Im Gegensatz zu vielen anderen KZ-Häftlingen ist Ceija Stojka bereit, über ihre Erlebnisse im KZ zu berichten und so das Schweigen zu brechen. Sie bringt zwei Bücher an die Öffentlichkeit. Vorerst hat sie nicht die Absicht, die Bücher einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie sie selbst in einem Interview sagt, wollte sie ihre Lebensgeschichte ihren Kindern und Enkelkindern schriftlich überliefern. Für sie selbst ist der Prozeß des Schreibens eine Art von "Therapie", um über die noch unausgesprochenen Erlebnisse im KZ hinwegzukommen.
"Als ich das Buch geschrieben habe - und das ist die Wahrheit - vor zehn Jahren, da hab' ich mich gelöst, also den Druck aus meinem Bauch, wo man immer gesagt hat "Auschwitzlüge" und "das Gelogene", wo dann mein Bruder..., also ich habe nicht geschrieben für die Öffentlichkeit, ich hab' für mich geschrieben. Und wenn ich einmal meine Augen zumache: für meine Kinder. Ich hab' nie gedacht, daß es an die Öffentlichkeit kommt. Ich hab' auch nicht gerechnet, daß es jemand nimmt und zu einem Verlag... Ich wär' sowieso nie damit gegangen!"
Mit ihrer Geschichte illustriert sie nicht nur ihre individuelle Erfahrung, sondern viel weiter, die Geschichte eines ganzen Volkes. Sie will erreichen, daß man nichts vergißt oder verheimlicht, was damals geschehen ist. Außerdem ist es ihr Ziel, die Roma-Tradition weiter leben zu lassen: "Es ist gut, daß es Menschen gibt, die wissen wollen, wer ich bin!"
Ceija hat kein Interesse daran, ein hochliterarisches Werk zu verfassen. Ihr Werk lebt nicht von der Fiktion, sondern von der Geschichte, von den Greueltaten der Nazis, aber auch vom Reichtum der Roma-Kultur. Über ihr Volk sagt sie folgendes:
"Aber im Grunde ist auf uns nie etwas Gutes zugekommen. Wir Rom sind ein Volk, das sehr im Hintergrund lebt, seit Jahrhunderten. Wir haben uns nie gerühmt, wir können das und das, wir sind eine große Persönlichkeit, obwohl wir das vielleicht hätten sagen können. Wir haben uns immer, egal ob Rom oder Sinti, im Verborgenen gehalten und nur gewartet, was auf uns zukommt. Leider Gottes ist auf uns nur Böses zugekommen, egal, ob vor dem KZ oder nachher."
Die Diskriminierung der Zigeuner erklärt Ceija zum Teil als eine "Eifersucht" der "Gadje" ihrem Volk gegenüber. Der Rom lebt sein Leben viel unförmlicher und freier. Diese Unterschiede sieht man schon bei den Kindern:
"Vielleicht sind die Gadje heute, in dieser Zeit, wo wir fast zum 21. Jahrhundert gehen, auch schon ein biß´l lockerer geworden und lassen den Kindern ein biß´l mehr Freiheit. Aber im großen und ganzen werden sie darauf getrimmt: Das mußt du tun und das darfst du nicht."
Ceija schreibt auch Gedichte, in denen sie sich kritisch über die Vergangenheit und über zeitgenössische Probleme äußert. Sie schreibt sehr ehrlich und offen ihre Kommentare und Bemerkungen, ihre Kritik an der damaligen und heutigen Gesellschaft. Die bitteren Erfahrungen der Ausgrenzung sind für sie heute noch aktuell:
"Warum
hat man nicht in Auschwitz geschrien:
Ausländer raus
und warum müssen erst 50 Jahre vergeh'n
war es damals nicht erlaubt
und jetzt ist es gestattet zu schrei'n:
Ausländer raus, raus, raus..."
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