- Mit dem Waffenstillstandsabkommen vom 12.4.1945 zwischen Vertretern der deutschen Wehrmacht und der britischen Armee wurde einem Großteil des SS-Bewachungspersonals und Funktionshäftlingen freier Abzug gewährt. Das zurückgelassene Verwaltungspersonal wurde wie Kriegsgefangene behandelt. Durch diese Regelung sind viele Mitglieder des Bewachungspersonals und Verantwortliche nicht verhaftet worden.
- Im ersten großen Bergen-Belsen/Auschwitz - Prozeß vom 17. September bis 17. Dezember in Lüneburg wurden 27 Männer und 21 Frauen angeklagt. Untersuchungspunkte waren nicht die begangenen Verbrechen, sondern inwiefern die Angeklagten damit individuell zu tun hatten. Anklagepunkte waren die Tötung einer großen Zahl Angehöriger alliierter Staaten, Mißhandlungen von Angehörigen alliierter Nationen und, in 11 Fällen (u.a. Josef Kramer), die Gastötung von Staatsbürgern alliierter Nationen und Assozierter Mächte in Auschwitz. Die Tötung deutscher Häftlinge war nicht Gegenstand der Anklage.
- Die Angeklagten erklärten sich ausnahmslos und in allen Punkten für nicht schuldig. Zur Verteidigung beriefen sie sich auf den \"Befehl von oben\" und übertrugen die Verantwortung des Geschehenen der Reichsregierung.
- Der Prozeß wurde durch die schwierige Situation und Behandlung der Zeugen, meist ehemalige Häftlinge, erschwert. Viele Zeugen fühlten sich den nach britischem System durchgeführten Kreuzverhören nicht gewachsen, ihre Aussagen wurden in Zweifel gezogen und teilweise als Übertrieben dargestellt.
- Die Anklage stellte die Behauptung auf, daß kein Soldat nach deutschem Recht einen Befehl befolgen mußte, wenn dieser ein Verbrechen verlangte. Außerdem seien sich die Angeklagten sehr wohl ihres verbrecherischen Handelns bewußt, sonst ließe sich die Geheimhaltung der Vorgänge in den KZ nicht erklären. Im Abschlußplädoyer forderte die Anklage für alle Angeklagten die Todesstrafe.
- Von den 21 Frauen wurden 3 SS-Angehörige zum Tode verurteilt, 11 erhielten eine bis zu 15jährige Haftstrafe, 4 SS-Angehörige und 1 Kapo wurden freigesprochen.
- Von den 27 Männern wurden 8 SS-Angehörige zum Tode verurteilt, 6 erhielten Haftstrafen bis zu Lebenslänglich, 9 wurden freigesprochen.
- Die unverhältnismäßig vielen Freisprüche resultierten aus Zweifeln an Zeugenaussagen und Mangel an konkreten Beweisen. Das Gericht urteilte in solchen Fällen mit \"nicht schuldig\" zugunsten des Angeklagten.
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