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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die militärischen aktionen roms gegen die piraterie bis zum jahre 71



Obschon in den 90er und 80er Jahren des 1. Jh. von Männern wie L. Cornelius Sulla (97/96 oder 93/92), L. Licinius Murena (84) und P. Servilius Vatia (kilikisches Kommando von 78-74) durchaus erfolgreiche Unternehmungen mit wachsendem römischen Interesse und Engagement gegen die Piraten durchgeführt wurden, bestand das Seeräuberproblem nach wie vor. Zu einer ernsten Versorgungskrise kam es schließlich im Jahre 75, als die Getreidepreise aufgrund zunehmender Piratenaktivitäten im gesamten östlichen Mittelmeerraum derart stiegen, daß die römischen Stadtbewohner unmittelbar beeinträchtigt und beunruhigt wurden. Rom mußte reagieren, um den inneren Frieden zu bewahren und dem Problem Herr zu werden.
Ein erster Schritt war die Provinzialisierung des 96 an Rom vererbten und bis dato freien Kyrene. Die Küsten Kyrenes hatten sich seit dem späten 1. Jh. zu einem gesuchten Aktionsfeld der Piraten entwickelt, die zwischen Achaia und Kyrene mit Kreta als Zentrum agierten und reiche Beute machten. Rom versprach sich von der Provinzialisierung und innenpolitischen Befriedung Kyrenes einen Verlust dieser geographisch wichtigen Operationsbasis für die Piraten und eine verminderte Möglichkeit zur Rekrutierung neuer Mannschaften aufgrund einer stabileren ökonomischen Basis der kyrenischen Bevölkerung.
Eine weiterer, wesentlich wichtigerer und offensiverer Schritt war die Vergabe des ersten provinzübergreifenden Kommandos an M. Antonius (Creticus) im Jahre 74. Dieses imperium infinitum (infinitum als geographischer Aspekt) verschaffte Antonius eine Promagistratur, die sich in ihrem Kompetenzbereich auf das gesamte Mittelmeerbecken sowie alle Küsten in einer Breite von 50 Meilen landeinwärts erstreckte. Es richtete sich eindeutig gegen die Piraten, die zu jener Zeit die einzigen Gegner Roms im maritimen Bereich waren und Rom ganz erhebliche ökonomische Verluste zufügten und damit innenpolitische Spannungen hervorriefen. Gerade auch die gefährdete Versorgungslage der römischen Kampftruppen in Spanien gegen Sertorius, der intensive Beziehungen zu den Piraten unterhielt, machte eine Bekämpfung des Seeräuberproblems erstrangig. Das läßt sich auch daran festmachen, daß Antonius ein Kommando über das gesamte Mittelmeer erhielt und zunächst auch nur im westlichen Teil agierte, bevor er im östlichen klagvoll scheiterte. Vermutlich begründet sich dieses Scheitern aber nicht nur in der mangelnden fachlichen Kompetenz des Antonius, vielmehr erhielt er, im Gegensatz zu Pompeius, lediglich den Staatsschatz nicht belastende, juristische Voraussetzungen zur Erledigung seiner Aufgabe. Der Zugriff auf adäquate materielle Mittel blieb ihm versagt und verlangte von Antonius weitgehende Improvisationen bezüglich seiner Flotte und Vorgehensweise. Diese Umstände zwangen ihn dann wohl auch zu Übergriffen in manchen Provinzen, um seine Unternehmung effektiv leiten zu können.
Die verfassungspolitischen Aspekte dieser Aktion weisen aber ein Umdenken innerhalb der römischen Führungsschicht aus. Diese schien fürderhin gewillt, ihre Feldherren in Notsituationen weitgehend frei von juristischen Auflagen agieren zu lassen, was die Militäraktion des Antonius erstmals deutlich zeigt. Warum sie letztendlich jedoch erfolglos blieb, können wir leider aufgrund der Quellenlage nicht mit Bestimmtheit sagen.

 
 

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