Begünstigt durch den Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft, durch die wachsende Motorisierung und nicht zuletzt auch durch die
Sehnsucht nach Ruhe, einer Idylle und einer \"heilen Welt\" nach den Grausamkeiten des Krieges wurde in den 50er Jahren der
Grundstein zum Massentourismus gelegt. Pioniere der Pauschalreisen für die breite Schicht in der Tradition des KdF ( im Dritten
Reich: \"Kraft durch Freude\" - Reisen sollten die Zufriedenheit der Menschen und somit für ihre Arbeitskraft garantieren) waren
Carl Degener und Wilhelm Scharnow. Sie gründeten die erste Reiseagentur namens Touropa und hatten mit ihren organisierten
Bahnreisen in das erste nun entstehenden Tourismuszentrum Ruhpolding in Bayern einen vollen Erfolg. Weiterhin jedoch nutzte
ein Großteil der Bevölkerung andere, bei weitem billigere Reisemöglichkeiten wie zum Beispiel Ausflüge mit Wandervereinen
und Fahrradurlaube. Bereits vor dem Krieg beliebte Reiseziele wie Nord- und Ostsee, der Harz, das Rheinland, Schwarz- und
Odenwald und natürlich Bayern warben wieder um Besucher und hatten auch bei Ausländern einen großen Erfolg.
Heimatfilme wie z.B. \"Das Schwarzwaldmädel\" ('50) oder \"Grün ist die Heide\" ('51) und Souvenirs brachten die Suche nach
einer heilen Welt zum Ausdruck.
Mitte der 50er kam mit dem immer weiter steigenden Wohlstand nicht zuletzt durch das \"Wirtschaftswunder\" eine Orientierung
zum Ausland hin auf; nicht länger der Sinn für Heimat, sondern das Fernweh ( gleich gefolgt vom Konsum) bestimmte die Reisen
der Deutschen. Möglich gemacht wurde dies allerdings auch nur durch die Motorisierung und die Verbilligung der Kleinwagen (in
die sich ganze Familien hineinzwängen konnten). Das Traumziel der Menschen waren die USA, doch Italien wurde zum
beliebtesten Reiseziel. Die Motive der ersten Pioniere in diesem Land, nämlich die Kultur kennenzulernen, wandelte sich schnell
in pure Sucht nach Erholung und Entspannung. Damals war eine Reise nach Italien etwas nicht Alltägliches wie es heute ist,
deshalb waren Souvenirs und Sonnenbräune wichtige Vorzeigemittel; Diaabende mit Nachbarn, Freunden oder auch
Vorgesetzten mit einem entsprechenden italienischen Essen und passendem Chianti waren sehr in Mode. Das Fernweh nahm
auch entscheidenden Einfluss auf die Industrie: alles, was mit Italien zu tun hatte, war beliebt, deshalb wurden Caprihosen und
Essensprodukte wie Miracoli in das Sortiment aufgenommen. Spielfilme wie \"Man nennt es Amore\" und Schallplatten mit Hits
wie die \"Caprifischer\" und \"Chiantiwein\" liefen Heimatfilmen und Heimatliedern den Rang ab, wobei man hinzufügen muss, dass
sie nicht nur die Erinnerungen an den Urlaub aufrechterhielten, sondern auch andere Bürger mit diesem Fernweh ansteckten,
den Prozess des Tourismus also beschleunigten.
Abschließend lässt sich hinzufügen, dass die bevorzugten Unterbringungsmöglichkeiten Hotels, Pensionen, Gasthöfe waren.
Alternative Reisen neben diesem Hauptstrom waren wie auch heute noch das Camping und die erstmals in den
Jahren '53/'54 veranstalteten Schiffsreisen.
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