Die Anklage/ Die Beschuldigung
Hexerei wurde gerne als Erklärung von sonst nicht zu erklärenden Unglücksfällen, wie der plötzliche Tod eines Kindes, das Misslingen einer gewöhnlichen Arbeit, die plötzliche Erkrankung oder der Verlust eines Haustieres, herangezogen.
Die Frage ist, warum man das eigene Missgeschick oder Unglück mit der bösen Absicht einer dritten Person, einer Hexe, erklärt. Schaut man sich die Hexenbeschuldigungen genauer an, so stellt man fest, dass die beschuldigte Hexe selten eine Fremde war. Meist stammte sie aus der Nachbarschaft oder lebte im selben Dorf. Sie stand oft in einer persönlichen Beziehung zum sogenannten Hexenopfer.
Hexerei war ein Vorgang, der sich in den Köpfen der Hexenbeschuldiger abspielte, der nichts mit dem realen Verhalten der Frauen zu tun hatte. Es war oft das eigene schlechte Gewissen, das die Richtung wies, in der man nach der Ursache für das erlittene Unglück suchen musste.
Eine Hexe konnte man, wie einen Häretiker nur durch Denunzianten ausfindig machen, daher förderte die Kirche mit allen Mitteln das Denunziantentum. Denunzianten erhielten Vergebung für ihre Sünden und auch finanzielle Zuwendungen.
Oft waren es Bettlerinnen, die verurteilt wurden. In der damaligen Zeit waren viele Frauen arm und baten die Leute der Nachbarschaft um Almosen. Schickten die Nachbarn nun die Frau weg, vielleicht hat sie auch noch eine Verwünschung in ihrer Wut gemurmelt bevor sie weiterging, dann geschah nach Vorstellung der Bevölkerung bald darauf ein Unglück. Die Menschen, die die Bettler also wegschickten plagte ihr schlechtes Gewissen, so dass sie befürchteten, die Hexe wird sich nun an ihnen rächen. Sie interpretierten nun alles als Zeichen ihrer Rache, und so wurde diese Frau immer mächtiger und dämonischer. Sie hatte nichts mehr gemein mit der armen, alten, hilflosen Frau, die sie war, als sie an die Türe klopfte. In der Vorstellung der Hausherren war sie nun zur Hexe geworden.
Hexerei ist also kein Schaden, den eine Hexe erzeugt hat, sonder das Ergebnis menschlicher Vorstellung, indem ein Schaden entweder durch Angst selbst erzeugt wird oder ein zufälliges Ereignis, das als von der Hexe hervorgerufen interpretiert wird.
Mit dem Verbrennen der Hexe wurden die Aggressionen und Ängste der unbarmherzigen Hausherren ausgelöscht. Sie fühlten sich nicht mehr verfolgt, zumindest bis zum nächsten unmoralischen Verhalten seinerseits.
In der Bevölkerung herrschte eine Atmosphäre des Schreckens, des Terrors und der Unsicherheit, die eine Welle von Denunzianten erzeugte. Die Menschen glaubten sich durch die Anklage anderer selbst vor einer Beschuldigung schützen zu können.
Die Folter
Das Fehlen von Zeugen bei einer Anklage führte nicht zu einem Freispruch mangels Beweises, sondern man bestand auf ein Geständnis des Angeklagten.
Wenn ein freiwilliges Geständnis während des Verhörs nicht erfolgte, wurde die Angeklagte der peinlichen Befragung, der Folter, unterworfen.
Die Folter selbst begann außerhalb er Folterkammer mit der Drohung, die Marter einzusetzen. Daraufhin wurde die Gefangene in die Folterkammer überführt, ausgekleidet, festgebunden, und man schnitt ihr die Haare ab. Die Tortur wurde in fünf Graden durchgeführt, wobei strikt darauf zu achten war, dass die Angeklagte nicht schon bei der Folter zu Tode kam.
Man begann die Tortur gewöhnlich mit der Daumenschraube, indem man den Angeklagten entblößte, anband und dessen Daumen in Schrauben brachte, diese langsam zuschraubte und die Daumen quetschte. Half dieses nichts, so nahm man die Beinschrauben oder spanischen Stiefel, durch die Schienbein und Waden glattgepresst wurden, nicht selten bis zur Zersplitterung der Knochen. Um nicht vom Jammergeschrei der Gefolterten gestört zu werden steckte ihnen der Scharfrichter oft ein Kapistrum in den Mund, das das Schreien unmöglich machte.
Der nächste Grad der Folterung war der Zug oder die Expansion. Dem Angeschuldigten wurden hierbei die Hände auf den Rücken gebunden und an diese ein Seil befestigt. An diesem Seil wurde der Angeklagte dann frei in der Luft schwebend an der Decke oder einer Leiter gemächlich hochgezogen, bis die Arme verdreht über dem Kopfe standen, worauf man ihn mehrmals rasch hinabschnellen ließ, um ihn anschließen langsam wieder hinaufzuziehen. Bekam man auch dann noch kein Geständnis, so hing man dem Gefolterten, um die Glieder noch ärger und qualvoller auseinander zu recken, schwere Gewichte an die Füße und ließ ihn so eine halbe, oft eine ganze Stunde und noch länger hängen, legte ihm oft noch die spanischen Stiefel an.
Bracht auch diese Foltermethode noch kein Geständnis, so träufelte man dem Beschuldigten brennenden Schwefel oder brennendes Pech auf den Körper oder hielt ihm brennende Lichter unter die Arme oder die Fußsohlen oder andere Teile des Körpers. In diesem letzten Stadium der Folter kam es auch vor, dass den Angeklagten die Arme und die Schulterknochen ausgebrochen wurden.
Schwangere Frauen und Kinder unter 14 Jahren sollten von der Folter verschont bleiben, woran man sich jedoch nicht immer hielt. Frauenspezifische Foltermethoden waren keine zu erkennen.
Foltergeräte
Auf der Folterbank wurden die Verdächtigten so lange gestreckt, bis die Muskeln in den Gliedmaßen, im Brustkorb und im Unterleib rissen.
Bei dieser Foltermethode gab es je nach Schwere des Deliktes drei Vollzugsstufen. Bei den Verhören des ersten Grades wurden die Arme- und Schultergelenke ausgerenkt.
Beim zweiten Grad wurden die Knie-, Hüft- und Ellbogengelenke langsam gestreckt, die beim dritten Grad voneinander gelöst wurden.
Der Verhörte war nach dem zweiten Verhör schon entstellt, doch nach dem dritten Verhör war er gänzlich zerrissen oder gelähmt, so dass eine Lebensfunktion nach der anderen aussetzt.
Eine Foltermethode, die für Ketzer; Hexen und Zauberer bestimmt war, war der Rost oder Grill. Man fesselte das Opfer auf ein eisernes Bettgestell, fettete ihm die Füße und Beine ein und stellte ein Kohlebecken darunter. Der Körper schmorte in der Glut, und wenn die Knochen sichtbar wurden, griffen die Folterknechten zu ihren Feuerzangen, mit denen sie den Angeklagten Fleischstücke aus deren Körper rissen.
Die Hexenbeschuldiger, Gesellschaft und Persönlichkeit in der frühen Neuzeit
Man weiß nicht, warum die Vernichtung der Hexen ausgerechnet in die frühen Neuzeit, der Zeit ungeheuren gesellschaftlichen Wandels, fiel.
Das 16. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch eine schwere Wirtschaftskrise. Frauen wurden in die Heimindustrie und Manufakturen gedrängt.
Gründe für die Krise waren, dass die Feudalherren ihre Forderungen zunehmend anhoben und gleichzeitig aber Unsummen für verschwenderische Hofhaltung aufgegeben wurde. Aus Amerika wurde viel Gold und Silber nach Europa gebracht, was eine inflationäre Entwicklung auslöste, das Preisniveau von Ware und Leistung erhöhte sich.
Mit der europäischen Expansion und dem Entstehen des Weltmarktes waren wichtige Bedingungen für den Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus geschaffen.
Faktoren zur Entstehung des Kapitalismus waren:
. Steigende Bevölkerungszahlen, Verstädterung, Nachfrage nach Massengütern, die der feudale, um Bedarf orientierte Markt, nicht sättigen konnte
. Entstehen des Weltmarktes
. Sprunghaftes Steigen des Geldumlaufs
Wissen war nun allen Volksschichen verfügbar, nicht nur dem Klerus, wie es im Mittelalter üblich gewesen war. Die Bildungsrevolution führte zur Alphabetisierung und dem Aufbau eines Schulsystems. Ihren Ausdruck fand die Bildungsrevolution in der Begründung der modernen Wissenschaft. Die wichtigsten Vertreter waren Galileo Galilei, Johannes Kepler, William Harvey, der Entdecker des Blutkreislaufes, Giordano Bruno, sowie auch Kopernikus.
Die Übergänge von den magischen Geheimwissenschaften zur Naturwissenschaft waren in der Zeit der Reformation durchaus mit großer Angst verbunden.
Das Ablasswesen, bei dem Sündenvergebung käuflich und das Fegefeuer umgehbar war, war bis zur Reformation weit verbreitet. Dadurch, dass die Steuern immer drückender wurden und sich nicht jeder seine Sündenvergebung leisten konnte, entstanden zahlreiche Sekten und andere religiöse Bewegungen. Um den Zusammenbruch der hierarchischen Struktur der Kirche zu verhindern, begann die Inquisition.
Durch die Reformation und die darauffolgende Gegenreformation war die Lehre der katholischen Kirche nun klarer umrissen, der Ablassmissbrauch verboten und der Ämterkauf nicht mehr erlaubt.
Die konfessionellen Auseinandersetzungen führten dazu, dass sich viele Menschen mit kirchlicher Lehre befassten. Jede Konfession bemühte sich um ihre Anhänger. Eine Verchristlichung des alltäglichen Lebens wurde erreicht. Kirchliche Trauung wurde eingeführt und die Registrierung von Geburt, Hochzeit und Tod durch die Kirche wurde Pflicht. Die Trennung in Erlaubtes und Unerlaubtes wurde durch die neue Moral vollzogen.
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