen Krieg "rächen" würde. Derartige Parolen hielten das Mißtrauen der Siegermächte wach, und eine Revision des Vertrags wurde damit erschwert.
Die Regierung unternahm am 22. Juni 1919 einen letzten Versuch, die Bestimmungen zur Auslieferung der Kriegsverbrecher und den Artikel 231 streichen zu lassen, was erfolglos war.
Am 28.6.1919 nahm die Nationalversammlung mit 237 gegen 138 Stimmen (5 Enthaltungen) den Versailler Vertrag an .Die Gegner der Unterzeichnung (Abgeordnete der DVP, DNVP, DDP) bescheinigten den Abgeordneten der SPD und dem Zentrum in einem Protokoll, die "vaterländischen" Motive der anderen Parteien zu akzeptieren und zu respektieren. In der Öffentlichkeit jedoch benannten sie diese als "Vaterlandsverräter". Die wahrhaftigen Verantwortlichen aber waren die Eliten des Kaiserreichs, die sich nun in der DNVP politisch organisierten und gegen die "Weimarer Koalition" hetzten.

 
 

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