Drei Tage nach dem Ausbruch der Wiener Märzrevolution am 12. des Monats stellte FERDINAND I., DER GÜTIGE, eine neue Verfassung in Aussicht, die alle oder zumindest einen Großteil der liberalen Forderungen erfüllen sollte. Bereits am 18. wurde ein PREßGESETZ erlassen und ein PREßPROZEß mit Geschworenen eingeführt.
Unterdessen wurde Innenminister PILLERSDORFF damit beauftragt, die versprochene Verfassung auszuarbeiten, wobei ihm das belgische Grundgesetz als Orientierungshilfe diente.
Die sogenannte "PILLERSDORFFSCHE VERFASSUNG", die nie voll in Geltung getreten ist, bezog sich auf alle österreichischen Länder, jedoch mit Ausnahme Ungarns und Lombardo-Venetiens. Sie ist ein Musterbeispiel für eine konstitutionelle Verfassung.
Legislative: Ein unverantwortlicher Monarch, das heißt ein Herrscher, der sich vor niemandem rechtfertigen muß, teilt mit dem Parlament die Gesetz¬gebung.
Exekutive: Die Verwaltung ist Aufgabe des Monarchen und der verantwortlichen Minister.
Judikative: Die Gerichtsbarkeit erfolgt durch unabhängige Richter.
Das Parlament bestand aus folgenden zwei Kammern:
Senat: Die Vertreter waren vom Kaiser auf Lebenszeit bestimmt und entstammten der Riege der Großgrundbesitzer. Weiters waren auch volljährige Prinzen Mitglieder in dieser Kammer.
Abgeordnetenhaus: 383 gewählte Abgeordnete bildeten diese zweite Kammer.
Über die Wahlordnung traf diese Verfassung jedoch keine Aussage, sondern verwies auf eine provisorische Wahlordnung, bei der alle Männer, die älter als 24 waren, ein Stimmrecht hatten. Davon ausgenommen waren Tag- und Wochenlöhner.
Dies löste eine Welle der Proteste, die in der "Sturmpetition" liberaler Kräfte vom 15. Mai 1848 ihren Höhepunkt fand, aus, wodurch schließlich erreicht wurde, daß das Parlament nur aus der Abgeordnetenkammer bestand und das umstrittene Wahlrecht entschärft wurde.
Am 22. Juli 1848 wurde nach durchgeführter Wahl der erste REICHSTAG feierlich eröffnet, dessen Zusammensetzung politisch eher gemäßigt war, obwohl sehr wohl nationale Gegensätze zu Tage traten.
Neben den Arbeiten zu einer zufriedenstellenden Verfassung waren die wichtigsten Akte die Bauernbefreiung, die Ablöse des Robots, sowie das Aufheben der Patrimonial¬gerichtsbarkeit und -polizei (das ist die grundherrschaftliche Gerichtsbarkeit und Polizei).
Es begannen sich bereits die ersten Nationalitätenkonflikte abzuzeichnen, insbesondere von Seiten der Magyaren, Slawen und Italiener. Aber auch der deutsche Nationalismus trat bei dem 1848 gebildeten Parlament in der Paulskirche zu Tage, was eine Rückberufung der österreichischen Vertreter zur Folge hatte.
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