Die Einschätzung, der die Vereinigten Staaten während ihres gesamten Vietnam-Engagements folgten, wird bereits unter Präsident Eisenhower ersichtlich - eine deutlich antikommunistische Grundeinstellung. Doch nur John F. Kennedy formulierte es in einer Art und Weise, die auch auf das Einschätzungsvermögen Johnsons bezüglich Vietnam zutrifft. In einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender NBC äußerte sich Kennedy auf die Frage des Journalisten David Binkley, ob er die sogenannte Domino-Theorie in Zweifel ziehe, wie folgt: \" No, I believe it. I believe it. (...) China is so large, looms so high just beyond the frontiers, that if South Viet-Nam went, it would not assault on Malaya but would also give the impression that the wave of the future in Southeast Asia was China and the Communists. (...). Die südostasiatische Region zwischen dem Golf von Thailand und der Südchinesischen See, rückte also seitens der Vereinigten Staaten in das Zentrum der Interessen.
Das Leitmotiv der amerikanischen Vietnampolitik läßt sich vereinfacht so darstellen: Man wollte eine kommunistische Machtübernahme in Saigon möglichst verhindern, um so die südostasiatische Region zu stabilisieren. Für die Vereinigten Staaten stellte die subversive kommunistische Aggression den Teil einer kommunistischen Weltrevolution dar, der unter allen Umständen Einhalt geboten werden müsse. So begannen die USA bereits kurz nach dem Abzug der französischen Truppen im Jahre 1954 mit einer verstärkten wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung der demokratischen Regierung Südvietnams (bereits sechs Jahre zuvor hatten die USA der damaligen franz. Verwaltung Indochinas beschränkt finanzielle Mittel zukommen lassen). Diese Unterstützung beschränkte sich jedoch zu einem Großteil auf finanzielle Hilfen zur Sanierung der maroden Staatsfinanzen. Erst ab Anfang der 60er Jahre wurde sie auch auf den militärischen Sektor ausgeweitet. So standen bis Ende 1962 rund 16500 militärische Berater in Südvietnam. Die Kennedy-Administration war jedoch der Überzeugung, dass die Republik Südvietnam den eigentlichen Kampf gegen die kommunistischen Vietcong-Guerilla, welche sich aus dem Vietminh der Kolonialzeit entwickelten, nur selbst gewinnen könne. Die Johnson-Administration folgte im Grunde dieser Haltung, doch schienen die Grundlagen in Südvietnam hierfür äußerst ungünstig zu sein. Johnson sah in Vietnam eine Art Testfall für amerikanische Bündnisverlässlichkeit, vor allem gegenüber den Verbündeten in Afrika, wodurch ein amerikanischer Rückzug oder gar ein neutrales Südvietnam nicht in Frage kam. Johnson setzte den Konflikt in Vietnam vielmehr auf die gleiche Stufe mit amerikanische Engagement in Berlin oder Korea. Er ließ nahezu keine Möglichkeit aus, um dies zu verdeutlichen. So zog er diesen Vergleich beispielsweise im Zusammenhang mit der Tongking-Golf-Krise heran, ein Ereignis, dass im Verlauf der Entwicklungen in Südostasien noch angesprochen werden wird. Er äußerte sich in einer Rede in Syracuse/N.Y am 5.August 1964 wie folgt: \"(...) Die Herausforderung, der wir heute in Südostasien gegenüberstehen, ist die gleiche wie die, der wir - (...), in Berlin und in Korea (...) - mutig und stark gegenüber getreten sind (...).
Wie klar wird, waren sich sowohl Kennedy als auch Johnson der etwaigen Bedeutung Südvietnams, ja sogar der gesamten südostasiatischen Region bewusst. Doch Kennedy, dessen tragischer Tod am 22.Oktober 1963 seiner Vietnampolitik ein jähes Ende setzte, überließ dem außenpolitisch unerfahrenen Johnson ein Präsidentenamt, das von einem schwerwiegenden Problem behaftet war.
Des weiteren Johnson litt in einer gewissen Art und Weise unter den Folgen des McCarthyismus, in dessen Folge fähige Ost- und Südostasien Spezialisten aus dem State Department entfernt worden waren. Somit verfügte die Johnson - Administration über nahezu keinen wirklichen Fachberater für Vietnam.
In den folgenden Abschnitten soll nun der Versuch unternommen werden, die Faktoren zu beschreiben, die die Vereinigten Staaten veranlassten, ihr militärisches Engagement auszuweiten.
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