Von vielen wird die Zeit zwischen der Inflation von 1923 und der Weltwirtschaftskrise von 1929 als eine Zeit der wirtschaftlichen und politischen Entspannung gesehen. Weiter wird sie vom Grossteil der Bevölkerung auch als eine Zeit der neu gewonnenen Lebenslust bezeichnet. Durch den enormen Modernisierungsprozess litten jedoch vor allem Menschen, die von den Traditionen des Kaiserreichs geprägt waren, unter schweren Existenzkrisen.
Dadurch, dass die amerikanische Finanzwelt große Befürchtungen hatte, dass nach der Inflation der wirtschaftliche Zusammenbruch Europas die Rückzahlung der Kriegskredite unmöglich machen würde, koppelte der Bankier Dawes die Reparationszahlungen erstmals an die tatsächliche Leistungsfähigkeit an. Weiter setzte das deutsche Reich durch eine Währungsreform auf strikte Stabilität. Die amerikanischen Banken vergaben außerdem umfangreiche Kredite an die Regierung, die Kommunen und die Unternehmer. Es war dadurch den deutschen Unternehmern möglich, sich Kapital im großen Stil zu beschaffen. Diese Kapitalhäufung ließ die Macht der Großbanken wachsen und die Anzahl der Firmenzusammenschlüsse steigen, da zuvor ein Kapitalmarkt nach der Inflation nicht mehr existent war.
Dieser enorme Modernisierungsprozess breitete sich jedoch nur auf einen kleinen Teil der deutschen Volkswirtschaft aus. Der größte Teil des Sozialprodukts wurde weiterhin in mittelständischen Fabriken, familiengebundenen Betrieben und in der Landwirtschaft erwirtschaftet. Weiterhin blieb Deutschland auch hauptsächlich ein Land der kleinen Städte und Dörfer. Die modernen Menschen der Großstadt, wie zum Beispiel der Fließbandarbeiter, die Sekretärinnen und der Intellektuelle wurden häufig kritisch beäugt und als typisches Ergebnis einer fortschreitenden Kapitalisierung gesehen. Hinzu kommt, dass sie von vielen auch negativ bewertet wurden.
In vielen Teilen der Bevölkerung wurde zudem der Ruf nach Widerstand deutlich. Die Arbeiter und Angestellte wehrten sich gegen das Diktat der Maschinen, die Gewerkschaften gegen die neu erstarkten Unternehmen und die Mittelständer gegen die Konzerne und den "amerikanischen" Kapitalismus, durch den sie sich in ihrer Selbständigkeit bedroht fühlten.
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