Der noch gegenwärtige Dalai Lama, Tenzin Gyatso, ist das 14. geistliche und weltliche Oberhaupt der Tibeter. Diese Machtkonzentrierung auf eine Person stellt sicherlich ein Demokratiedefizit dar, es entspricht aber den historischen und traditionell gewachsenen Strukturen, die von den Tibetern noch heute so anerkannt werden.
Dalai ist das mongolische Wort für Ozean und Lama bedeutet auf Tibetisch "spiritueller Lehrer", daher die Übersetzung "Ozean der Weisheit" für Dalai Lama. Damit wurde eine Tradition gegründet, die noch heute lebendig ist.
Lama zu sein ist eine Eigenschaft, die nur wenigen hochrangigen Würdenträgern zugesprochen wird. Gebunden ist diese Funktion nicht unbedingt an ein Mönchsgelübte. Ein Lama ist in den Augen der Tibeter andererseits nicht jeder Mönch, sondern nur derjenige, der in seinem ganzen Wirken vom Geist der buddhistischen Philosophie beseelt ist und eine spirituelle Verwirklichung besitzt, die ihn zu geistlicher Führung befähigt
Wenn ein Dalai Lama stirbt, begibt sich eine Delegation von hohen Lamas und Mitgliedern des Kabinetts, nach Befragung eines Orakels, auf den Weg, um den neuen Dalai Lama zu suchen. Der wunde Punkt dieses Systems ist die Notwendigkeit eines Regenten, während die Reinkarnation, die meist ein Kind ist, aufwächst. Dies hat zur Folge, daß nicht jeder Dalai Lama sofort die Regierung
übernehmen kann.
Lhamo Thondup wurde am 6. Juli 1935 in der tibetischen Nordostprovinz Amdo als fünftes Kind einer Bauernfamilie geboren. Aufgrund einer Reihe von Omen und nach einer Befragung des Orakels hatte der "Suchtrupp" in Lhamo den 14. Dalai Lama gefunden. Man rief den Jungen, nach tagelanger Huldigung, als spiritueller Führer seines Volkes aus. Lhamo wurde in den Potala-Palast gebracht und gemäß der Tradition wurden ihm die Haare geschnitten, der Kopf geschoren und die kastanienbraune Kutte eines Mönches angelegt. Zusätzlich erhält er einen neuen Namen: Tenzin Gyatso.
Der Dalai Lama wird einer Ausbildung unterzogen, wobei besonderer Wert auf die Lehre der buddhistischen Philosophie gelegt wird. Eine besondere Freundschaft entwickelte sich mit dem österreichischen Alpinisten Heinrich Harrer.
Heute lebt Tenzin Gyatso in Nordindien, umgeben von einer großen Gemeinde, die ihm ins Exil gefolgt ist. Hier führt der Dalai-Lama die tibetische Exilregierung an, die auf demokratischen Grundsätzen basiert.
Die Aufgaben dieser 1960 gegründeten Regierung sind:
. Betreuung der tibetischen Flüchtlinge
. Pflege der tibetischen Kultur, Religion und Sprache
. Erziehung und Ausbildung der tibetischen Kinder
. Bewahrung der nationalen und kulturellen Identität im Exil
. Verteidigung der nationalen Souveränität des tibetischen Volkes auf der Grundlage einer demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung
. Fortführung des tibetischen Freiheitskampfes im Interesse der 6 Mio. Tibeter
Die chinesische Regierung forderten den Dalai Lama bereits auf, wieder nach Tibet zurückzukehren.
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