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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kontroverse um die wirtschaftsordnung



Einig war man sich im Bezug auf die Neuordnung der Wirtschaft zunächst eigentlich nur über die Tatsache, daß Wiederaufbau und Neuordnung im Sinne einer gerechteren Sozial- und Wirtschaftsordnung angegangen werden müsse und zunächst herrschte scheinbar Einigkeit darüber, daß die neue Wirtschaftsordnung mehr durch staatliche Planung und Lenkung geprägt sein sollte. Hierrin spiegelt sich sie Ansicht wider, daß die wirtschaftliche Notsituation, die durch den freien Markt ausgelöst worden war, einer der wesentlichen Faktoren war, die den Aufstieg Hitlers ermöglicht hatten und man hoffte, durch eine staatl. gelenkte und kontrollierte Wirtschaft zukünftige Wirtschaftskrisen besser verhindern zu können. So forderte forderte z.B. die SPD 1946 eine sozialistische Wirtschaft mit planmäßiger Lenkung und gemeinwirtschaftlicher Gestaltung, die Gewerkschaften forderten 1947 den Aufbau eines Systems geplanter und gelenkter Wirtschaft und auch die CDU stellte im Ahlener-Programm (1947) fest, daß ein System geplanter und gelenkter Wirtschaft für lange Zeit notwendig sein würde, wandte sich aber radikal gegen jede Form von Staatskapitalismus. Es wurde deutlich, daß die Frage ob Lenkung der Wirtschaft oder nicht für SPD und Gewerkschaften eine ideologisch dogmatisierte Grundsatzentscheidung mit Hinblick auf den Aufbau eines sozialistischen Wirtschaftssystems war, wohingegen die CDU aus pragmatischer Sicht eine geplante und gelenkte Wirtschaft für begrenzte Zeit für unumgänglich hielt. Einzig die FDP unterstützte ein liberales Wirtschaftskonzept, denn sie setzte auf freie Initiative und den Abbau von Wirtschaftsbürokratie.
Auch die Frage ob es Privateigentum geben sollte oder nicht war zunächst umstritten. SPD und Gewerkschaften standen auf dem Standpunkt, daß Privateigentum an Produktionsmitteln dem Neuaufbau und Aufschwung im Wege stehen würde und verlangten deshalb die Verstaatlichung wichtiger Schlüsselindustrien. Auch die CDU sprach sich im Ahlener-Programm für die Vergesellschaftung der Großindustrie aus und wiederrum war es nur die FDP die einen entgegengesetzten Kurs steuerte, denn ihr galt privates Eigentum als Grundlage einer gesunden Wirtschaft. Trotzdem setzte sich in den Länderverfassungen die Ansicht, daß Verstaatlichungen nötig seien durch und in extremen Fällen wurde, wie z.B. in Hessen die Großindustrie verstaatlicht, während die mesten anderen, gemäßigteren Verfassungen bei grundsätzlicher Bejahung des Eigentums sich gesetzliche Möglichkeiten zur verstaatlichung vorbehielten. Auch in anderen wirtschaftlichen Bereichen, wie z.B. der betrieblichen Mitbestimmung setzten sich in den Länderverfassungen sozialisierungstendenzen durch. Während die brit. Labour-Regierung diese Tendenzen mit wohlwollen sah, bewertete die USA die Sozialisierungstendenzen als grundsätzliche Abkehr von freiheitlichen Prinzipien, was ihrer Zielsetzung entgegenlief und setzte deshalb die Verstaatlichungsgebote der dt. Länderverfassungen außer Kraft.
Mit der Schaffung der Trizone wurden dann auch in den restlichen Ländern die amerikanische Linie durchgesetzt und Sozialisierungstendenzen Einhalt geboten. Dem Zweizonen-Wirtschaftsrat, der höchsten, überregional bedeutsamen wirtschaftlichen Institution mit dt. Beteiligung, der 1947 entstanden und 1948 große Kompetenz und Zuständigkeit besaß kam nun immer mehr Bedeutung bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Grundkonzeption der westlichen Zonen zu. 1948 wurde gegen die Stimmen der SPD Ludwig Erhard, der ein überzeugter Anhänger des Konzepts der soziale Marktwirtschaft, wie es die Mitglieder der sog. Freiburger Schule entwickelt hatten, war zum Direktor dieses Wirtschaftsrates gewählt. Nach der Freiburger Schule sollte die Gesellschafts-, Wirtschafts- und Sozialordnung zwar grundsätzlich freiheitlich-liberal gestaltet werden, jedoch sollten auch bestimmte soziale Verpflichtungen festgeschrieben werden. Somit wandte man sich zum einen gegen die liberale Wirtschaftsidee des 18. und 19. Jahrhunderts, die vom Staat wirtschaftliche Abstinenz forderte und sich auf das Kräftespiel von Angebot und Nachfrage zur Regelung der Wirtschaft verließ, und man wendete sich auch gegen das System der Planwirtschaft und erzwungenen Sozialisierung welches man für wachstumshemmend hielt. Beim Prinzip der soziale Marktwirtschaft ging man davon aus, daß der Staat die liberale Wirtschafts-, Gesellschafts- und Sozialordnung durch laufende Kontrolle, Regulierung und gesetzgeberische Aktivitäten bei gleichzeitiger Bejahung und Sicherung wirtschaftlicher Freiheit zu einem Höchstmaß von Wachstum, sozialer Sicherung und Gerechtigkeit führen würde. Wirtschaftliche Freiheit, Privatinitiative und Anreiz durch Profitmöglichkeiten sollten auf der einen Seite das wirtschaftliche Wachstum sichern und auf der anderen Seite sollte durch staatl. Kontrolle soziale Gerechtigkeit und Sicherheit gewährleistet werden. Das eine Standbein der soziale Marktwirtschaft waren Konsumfreiheit, Gewerbefreiheit, Produktions-, Handelsfreiheit und Wettbewerbsfreiheit und das andere Standbein waren staatl. Regulierungen, die ges. unerwünschte Ergebnisse und soz. Ungerechtigkeiten regulierten und ausglichen. Die Ziele der soziale Marktwirtschaft lassen sich wie folgt zusammenfassen:
. möglichst breiter Wohlstand durch geordneten Wettbewerb,
. stetiges Wirtschaftswachstum,

. Vollbeschäftigung,
. Außenhandelsfreiheit,

. soziale Sicherheit und
. Gerechtigkeit.
Erhard brachte die soziale Marktwirtschaft mit dem Gesetz über die wirtschaftlichen Leitsätze nach der Geldreform vom 24.Juni 1948 auf den Weg.
Die Opposition hielt dagegen, daß nur systematische Planung die Wirtschaft in Gang bringen könnte, daß eine liberale Preisgestaltung nur zu Lasten des kleinen Mannes erfolgen könne und das eine umfassende soz. Neuordnung stattfinden müsse. Außerdem forderte mann staatl. Kredite und Subventionen um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und Einkommensunterschiede auszugleichen. Die soziale Marktwirtschaft stieß zunächst natürlich auf Probleme, ein Preisanstieg machte sich bemerkbar, die Arbeitslosigkeit stieg und die Außenhandelsbilanz wies ein großes Defizit auf, dennoch hielt die Regierung an der Überzeugung fest, daß die Inkraftsetzung marktwirtschaftlicher Grundsätze den Aufschwung herbeiführen würde und sie sollte Recht behalten.

 
 

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