Nach dem Ausklingen des Klassizismus um die Jahrhundertmitte als letzter verbindlicher Stil, sind die nun entstehenden Bauwerke durch die willkürliche Übernahme historischer Stilformen gekennzeichnet (Historismus). Sie entstanden ohne die technische und geistige Grundlage der Vergangenheit, werden heute aber wieder höher eingeschätzt.
Stilimitation in der Gründerzeit
In der Zeit nach der Gründung des Deutschen Reiches führte der wachsende Wohlstand des Bürgertums zu einer Vielzahl neuer Bauvorhaben, die der sogenannten Gründerzeit. Die Erbauer dieser Bauten verwendeten historische Stilelemente, besonders die der italienischen Renaissance.
Die Fassaden der Bauten sind oft mit Ornamenten verschmückt, die nach dem Bau von Handwerkern und nicht von Künstlern auf die Wand aufgetragen worden und nicht zu ihr gehören.
Das Verhältnis zwischen Architektur und Geschichte im 19. Jh.
Die Wohnbauten des ausgehenden 19. Jahrhunderts orientieren sich immer weniger der Erfüllung der Wohnbedürfnisse, sie wandeln sich vielmehr zu einem repräsentativen Ausdruck der gesellschaftlichen Stellung. Sie sind nicht mehr Ausdruck individueller und klassenspezifischer Lebensbedürfnisse, sondern die bürgerliche Anpassungstendenz. Aber im Gegensatz zu der Fassade kam für den Wohnbereich nur Gebrauchsarchitektur in Frage, die dem sozialen Niveau der Bewohner entsprach.
Die Wohnhäuser zwischen 1865 und 1925 zeigen den durch gesellschaftspolitische Anpassungstendenzen geschichtslosen architektonischen Stil der Gründerzeit, der die Baustilformen der Vergangenheit aus seinem historischen Rahmen reißt.
Dennoch entwickelten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts bestimmte innovative Bauformen und Stilprägungen, die uns heute als interessant und erhaltenswert erscheinen.
Das Haus in der Gründerzeit sollte als Aushängeschild für die Besitzer oder Mieter des Hauses stehen. Die Gebäude der Gründerzeit wurden oft vermietet und durch die Mietszahlungen in Raten abgekauft. Die Wohnungen hatten im Durchschnitt 6 Zimmer, die meistens in einer Etage lagen.
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